Finanzen

Abgehängt in Europa: Viele Menschen in Deutschland haben keine Ersparnisse

Lesezeit: 2 min
04.11.2023 09:55  Aktualisiert: 04.11.2023 09:55
Viele Menschen in Deutschland verfügen über keinerlei Ersparnisse. Im europäischen Vergleich rutscht das Land damit weit ans Ende der Vermögensverteilung.
Abgehängt in Europa: Viele Menschen in Deutschland haben keine Ersparnisse
Viele Menschen in Deutschland verfügen über keinerlei Ersparnisse. (Foto: dpa)
Foto: Marijan Murat

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In Deutschland verfügt möglicherweise rund ein Drittel der Bürger über keine nennenswerten finanziellen Rücklagen. Wie aus einer Untersuchung der niederländischen ING-Bank hervorgeht, gaben 29,6 Prozent der Befragten an, keine Ersparnisse zu haben.

Da 13,2 Prozent auf diese Fragen nicht antworten wollten, ist zu befürchten, dass der Anteil der Menschen ohne finanzielle Reserven in Deutschland noch höher als knapp 30 Prozent liegt.

Abgehängt seit Mitte der 2010er-Jahre

Bemerkenswert ist das Ergebnis eines Vergleichs mit anderen europäischen Ländern, welchen die ING-Bank angestellt hat. Demzufolge belegt Deutschland mit dem hohen Anteil an Menschen ohne Ersparnisse den zweitletzten von 13 Plätzen.

Nur in Rumänien existiert demnach ein höherer Prozentsatz an Menschen, die über keinerlei Ersparnisse verfügen.

Über die Gründe für das schlechte deutsche Abschneiden sagt die ING-Umfrage nichts aus. Erhellend ist aber die Aussage der Bank, seit wann Deutschland im Ranking zurückfiel: „Bei Befragungen im Rahmen der ING International Survey (2013 bis 2020) stellte sich seit Mitte der 2010er-Jahre regelmäßig heraus, dass Deutschland unter den 13 europäischen Umfrageländern einen der höchsten Anteile an Menschen aufwies, die über keinerlei Ersparnisse verfügten. In den letzten Jahren belegte das selbstverstandene ‚Land der Sparer‘ dabei regelmäßig einen unrühmlichen zweiten Platz; nur in Rumänien gab ein noch höherer Anteil an, keine Ersparnisse zu haben.“

Deutschlands Abschneiden kontrastiert überdies mit der Entwicklung des europäischen Durchschnitts. In europäischen Ländern sinkt der Anteil an Menschen ohne Ersparnisse seit Jahren – der Durchschnitt markierte im Jahr 2021 einen Wert von 22 Prozent, wie aus einer Grafik der Bank hervorgeht.

Gründe für fehlende Ersparnisse

Befragt nach den Gründen für die fehlenden Ersparnisse gaben fast 57 Prozent der deutschen Haushalte an, schlichtweg zu wenig zu verdienen, um Rücklagen bilden zu können.

Gute 12 Prozent gaben an, bestehende Ersparnisse wegen der deutlichen Preissteigerungen bei den Lebenshaltungskosten aufgebraucht zu haben.

Dahinter rangieren ein bewusstes Aufbrauchen der Ersparnisse (10,7 Prozent) und Ausgaben für unvorhergesehene Ereignisse (7,7 Prozent).

Schere öffnet sich weiter

Bemerkenswert ist auch das Auseinanderdriften der Bevölkerungssegmente, die über Ersparnisse verfügen – auch diese Entwicklung stellt die ING-Bank in ihren jährlichen Umfragen fest.

Demnach nahm der Anteil der Haushalte mit geringen Ersparnissen (bis zu drei Netto-Monatseinkommen) an der Gesamtheit in den vergangenen Jahren zu – aber auch jener mit hohen Ersparnissen (über 12 Netto-Monatseinkommen).

