Wirtschaft

Wirtschaftsaufschwung der USA hat für Deutschland eine Schattenseite

Das neue Jobwunder in den USA hat die meisten Experten überrascht: Zu Beginn des Jahres hat die US-Wirtschaft außerhalb der Landwirtschaft 353.000 neue Jobs geschaffen. Der rasante Anstieg in den USA hat auch weitreichende Konsequenzen für die deutsche Wirtschaft.
Autor
06.02.2024 17:58
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Das neue Jobwunder in den USA hat die meisten Experten überrascht: Zu Beginn des Jahres hat die US-Wirtschaft außerhalb der Landwirtschaft 353.000 neue Jobs geschaffen, deutlich mehr als erwartet wurde. Der rasante Anstieg in den USA hat auch weitreichende Konsequenzen für die deutsche Wirtschaft.

Anstieg der Löhne

Der am Wochenende veröffentliche Arbeitsmarktbericht der US-Regierung zeigt ein für die US-Ökonomie rundum erfreuliches Bild. Offensichtlich ist es den USA gelungen, weit besser die jüngsten geopolitischen Krisen und die Spätfolgen der Pandemie zu verdauen als beispielsweise den europäischen Ökonomien. So vermeldet die amerikanische Agentur für Arbeit nicht nur die Schaffung von 353.000 zusätzlicher Arbeitsplätze in den USA, womit die Arbeitslosigkeit auf einem geringen Niveau von 3,7 Prozent verbleibt, was praktisch einer Vollbeschäftigung gleichkommt, sondern auch einen starken Anstieg der Löhne. So haben die Gehälter im Jahresvergleich um 4,5 Prozent zugelegt. Allein im Zeitraum vom Dezember 2023 bis Januar 2024 legte die Bezahlung pro Arbeitsstunde um 0.6 Prozent zu.

Aufschwung auf breiter Front

Ebenso erfreulich ist in den Augen der amerikanischen Arbeitsagentur der Umstand, dass die Zugewinne an Arbeitsplätzen quer durch alle Branchen erfolgten. So wurden bei Firmen im Gesundheitsbereich 70.000 neue Jobs geschaffen, im Einzelhandel 45.000, im allgemeinen Dienstleistungsbereich 74.000 und in der öffentlichen Verwaltung 23.000. Damit erwies sich die Wirtschaft Amerikas trotz elfmaligen Anstieges der Leitzinsen durch die US-Zentralbank als weitaus robuster als viele Experten vermutet hatten, denn bisher wurde befürchtet, dass der Kampf gegen die Inflation, der mit dem Anstieg der Zinsen einherging, deutliche Bremsspuren bei der amerikanischen Wirtschaft hinterlassen werde.

In einer ersten Stellungnahem hat der Chef der amerikanischen Zentralbank, Jerome Powell, erklärt, dass sich die amerikanische Wirtschaft in guter Verfassung zeige und besonders der Arbeitsmarkt robust sei. Diese Einschätzung wird zunehmend auch von der überwiegenden Mehrheit der Amerikaner geteilt. So hat eine Untersuchung im Auftrag der Bundesbank ergeben, dass die Inflationserwartung der Amerikaner so gering sei, wie seit drei Jahren nicht mehr. Und eine andere Umfrage, die im Auftrag der Nachrichtenagentur Associated Press erstellt wurde, zeigt eine wachsende Zuversicht bei den Amerikanern bezüglich ihrer wirtschaftlichen Situation. Eine solche positive Grundstimmung wirkt sich auch auf das Konsumverhalten der Amerikaner aus, was die Wirtschaft zusätzlich belebt, da der Konsum eine tragende Rolle in der amerikanischen Wirtschaft hat.

Die Schattenseite

Diese Entwicklung hat für die deutsche Wirtschaft sowohl Vor- als auch Nachtteile. Zum einen sind die USA nach wie vor für deutsche Unternehmen ein bedeutender Absatzmarkt. So wurden allein im Zeitraum von Januar bis Mai 2023 Waren im Wert von 64,3 Milliarden Euro aus Deutschland in die USA exportiert, damit waren die USA mit einem Anteil von 9,8 % an den Gesamtexporten auch weiterhin Deutschlands wichtigster Handelspartner. Eine Belebung der Wirtschaft des größten Absatzmarktes käme unzweifelhaft der deutschen Exportwirtschaft zugute.

