Wirtschaft

Produktion geht erneut zurück: Industrie rutscht in eine schwere Krise

Das produzierende Gewerbe steckt in einer handfesten Krise - jetzt sank der Output im Dezember unerwartet stark.
07.02.2024 09:21
Aktualisiert: 07.02.2024 09:21
Lesezeit: 2 min

Die Talfahrt der deutschen Produzenten hat sich im Dezember verschärft: Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 1,6 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Das ist nicht nur der vierte Rückgang in Folge, sondern zugleich der stärkste seit März 2023.

Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Minus von 0,4 Prozent gerechnet, nachdem es im November um 0,2 Prozent nach unten gegangen war. 2023 fiel die Produktion damit um 1,5 Prozent niedriger aus als im Jahr davor. "Die deutlichsten Rückgänge waren dabei in den energieintensiven Industriezweigen sowie der Energieerzeugung zu verzeichnen", erklärten die Statistiker.

Auch im laufenden Jahr dürfte es angesichts hoher Zinsen, teurer Energie, der Russland-Sanktionen sowie geopolitischer Risiken und einer verhaltenen Weltkonjunktur keinen Boom geben. "Die Aufträge aus der Corona-Zeit sind längst abgearbeitet, und seit Monaten kommen weniger neue Aufträge rein", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Da ist es klar, dass die Unternehmen ihre Produktion runterfahren."

Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet ebenfalls nicht mit einem schnellen Umschwung. "Eine Trendwende zeichnet sich noch nicht ab", kommentierte es die aktuelle Entwicklung. "Erst im weiteren Jahresverlauf dürfte eine binnenwirtschaftlich getragene Erholung einsetzen."

2023 insgesamt schrumpfte das Neugeschäft um 5,9 Prozent. Die Industrieaufträge stiegen jedoch im Dezember mit 8,9 Prozent zum Vormonat so stark wie seit dreieinhalb Jahren nicht mehr - bedingt allerdings nur durch außergewöhnlich viele Großaufträge, etwa für Flugzeuge. Das signalisiere zumindest Licht am Ende eines langen Tunnels, sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. "Deutschland wäre jedoch nicht Deutschland in diesen Tagen, wenn es nicht neue Probleme gäbe, die die kurzfristigen Aussichten belasten: Streiks von Lokführern, Flughafen- und Flugpersonal." Hinzu kämen Unterbrechungen der Lieferketten infolge des militärischen Konflikts im Roten Meer.

Die exportabhängige Industrie allein stellte im Dezember 1,5 Prozent weniger her als im Vormonat. Besonders die Chemiebranche trat auf die Bremse: Hier gab es ein kräftiges Minus von 7,6 Prozent. Damit sank die Produktion in der chemischen Industrie 2023 auf den niedrigsten Wert seit 1995.

Lesen Sie dazu: Europas Petrochemie steht mit dem Rücken zur Wand

Die energieintensiven Industriezweige, zu denen neben der Chemie unter anderem die Bereiche Glas, Glaswaren und Keramik sowie Metallerzeugung und -bearbeitung gehören, stellten im Dezember 5,8 Prozent weniger her als im Vormonat. Auch die Maschinenbauer (-1,6 Prozent) und die Hersteller elektrischer Ausrüstungen (-3,5 Prozent) drosselten ihre Erzeugung. Dagegen meldete die Automobilindustrie einen Produktionszuwachs von 4,0 Prozent.

Die Energieerzeugung wuchs Ende vergangenen Jahres um 4,1 Prozent, angekurbelt durch den Wintereinbruch. Die Bauproduktion schrumpfte dagegen um 3,4 Prozent. Der Baubranche machen hohe Zinskosten zu schaffen, die bei privaten und professionellen Investoren für Zurückhaltung sorgen. "Die Produktion fristet weiter ein überaus trostloses Dasein", fasste der Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe, Alexander Krüger, zusammen.

DWN
Politik
Politik Rentenbeiträge und Krankenkasse: Sozialabgaben werden weiter steigen
25.04.2025

Gerade bei der Rente hat die kommende Merz-Regierung ambitionierte Pläne. Doch gemeinsam mit den Krankenkassenbeiträgen droht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gold im Höhenrausch: Wenn Trump das Gold sieht, wird es gefährlich
25.04.2025

Der Goldpreis steht kurz davor, einen historischen Rekord nicht nur zu brechen, sondern ihn regelrecht zu pulverisieren. Die Feinunze Gold...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Autoindustrie unter Druck: Zollkrieg sorgt für höhere Preise und verschärften Wettbewerb
25.04.2025

Der Zollkrieg zwischen den USA und Europa könnte die Auto-Preise in den USA steigen lassen und den Wettbewerb in Europa verschärfen....

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen der Deutschen auf Rekordhoch – aber die Ungleichheit wächst mit
25.04.2025

Private Haushalte in Deutschland verfügen so viel Geld wie nie zuvor – doch profitieren längst nicht alle gleichermaßen vom...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Wendepunkt: Wirtschaftsmodell zerbricht, Polen rückt vor
25.04.2025

Deutschlands Wirtschaftsmaschinerie galt jahrzehntelang als unaufhaltsam. Doch wie Dr. Krzysztof Mazur im Gespräch mit Polityka...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China im Handelskrieg: Regierung bereitet sich auf das Schlimmste vor
25.04.2025

Chinas Führung bereitet sich inmitten des eskalierenden Handelskonflikts mit den USA auf mögliche Härtefälle vor. In einer Sitzung des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pharmazeutische Abwanderung: Wie Europa seine Innovationskraft verloren hat – und sie zurückgewinnen kann
25.04.2025

Europas einst führende Rolle in der Pharmaforschung schwindet – während andere Regionen aufholen, drohen Abhängigkeit und...

DWN
Politik
Politik Trump deutet historischen Kompromiss an: Russland will Ukraine nicht vollständig besetzen
25.04.2025

Moskau signalisiert Rückzugsbereitschaft – wenn der Westen zentrale Forderungen erfüllt.