Politik

Kurswechsel: Warum Joe Biden Trumps Mauer weiterbaut

Lesezeit: 3 min
30.10.2023 19:23  Aktualisiert: 30.10.2023 19:23
Er wollte die Mauer auf keinen Fall weiterbauen, verkündete Joe Biden während seines Wahlkampfes im Jahr 2020. Doch schon kurz nach seinem Wahlsieg zeigte sich, dass sich der Demokrat nicht von den politischen Programmen seines Vorgängers lösen wollte. Hat er keine andere Wahl?
Kurswechsel: Warum Joe Biden Trumps Mauer weiterbaut
Joe Biden, Präsident der USA, geht mit Beamten der Zoll- und Grenzschutzbehörde bei einem Besuch der Grenzmauer entlang des Rio Grande.(Foto: dpa)
Foto: Adam Schultz/White House

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Nach dem Amtsantritt Joe Bidens schien für viele südamerikanische Migranten ein Traum in Erfüllung zu gehen: Endlich sollte ein Politikwechsel stattfinden, mit dem die Grenze in die USA geöffnet werden würde. So verwunderte es nicht, viele Neuankömmlinge mit T-Shirts der Biden&Harris-Wahlkampagne an der Grenze zu sehen, die auf Asyl in dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten hofften. Doch es tat sich nichts. Die Grenzbeamten traten ebenso ablehnend auf, wie sie es schon unter Trump und Obama getan hatten.

An dieser Situation hat sich nichts geändert. Im Gegenteil. Kürzlich verkündete das Department of Homeland Security, dass es knapp 30 Kilometer der Mauer an der Grenze des Rio Grande Valley in Texas weiterbauen wolle, da dort besonders viele Migranten ankommen. Diese und andere Grenzabschnitte werden derzeit von einem beispiellosen Ansturm von Migranten erschüttert. Teslas CEO Elon Musk sagte bei einem Besuch der Grenze: „Die USA sind weit geöffnet für mehr als sieben Milliarden Menschen weltweit!“

Tatsächlich machten Republikaner so lange Druck auf die Regierung der USA, bis diese den neuen Bauvorhaben zustimmten. Denn in den letzten zwei Jahren wurden etwa zwei Millionen illegale Grenzübertritte verzeichnet, eine präzedenzlose Zahl. Mexikos Präsident Andrés Manual López Obrador mahnte Biden, ein Weiterbau der Mauer würde gegen all seine politischen Versprechen verstoßen, auch wenn er verstehe, dass es in den USA einen gewissen Druck vonseiten der extremen Rechten geben würde.

Doch alleine an der extremen Rechten oder den Republikanern kann es nicht liegen, dass die Biden-Administration mit einem erstaunlichen Tempo an der neuen Grenzbefestigung arbeitet. So setzte Alejandro Mayorkas, Homeland Security Secretary, durch, dass der Secure Fence Act eingesetzt würde. Damit ist ein Gesetz gemeint, dass den Bau einer Grenzbefestigung auch durch Naturschutzgebiete erlaubt. Biden ist der erste demokratische Präsident, der von diesem umstrittenen Gesetz Gebrauch macht. Mit ihm werde die Zerstörung von Naturschutzgebieten und die Auslöschung lokaler Arten wie dem Ozelot in Kauf genommen, so ein Vorwurf.

Die Gangart wird schärfer

Migranten, die trotzdem einen Grenzübertritt schaffen, werden indessen in den USA weiterverfolgt. So verkündete die Regierung, dass etwa illegal eingewanderte Venezolaner direkt in ihr Heimatland deportiert werden sollen. Diese Regelung stellt ein Novum dar, denn bislang mussten Menschen aus Venezuela, deren Grenzübertritt geglückt war, kaum Konsequenzen in den USA fürchten.