Jedoch: Der Aufschwung in den USA hat für Deutschland und Europa auch eine Schattenseite: baldige Zinssenkungen werden angesichts einer boomenden Wirtschaft in den USA immer unwahrscheinlicher – und damit letztlich wohl auch in Europa. Diese Einschätzung wird auch in Deutschland von vielen Fachleuten geteilt. So sagte der Ökonom Christoph Balz von der Commerzbank in einer Analyse, dass angesichts der überaus robusten Konjunktur in den USA die amerikanische Bundebank nun genug Zeit habe, sich die weitere Entwicklung anzusehen. Mit einer Zinsentscheidung sei daher seiner Meinung nach vorerst nicht zu rechnen. Ähnlich sieht das auch der Ökonom der Hessischen Landesbank, Ralf Umlauf. Eine Schwäche der amerikanischen Wirtschaft, „die eine unmittelbare Reaktion der US-Notenbank erfordern würde“, sei nicht auszumachen. Vielmehr wäre ein solcher Schritt eher kontraproduktiv, da sich aus dem festen Arbeitsmarkt und den damit einhergehenden Lohnsteigerungen Risiken für die Stabilität der Preise ergeben könnten. Sein Fazit: „In der Tendenz sollten die Zinserwartungen gedämpft werden.“

Dies aber macht in der Konsequenz auch eine baldige Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) unwahrscheinlich. Ein unilaterales Vorgehen würde erhebliche Risiken bergen – vor allem das Risiko einer Kapitalflucht. Denn sollte das Zinsniveau in den USA merklich höher sein als in Europa und das auch noch in einem besseren konjunkturellen Umfeld, gäbe es für Anleger wenig Grund, ihr Kapital in Europa zu lassen. Die Folgen einer solchen Flucht aus Europa in die USA wären allerdings langfristig verheerend – Europa würde das Geld für Investitionen fehlen und damit letztlich den Anschluss an die USA verlieren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen BMW-Aktie: Grüner Move beim bayrischen Autobauer – neuer iX3 besteht zu einem Drittel aus Recycling
17.08.2025

Mit dem neuen iX3, dem ersten Elektroauto der neuen Klasse, verfolgt BMW erstmals einen ganzheitlichen Ansatz zur Reduzierung seines...

DWN
Politik
Politik Tarnung 4.0: Bundeswehr rüstet sich für urbane Einsätze
17.08.2025

Die Bundeswehr stellt ihre Kampfbekleidung auf Multitarn um. Ab 2026 soll der Multitarndruck das alte Flecktarnmuster ablösen. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenturbulenzen? So machen Sie Ihr Wertpapierdepot krisenfest
17.08.2025

Börsenkurse schwanken, politische Unsicherheiten nehmen zu – und das Depot gerät ins Wanken. Wie schützen Sie Ihr Vermögen, ohne...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digitale Erschöpfung: Wie Technologien helfen können, die Überlastung durch Technologien zu lindern
17.08.2025

Müde, obwohl Sie ausgeschlafen sind? Reizbar, obwohl nichts passiert ist? Der Grund könnte digitale Erschöpfung sein – ein stiller...

DWN
Finanzen
Finanzen Gruppeneffekt an der Börse: Wenn Freunde das Portfolio steuern
17.08.2025

Unsere finanziellen Entscheidungen sind oft weniger durchdacht, als wir glauben. Menschen in unserem Umfeld können erheblichen Einfluss...

DWN
Panorama
Panorama Dienstleister für Visa und ETA: Zwischen Hilfe und Abzocke – was Sie wissen müssen
17.08.2025

Reisen wird komplizierter: In vielen Ländern reicht der Reisepass nicht mehr. Visa, ETA oder digitale Einreisekarten sind nötig....

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerhinterziehung: Zahl der Betriebsprüfungen geht seit Jahren zurück - das bringt Probleme mit sich
17.08.2025

Der Kampf gegen Steuerhinterziehung ist immer wieder ein erklärtes Ziel der Politik. Doch in der Realität gibt es immer weniger...

DWN
Technologie
Technologie Bionik, KI und Robotik: Der Innovationsschub, der alles verändert
16.08.2025

Von der Bionik bis zur KI-Konvergenz: Neue Technologien versprechen einen Innovationssprung – und könnten Wirtschaft, Gesellschaft und...