Nach dem Beginn des Kriegs in der Ukraine wurde der Handel mit russischem Gold in London verboten. In der Folge verlagerte Russland seinen Goldhandel nach Dubai. Doch in den letzten Monaten haben die russischen Goldexporteure nun vor allem das Edelmetallzentrum Hongkong genutzt.
Seit April sind die russischen Lieferungen nach Hongkong sprunghaft angestiegen. In den Monaten Januar bis September importierte die Stadt 68 Tonnen russisches Gold, viermal so viel wie im Gesamtjahr 2022. Hongkong ist seit langem ein wichtiger Umschlagplatz für Gold, das nach China geliefert werden soll, den weltweit größten Verbrauchermarkt für Gold.
Der Wechsel des russischen Goldexporteure nach Hongkong wurde durch die US-Sanktionen gegen Russlands führende Goldminenbetreiber ausgelöst sowie durch das harte Vorgehen der Vereinigten Arabischen Emirate gegen illegale Aktivitäten auf ihrem heimischen Goldmarkt, wie Bloomberg unter Berufung auf Insider berichtet.
Russland ist der zweitgrößte Goldproduzent der Welt nach China. Vor dem Ukraine-Krieg wurde fast das ganze aus Russland exportierte Gold nach London verschifft, dem weltweit größten Zentrum des globalen Edelmetallhandels. Doch nun verhindern Sanktionen den Import in die G7-Staaten und die Europäische Union.
Russland trotzt den Gold-Sanktionen
Doch auch die Sanktionen auf dem Goldmarkt haben Russland kaum geschadet. Denn auch für Gold gibt es längst Alternativen jenseits des Westens. Für seine Goldexporte nutzte Russland zunächst Dubai. Die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate ist ein wichtiger Umschlagplatz für Gold, das in den Nahen Osten und nach Asien verschifft wird.
Die VAE weigerten sich zunächst trotz aller Bemühungen des Westens, Sanktionen gegen russisches Gold zu ergreifen, wie mit den Gesprächen vertraute Personen sagten. Im Jahr 2022 lieferte Russland 96,4 Tonnen Goldbarren in die Emirate und war damit der größte Lieferant für die VAE. Das war mehr als das Fünffache der über Hongkong ausgeführten Menge.
Die VAE haben zwar kein Importverbot für russisches Gold erlassen, aber die Mengen sind in diesem Jahr deutlich zurückgegangen. Dies ist zum Teil auf die strengere Aufsicht zurückzuführen, nachdem die Emirate im letzten Jahr von der Financial Action Task Force, einer globalen Überwachungsorganisation für Geldwäsche, auf eine Beobachtungsliste gesetzt wurden.
Banküberweisungen in den Vereinigten Arabischen Emiraten werden nun stärker überwacht, während Barzahlungen durch eine obligatorische Regierungsdatenbank kontrolliert werden, was die Bezahlung russischer Exporteure erschwert hat, sagen mit der Angelegenheit vertraute Personen gegenüber Bloomberg.
Russland setzt auf Hongkong statt Dubai
Die im Mai dieses Jahres verhängten US-Sanktionen gegen die größten russischen Goldförderer - Polyus JSC und die lokale Einheit von Polymetal International Plc - hatten ebenfalls eine abschreckende Wirkung, da Händler und Banken in den VAE bei Geschäften mit den betroffenen Unternehmen zurückhaltender sind, so die Insider.
In der Folge der sich verstärkenden Schwierigkeiten begannen einige in Dubai ansässige Goldkäufer, ihre Lieferungen nach Hongkong umzuleiten, wie die vorläufigen Daten des Handelsverfolgungsunternehmens ImportGenius zeigen, die auf den russischen Zolldaten für die sechs Monate bis August basieren.
Andere Unternehmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten zogen sich in der Folge gänzlich aus Geschäften mit russischem Gold zurück. So erklärte im Mai das staatliche Logistikunternehmen Transguard, das zur Fluggesellschaft Emirates gehört, es habe den Transport von russischen Goldlieferungen eingestellt.
„Die VAE arbeiten mit klaren und robusten Verfahren gegen illegale Waren, Geldwäsche und sanktionierte Einrichtungen und setzen die höchsten internationalen Governance-Standards für den Goldhandel um“, schrieb das Außenministerium der Vereinigten Arabischen Emirate in einer Erklärung an Bloomberg.
Während der Handel mit russischem Gold in den VAE schwieriger wird, hat China deutlich gemacht, dass es den Handel mit Russland ankurbeln will. Chinas Unterstützung hat entscheidend dazu beigetragen hat, die Auswirkungen der Sanktionen gegen Russland abzumildern. So ist China heute der größte Importeur fossiler Brennstoffe aus Russland.
Aber auch die Nachfrage nach Gold war in China zuletzt extrem. Denn einerseits ist der private Goldbesitz in China legal und sogar politisch erwünscht. Und andererseits kauft die chinesische Zentralbank massiv Gold als Ersatz für den US-Dollar in ihren Fremdwährungsreserven. Die geopolitische Konfrontation spielt Russlands Goldexporteuren in die Hände.