Das dazwischenliegende Segment (vier Netto-Monatseinkommen bis 12 Netto-Monatseinkommen) schrumpft indes. „In dieser Ausdifferenzierung spiegelt sich wider, dass insbesondere Haushalte mit geringem Einkommen, denen das Sparen bislang schon schwerfiel, einen vergleichsweise hohen Anteil ihres Einkommens für die Lebenshaltungskosten aufwenden müssen und so besonders unter den gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen leiden“, schreibt die Bank.

Enge Spielräume

43 Prozent der Menschen in Deutschland haben einer Umfrage zufolge höchstens 1.000 Euro Rücklagen, um plötzlich notwendige Ausgaben zu finanzieren. Dies zeigte eine YouGov-Erhebung für die Teambank im Juni 2022.

Demnach haben 9 Prozent nach eigenen Angaben gar kein Geld zur Verfügung für unvorhergesehene Ausgaben. Nur 48 Prozent der Menschen in Deutschland wissen demnach genau, auf wie viel Geld sie zugreifen könnten, um eine unvorhergesehene Ausgabe ohne Kredit zu finanzieren.

Zumindest eine ungefähre Vorstellung von der Größenordnung haben 42 Prozent. Die übrigen 10 Prozent antworteten, sie wüssten es nicht.

Am wenigsten Bescheid über ihre finanziellen Reserven wissen unter 30-Jährige. In dieser Altersgruppe sagten 15 Prozent, sie kennten den Betrag nicht, der ihnen für plötzliche Ausgaben zu Verfügung stehe. Am geringsten war der Anteil der Ahnungslosen in der Altersgruppe der 50- bis 79-Jährigen mit 6 Prozent.

Ideen, wie Sie Ihr Geld renditenstark investieren können, lesen Sie regelmäßig in unserer Geldanlage-Rubrik.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Die Ampel auf Rot: Warum die deutsche Wirtschaft abwandert
08.05.2024

Der Frust des deutschen Mittelstands ist gewaltig. Immer mehr Unternehmer denken über Verlagerung ihrer Produktionsbetriebe nach. Nach...

DWN
Finanzen
Finanzen KfW: Deutlich weniger Förder-Kredite, aber mehr Gewinn zum Jahresauftakt
08.05.2024

Nach mehreren Krisenjahren hat sich das Kreditgeschäft der staatlichen Förderbank wieder normalisiert. Gleichwohl verdient die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen BMW mit Gewinnrückgang - Konzernchef Zipse bleibt extrem optimistisch
08.05.2024

Der Autobauer BMW musste im ersten Quartal trotz des florierenden Luxussegments Gewinneinbußen verbuchen. Konzernchef Oliver Zipse bleibt...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Insolvenzen in Deutschland steigen weiter dramatisch an - Zukunftsaussichten bleiben düster
08.05.2024

Im April verzeichnete Deutschland erneut einen starken Anstieg der Firmeninsolvenzen - ein bedenklicher Trend, der bereits seit 10 Monaten...

DWN
Technologie
Technologie Abzocke an der Ladesäule? E-Auto laden unterwegs teurer als Benzin E10
08.05.2024

Die Begeisterung für Stromer hat in Deutschland schon arg gelitten. Die Ampel gewährt keine Zuschüsse mehr bei der Anschaffung - und nun...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Siemens Energy beendet Misere und startet Sanierungsplan für Windkraftsparte Gamesa
08.05.2024

Beim kriselnden Energietechnikkonzern Siemens Energy scheint sich der Wind zu drehen. Nach einem guten zweiten Quartal mit schwarzen Zahlen...

DWN
Finanzen
Finanzen Anlagevermögen in Deutschland 2023 um 10 Prozent gewachsen
08.05.2024

Deutsche Kapitalanleger sind trotz schwacher Weltkonjunktur reicher geworden. Eine erfreuliche Nachricht für die Vermögensverwalter, die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft LNG: EU-Sanktionen bedrohen Russlands Energiegeschäfte
08.05.2024

Russland steht vor möglichen schmerzhaften EU-Sanktionen im Zusammenhang mit seinen Geschäften im Bereich Flüssigerdgas (LNG). Die...