Der energetische Modernisierungsbedarf von Wohnimmobilien ist in Westdeutschland deutlich höher als in Ostdeutschland, das ergibt eine Studie des Immobilienbewertungsunternehmen Sprengnetter aus Berlin. In der aktuellen Untersuchung wurde geprüft, wie die Energiebilanz bundesdeutscher Wohnimmobilien ausfällt und sich regional unterscheidet. Dabei zeigte sich vor allem bei Mehrfamilienhäusern, dass der Osten deutlich „grüner“ ist als der Westen.
Für Firmenchef Jan Springnetter liegen die Gründe auf der Hand: „Die Ost-West-Verteilung dürfte insbesondere daran liegen, dass nach der Wiedervereinigung in Ostdeutschland beträchtliche Mittel für die Modernisierung und Sanierung von Gebäuden bereitgestellt wurden, während die Sanierungsmaßnahmen in Westdeutschland erst sukzessive fortschreiten.“
Ausgewertet wurden in der Studie 5,5 Millionen Datensätze der Immobilienplattform Immoscout aus den zurückliegenden zehn Jahren. Sie stammen aus 401 Landkreisen, darunter waren etwa 1,1 Millionen für Einfamilienhäuser und etwa 4,4 Millionen Daten von Mehrfamilienhäusern und Eigentumswohnungen.
Die Daten beziehen sich auf die in Inseraten angegebenen Energieeffizienzklassen. Als „grün“ gelten in dieser Studie die Energieeffizienzklassen A+ bis D. Als „braun“ eingruppiert indessen wurden die Energieeffizienzklassen E bis H. Die energetische Sanierung derartiger Immobilien erweist sich zumeist als wirtschaftlich sinnvoll und zahlt besonders gut auf das von der Bundesregierung angestrebte 1,5 Grad-Ziel ein.
Leipzig Spitzenreiter
Gesondert unter die Lupe genommen hat das Analyseteam die zehn größten Städte Deutschlands, nämlich Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart. „Im Städteranking liegt die ostdeutsche Großstadt Leipzig mit einem Anteil grüner Mehrfamilienhäuser von 83 Prozent weit vor den anderen Großstädten“, sagt der Analyst Jochem Kierig.
So landet Leipzig im Vergleich zu den anderen 400 analysierten Städten und Landkreisen auf Platz 15 bei der Betrachtung der Energiebilanz der Mehrfamilienhäuser. Weit abgeschlagen sind Dortmund und Düsseldorf. Dort besteht bei etwa 50 Prozent der Mehrfamilienhäuser energetischer Modernisierungsbedarf. Auch in Essen, Köln, Hamburg und Stuttgart haben mehr als 40 Prozent der Mehrfamilienhäuser eine Energieeffizienzklasse von E oder sogar schlechter.
Interessant ist aber auch die Gesamteinschätzung der Energieeffizienz, die die Daten zulassen. Über ganz Deutschland betrachtet besteht bei 43 Prozent der Mehrfamilienhäuser erhöhter energetischer Modernisierungsbedarf. Im Schnitt ist der Bedarf in Ostdeutschland und im südlichen Bayern am geringsten. Das zeigt sich auch, wenn man sich die Top-5-Landkreise mit einem Anteil grüner Mehrfamilienhäuser von 85 Prozent und mehr anschaut, die allesamt in Ostdeutschland liegen. Suhl ist hier mit 94 Prozent absoluter Spitzenreiter, dicht gefolgt von Rostock, dem Eichsfeld in Thüringen, der Uckermark im Nordosten und Cottbus. In den Rängen ganz hinten finden sich die westdeutschen Städte und Gemeinden Wilhelmshaven und Wesermarsch wieder, Wunsiedel im Fichtelgebirge sowie Pirmasens und Mönchengladbach.
Differenzierter zeigt sich das Bild bei den Einfamilienhäusern. Insgesamt besteht bei 54 Prozent der analysierten Einfamilienhäuser erhöhter energetischer Modernisierungsbedarf. Es ist jedoch kein klares Ost-West-Gefälle erkennbar.
„Vielmehr fallen die Regionen entlang der Ostseeküste, das Umland von Berlin und München, Thüringen und große Teile von Sachsen als besonders grün auf“, kommentiert Jochem Kierig, Bereichsleiter Research und Development, die Untersuchungsergebnisse. Als Top-5-Landkreise mit einem prozentualen Anteil grüner Einfamilienhäuser von über 85 Prozent hat sein Team Eisenach mit 96 Prozent, Weimarer Land (92 %), Erfurt (91 %), Gotha (90 %) und den Saale-Holzland-Kreis (89 %) identifiziert. Ebenfalls alles Regionen in Ostdeutschland.
Mit unter 30 Prozent grünen Immobilien landen Bremerhaven (23 %), Prignitz (25 %), Kronach (28 %), Emden (29 %) und Mansfeld-Südharz (29 %) im Schlussfeld.