Die Europäische Union (EU) plant ein Verbot von PFAS, kurz für per- und polyfluorierte Alkylverbindungen. Diese Chemikalien zeichnen sich durch ihre außergewöhnliche Beständigkeit aus und haben die beunruhigende Eigenschaft, sich in unserer Umwelt anzusammeln, wo sie über Jahrzehnte bis Jahrhunderte hinweg überdauern können. Aufgrund ihrer persistierenden Eigenschaften werden sie als „Ewigkeitschemikalien" bezeichnet. Doch damit nicht genug, PFAS können auf verschiedene Weisen in unseren Körper gelangen, sei es über Nahrung, Luft oder Wasser, und dort zu gesundheitlichen Problemen wie Krebs, Leberschäden und Immunschwächen führen.
Die rund 10.000 Substanzen, in denen PFAS vorkommt, sind weit verbreitet und werden verwendet, um Produkte wasser- und fettabweisend zu machen. Sie finden sich in einer Vielzahl von alltäglichen Gegenständen wie Kleidung, Verpackungen, Kosmetikprodukten, Feuerlöschmitteln und Pfannenbeschichtungen. Ob es nun um Bekleidung wie Jacken und Hosen geht oder um technische Anwendungen wie Schläuche, Pumpen und Kompressoren - Ewigkeitschemikalien sind nahezu überall präsent.
Befürworter dieses Verbots, darunter prominente politische Vertreter wie Steffi Lemke, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, betonen die Gefahren, die von PFAS-Verbindungen ausgeht: „PFAS sind Stoffe, die sich in der Umwelt anreichern. Wir finden sie auf dem ganzen Globus, in der Antarktis, in den Meeren, in den Wäldern. Und sie können im menschlichen Körper Gesundheitsschäden hervorrufen. Deshalb ist doch vollkommen klar, dass wir hier bessere Lösungen finden müssen.“ Es brauche „definitiv Beschränkungen von diesen Stoffen, die sehr gefährlich sind“ erläuterte sie gegenüber der Deutschen Presse-Agentur am Rande der Weltchemikalienkonferenz in Bonn.
Die EU-Chemikalienagentur ECHA veröffentlichte Anfang Februar den entsprechenden Vorschlag für ein Verbot und stellte fest: „Es wäre eines der größten Verbote von Chemikalien, die jemals in Europa verhängt wurden.“
Besorgnis der Industrie und Argumente gegen ein umfassendes PFSA-Verbot
Die Industrie, insbesondere die Maschinenbau-Branche und die Chemie-Industrie, zeigt sich besorgt. Diese Sorge beruht vor allem auf wirtschaftlichen Aspekten, da der Übergang zu PFAS-freien Produkten für viele Branchen erhebliche Kosten bedeuten könnte. Die drei wichtigsten deutschen Industrieverbände plädieren daher für eine eingehende Prüfung der verschiedenen PFAS-Substanzen - anstelle eines vollständigen Verbots.
Zahlreiche PFAS-Verbindungen sind von entscheidender Bedeutung für die Wirtschaftsbereiche, die von diesen Verbänden vertreten werden, nämlich die Automobilindustrie (Verband der Automobilindustrie - VDA), die Elektro- und Digitalindustrie (Verband der Elektro- und Digitalindustrie - ZVEI) sowie der Maschinen- und Anlagenbau (Verband Maschinen- und Anlagenbau - VDMA).
In vielen wichtigen Anwendungen fehlen derzeit noch geeignete Alternativen für PFAS. Insbesondere bei Schlüsseltechnologien wie Halbleitern, Dichtungen und Kabeln ist dies problematisch, wie die Verbände betonen. Ein Verbot in diesen Fällen könnte zu Produktionsbeschränkungen oder sogar -stopps führen.
Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf die geplante Regulierung, die keine klare Unterscheidung trifft, ob PFAS direkt in die Umwelt freigesetzt werden könnten oder in den inneren Teilen von Maschinen verbaut sind. Zudem argumentieren die Verbände, dass für den Großteil der PFAS-Verbindungen noch gar keine abschließenden Beweise für gesundheitliche Gefahren vorliegen.