Damit reagiert die US-Regierung auf die sich verändernde Demografie der Migranten. Waren es in den vergangenen Jahren vorrangig einzelne Männer aus Mexiko, die von der Grenzpolizei ohne Probleme deportiert werden konnten, ist die Zahl der Familien mit Kindern aus Zentralamerika seit dem Ende der Corona-Pandemie sprunghaft angestiegen. Neben Bandenkriminalität und Armut befeuern auch etliche Schleuser diese Entwicklung, die Familien gezielt an Grenzorte mit geringer Überwachung bringen.

Doch die USA verstärken nicht nur die Grenze, sondern schließen auch Abkommen mit Ländern, in die bisher nur schwer abgeschoben werden konnte. So unterzeichneten Venezuela und Kuba kürzlich Abkommen mit den USA, wonach illegale Migranten aus diesen Ländern wieder rückgeführt und aufgenommen werden sollen.

Migranten aus der ganzen Welt

Ob die Biden-Administration damit der Krise an der Grenze Einhalt gebieten kann, bleibt abzuwarten. Das Problem verschärft sich zusehends, da nicht nur Lateinamerikaner, sondern mittlerweile Migranten aus der ganzen Welt in die USA strömen wollen. So wird immer häufiger von Afrikanern und Asiaten, darunter Indern, Usbeken oder sogar Mauretaniern berichtet, die nach Mexiko reisen und von dort den illegalen Grenzübertritt in die USA wagen.

Um dieser Situation einigermaßen Herr zu werden, bedarf es einer Reihe von diplomatischen Vereinbarungen mit unterschiedlichsten Ländern, die sonst kaum Berührungspunkte mit den USA hatten. Diese Bemühungen werden zeitaufwendig sein, während sich die Grenzsituation weiter verschärft. Somit bleibt für Washington D.C. nur der Bau der Mauer, die Donald Trump bereits im Jahr 2016 zu bauen begann. Die einwanderungsfreundliche Agenda Joe Bidens dürfte damit vollends ad absurdum geführt werden.

                                                                            ***

Virgil Zólyom, Jahrgang 1992, lebt in Meißen und arbeitet dort als freier Autor. Sein besonderes Interesse gilt geopolitischen Entwicklungen in Europa und Russland. Aber auch alltagsnahe Themen wie Existenzgründung, Sport und Weinbau fließen in seine Arbeit ein.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Finanzen
Finanzen Antizyklisches Investieren: Lässt sich damit der Markt schlagen?
23.12.2024

Wer antizyklisch investiert, macht das Gegenteil dessen, was die meisten Anleger tun. Ist dabei eine höhere Rendite zu erwarten als bei...

DWN
Politik
Politik Und noch ein europäischer Alleingang: Fico zu Gesprächen mit Putin im Kreml
23.12.2024

Der slowakische Regierungschef Fico zeigt mit einem Überraschungsbesuch im Kreml, dass die EU-Front gegen Russlands Präsidenten Putin...

DWN
Panorama
Panorama Amokfahrt von Magdeburg: Trauer, Entsetzen und offene Fragen halten Deutschland in Atem
22.12.2024

Fünf Menschen sind tot, 200 verletzt: Nach der folgenschweren Fahrt mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg stellt sich die...

DWN
Politik
Politik Donald Trump hofft: Elon Musk übernimmt (noch) nicht die US-Präsidentschaft
22.12.2024

Kritiker nennen den Tech-Milliardär süffisant «Präsident Musk». Donald Trump stellt klar, wer das Sagen hat - bestreitet aber auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quiet Quitting: Der stille Job-Rückzug mit gefährlichen Folgen
22.12.2024

Ein stiller Rückzug, der Unternehmen erschüttert: Quiet Quitting bedroht die Substanz deutscher Betriebe. Warum immer mehr Beschäftigte...

DWN
Politik
Politik Steuern und Abgaben: Mehrheit der Steuerzahler zahlt 2025 noch mehr – mit oder ohne Ampel!
22.12.2024

Das „Entlastungspaket“ der Ampel ist eine Mogelpackung, denn Steuersenkungen sind nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Ab dem 1. Januar 2025...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...