Unternehmen

Backkette Lila Bäcker baut hunderte Stellen ab

Die Backkette Lila Bäcker muss rund ein Drittel ihrer Beschäftigten entlassen. Jetzt übernimt ein Insolvenzverwalter.
02.01.2024 15:36
Aktualisiert: 02.01.2024 15:36
Lesezeit: 3 min

Die insolvente Backkette Lila Bäcker muss etwa ein Drittel ihrer rund 230 Filialen schließen. Rund 500 der 1600 Mitarbeiter müssten gehen, teilte das Unternehmen am Dienstag mit.

Im Oktober hatte die Backkette mit Filialen in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Schleswig-Holstein ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Im Dezember sei der letzte Investor für eine Übernahme des gesamten Unternehmens abgesprungen. Zum 1. Januar wurde das Insolvenzverfahren eröffnet, wie auch das zuständige Amtsgericht Neubrandenburg bestätigte. Als Insolvenzverwalter wurde demnach Christian Graf Brockdorff bestellt.

Von den Schließungen sind laut Unternehmen Filialen in allen vier Bundesländern betroffen. Die Entlassungen betreffen den Angaben zufolge vor allem die Unser Heimatbäcker GmbH mit der Produktion von Brot und Brötchen in Pasewalk sowie den Filialen und Cafés. Ebenfalls im Fokus stehe die Unser Heimatbäcker Logistik GmbH, die für die Belieferung des Filialnetzes zuständig ist.

Energiepreise sind zu hoch

"Eine Gesamtlösung für den Lila Bäcker scheiterte an schwierigen Marktbedingungen durch gestiegene Energie- und Rohstoffpreise, unter denen auch andere Bäckereien leiden", wurde Viola Kaluza, Chefin der Unser Heimatbäcker Holding GmbH, die als Lila Bäcker firmiert, zitiert.

Brockdorff kündigte an, "wir führen den Lila Bäcker ab Januar mit rund zwei Drittel der Filialen und der Mitarbeiter fort". Er bedaure die Entlassung von knapp einem Drittel der Mitarbeiter. "Nur so haben wir die realistische Option, die meisten Filialen und rund 1100 Arbeitsplätze zu erhalten".

Die ohnehin angespannte Lage für das Bäckerhandwerk in Deutschland hatte sich durch die Energiekrise ausgelöst durch die Klimapolitik und die Russland-Sanktionen zuletzt verschärft. Etwas mehr als 9.600 Bäckerbetriebe waren Ende 2022 in die Handwerksrolle eingetragen, teilte der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks Mitte April des vergangenen Jahres mit. Das waren rund 3,6 Prozent weniger als im Jahr davor. Der Rückgang habe sich damit noch einmal beschleunigt, hieß es.

780 Bäckerei-Unternehmen verschwanden demnach vom Markt. Lediglich 422 Neugründungen gab es im selben Zeitraum. Immerhin: Im Jahr 2021 waren lediglich 380 neue Betriebe hinzugekommen.

Bürokratie und Industriebäcker verschärfen die Lage

Das Handwerk steckt in einem Strukturwandel. Die Zahl der Unternehmen geht seit Jahrzehnten kontinuierlich zurück. Im Jahr 2014 gab es noch mehr als 12.600 Handwerks-Bäckereien in Deutschland. Backshops und Supermarkt-Backstuben, in denen industriell gefertigte Brote, Croissants oder Brötchen lediglich aufgebacken werden, machen der Branche zu schaffen. Mit den niedrigen Preisen können die meistergeführten Bäckereien nicht mithalten.

Zudem sei es schwierig geworden, Nachwuchsbäcker und -bäckerinnen zu finden. Die Zahl der Auszubildenden in der Branche hat sich zwischen 2014 und 2021 von damals rund 20.500 auf rund 12.200 nahezu halbiert.

Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine und den dadurch gestiegenen Energiekosten hat sich die Situation weiter verschärft. Die Kosten für Rohstoffe wie Getreide sind ebenso gestiegen wie für den Betrieb der energieintensiven Öfen. "Es ist schwierig für die Handwerksbäckereien die steigenden Kosten auf die Preise umzulegen, da die Kunden zum einen Kaufzurückhaltung zeigen und zum anderen ein starker Wettbewerb mit der Backindustrie besteht", heißt es vom Verband.

Viele Unternehmen, die sonst noch ein paar Jahre durchgehalten hätten, hätten nun schon im vergangenen Jahr geschlossen. 2022 sank die Zahl der Betriebe um fast 360. Im Jahr davor waren es lediglich 216. Allerdings gab es in den vergangenen acht Jahren auch solche, in denen die Zahl der aufgebenden Betriebe noch höher lag.

Einzig beim Umsatz geht die Kurve nach oben. Die Branche machte im vergangenen Jahr dem Verband zufolge einen Erlös von insgesamt rund 16,27 Milliarden Euro. Das waren zwar 9,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Zuwachs sei allerdings vor allem auf die allgemeinen Preissteigerungen zurückzuführen.



Vor allem die politischen Rahmenbedingungen müssten verbessert werden, hieß es vonseiten des Verbands. Weit oben auf der Agenda stehe dabei die "dringend notwendige Entbürokratisierung". So sei etwa die seit diesem Jahr geltende Mehrwegpflicht vor allem für kleine Bäckereibetriebe schwer umzusetzen. Die Pflicht sieht die Ausgabe von wiederverwendbaren Verpackungen oder Kaffee-Bechern vor.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Europa prüft Alternativen für Ukraine-Finanzierung: Umgang mit russischem Vermögen bleibt offen
05.12.2025

Europa ringt um einen verlässlichen finanziellen Rahmen für die Ukraine, während politische Verzögerungen den bisherigen Ansatz ins...

DWN
Finanzen
Finanzen SAP-Aktie: Positiver Analystenkommentar von JPMorgan und Silberstreifen am Cloud-Horizont
04.12.2025

SAP und Salesforce senden an den Börsen neue Signale: Während JPMorgan der SAP-Aktie frische Impulse zuschreibt, ringen Anleger bei...

DWN
Finanzen
Finanzen Schott Pharma-Aktie: Zähe Nachfrage nach Glasspritzen – Pharmazulieferer Schott Pharma schaut vorsichtig auf 2026
04.12.2025

Die Schott Pharma-Aktie ist am Donnerstag nachbörslich unter Druck geraten, Anleger beäugen den Ausblick des Mainzer Pharmazulieferers...

DWN
Politik
Politik Die EZB blockiert: Streit um EU-Pläne für eingefrorene russische Vermögenswerte
04.12.2025

Die EU ringt um einen Weg, die finanziellen Belastungen des Ukrainekriegs abzufedern, doch zentrale Institutionen setzen klare Grenzen. Wie...

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen in Moskau: Trump-Gesandte führen Gespräche mit Putin
04.12.2025

Die Gespräche zwischen Washington und Moskau rücken die Suche nach einer realistischen Friedenslösung wieder in den Mittelpunkt der...

DWN
Politik
Politik EU Ermittlungen: Staatsanwaltschaft nimmt Büros von Kaja Kallas ins Visier
04.12.2025

Die Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft rücken den Umgang mit sensiblen EU-Mitteln und institutionellen Abläufen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trade Republic Probleme: Kundenfrust wächst trotz neuer Produkte
04.12.2025

Trade Republic wirbt mit Innovationen, doch viele Kunden erleben etwas anderes. Die Beschwerden zu Ausfällen, Support und Handelbarkeit...

DWN
Politik
Politik G7? Nein danke, sagt Putin
04.12.2025

Russlands Präsident Wladimir Putin sorgt vor seinem Indien-Besuch für Aufsehen. Er kritisiert die G7 als "nicht groß" und verweist auf...