Die Herausforderungen der PFAS-Alternativen und ihre Bedeutung für die Klimaziele
Fakt ist, die Entwicklung von Ersatzstoffen, die die Eigenschaften von PFAS aufweisen und gleichzeitig sicher und umweltfreundlich sind, ist zweifellos eine komplexe Herausforderung. Sie ist mit Zeit- und Kostenaufwand verbunden und könnte dazu führen, dass einige Unternehmen ihre Fertigungsanlagen und -prozesse anpassen müssen. Im schlimmsten Fall könnten Unternehmen, die nicht in der Lage sind, auf PFAS-freie Produkte umzusteigen, in Schwierigkeiten geraten.
Auch die Realisierung der Schlüsseltechnologien zur Erreichung der Klimaneutralitäts-Ziele könnte unter Umständen ohne PFAS behindert werden. Aktuell ist die Herstellung von Windrädern, Energiespeichern und Elektrofahrzeugen nach Angabe der Industrie ohne PFAS kaum möglich. Dies könnte nicht nur die Energie- und Mobilitätswende gefährden, sondern auch den Erfolg des Green Deals beeinträchtigen. Selbst Technologien wie Lithium-Ionen-Batterien und Wasserstoff sind dringend auf PFAS angewiesen.
Daher fordert die Industrie, dass Substanzen, für die derzeit noch keine Alternativen existieren und bei denen keine Gefahr für Mensch und Umwelt besteht, weiterhin genutzt werden dürfen. Gleichzeitig sollten Ewigkeitschemikalien, bei denen Risiken für Mensch und Umwelt bekannt sind, schrittweise durch sichere Alternativen ersetzt werden, wie es bereits gängige Praxis ist. Die Industrie appelliert zusätzlich an die EU-Kommission, die Umsetzung des Verbots zu verschieben und die Entwicklung von Ersatzstoffen zu fördern.
Überarbeitung des PFAS-Verbots: Ausnahmen und verlängerte Übergangsfrist
Die Einwände wurden im Rahmen des Beteiligungsverfahrens zum Gesetzesvorschlag eingebracht. Unternehmen und andere Interessengruppen erhielten so die Gelegenheit, das Vorgehen der EU-Kommission inhaltlich zu beeinflussen. In einigen Punkten wurden die eingereichten Stellungnahmen bereits berücksichtigt.
Die überarbeitete Version des Verbots beinhaltet Ausnahmen, um die wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen für Unternehmen zu mildern. Diese Ausnahmen gelten für spezielle Bereiche wie Lebensmittelverpackungen, Feuerlöschmittel, medizinische Geräte sowie Produkte, die für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit von entscheidender Bedeutung sind. Zusätzlich wurde die Übergangsfrist für das PFAS-Verbot von zwei auf drei Jahre verlängert, wodurch Unternehmen bis zum 31. Dezember 2025 Zeit haben, auf PFAS-freie Produkte umzustellen.
Eine teilweise Abschaffung von PFAS wird jedoch trotz der Widerstände unumgänglich sein, auch wenn dies für viele Unternehmen Herausforderungen mit sich bringt. Und das ist auch richtig so, denn Ewigkeitschemikalien stellen zweifellos eine ernsthafte Gefahr dar. Die Notwendigkeit, diese Substanzen schrittweise auslaufen zu lassen, ist unbestritten und ein bedeutender Schritt im Umwelt- und Gesundheitsschutz.
Mit einer endgültigen Entscheidung der EU-Kommission ist im Jahr 2025 zu rechnen. Um Unternehmen bei der Umstellung auf Ersatzstoffe und der Anpassung ihrer Produktionsanlagen zu unterstützen, hat die EU-Kommission einen Fonds zur Förderung von Unternehmen in Höhe von insgesamt 750 Millionen Euro eingerichtet. Die meisten Betriebe haben bereits Maßnahmen ergriffen, um sich auf das Verbot vorzubereiten und die notwendigen Anpassungen vorzunehmen.