Politik

Bahn erwägt Streichung von ICE-Bestellungen

Lesezeit: 2 min
10.02.2024 12:12
Weil die Deutsche Bahn deutlich weniger Geld aus dem Bundeshaushalt als geplant bekommt, ist der Konzernvorstand auf der Suche nach Sparmöglichkeiten. „Bei den Sparbemühungen stehen womöglich auch die weiteren ICE-Bestellungen zur Disposition», sagte Martin Burkert, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender und Chef der Bahngewerkschaft EVG.
Bahn erwägt Streichung von ICE-Bestellungen
Die Bahn steht unter massiven Spardruck. Auch die Bestellung neuer Züge könnte dem Rotstift zum Opfer fallen (Foto: dpa).
Foto: Helmut Fricke

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Nach Angaben der Gewerkschaft sei Bahn-Chef Richard Lutz gerade dabei, in allen Konzernbereichen nach Sparpotenzialen zu suchen. Die so entstehende Liste solle Ende März dem Aufsichtsrat vorgelegt werden. Die Bahn hat in den vergangenen Monaten ihre Flotte mit zahlreichen neuen ICEs der Baureihen ICE 4 und ICE 3neo verjüngt. «Allein im vergangenen Jahr haben wir durchschnittlich drei neue ICE pro Monat bekommen», sagt ein Unternehmenssprecher. Bis 2030 soll das Durchschnittsalter der ICE-Flotte von derzeit 18 auf dann 12 Jahre sinken. Die Hoffnung im Konzern ist groß, dass auch eine jüngere Flotte zu weniger Störungen und damit mehr Pünktlichkeit beitragen wird. Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen mehr als 450 ICE des bundeseigenen Unternehmens im Netz unterwegs sein - deutlich mehr als jetzt. Zudem wurde die Entwicklung eines neuen Schnellzugs ausgeschrieben, der bis 300 km/h schafft und gleichzeitig einen niveaugleichen Einstieg auf Höhe des Bahnsteigs, also ohne Stufen, bietet.

Sanierung vor Neubau

Doch es ist zunehmend fraglich, ob der Ausbau in diesem Tempo fortgesetzt werden kann. Bei den Bauprojekten hat der Konzern damit begonnen, die zeitliche Abfolge der Vorhaben zu überprüfen. Eine vor einer Woche bekanntgewordene Liste der neuen Infrastrukturgesellschaft InfraGo zeigt, dass die Sanierung des Netzes dem Ausbau vorgezogen wird.

„Die Bauprojekte für 2024 und 2025 halte ich für weitgehend gesichert. Schwieriger wird es bei den Projekten für 2026 und die weiteren Jahre“, sagte EVG-Chef Burkert. Die Politik müsse nun überlegen, „ob man das so laufen lässt mit den Einsparungen und den Projekten, die möglicherweise wegfallen“. Grundsätzlich sei es aber richtig, jetzt zu sagen, welche Projekte umgesetzt würden und welche nicht. „Jedem muss klar sein, was unter Umständen wegfällt.“

Infolge eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts musste die Bundesregierung im Haushalt 2024 sowie im Klima- und Transformationsfonds Milliardenlöcher stopfen. Der Bahn waren ursprünglich bis zu 45 Milliarden Euro zugesagt worden, um in den kommenden Jahren die Infrastruktur fit zu machen. Gut ein Drittel davon ist noch nicht gesichert.

Bahn: Projekte nicht gestrichen

Laut der Priorisierungsliste von InfraGo sind beispielsweise 773 Millionen Euro für einen Güterverkehrskorridor vom niedersächsischen Uelzen durch Sachsen-Anhalt bis nach Halle im Moment nicht abrufbar. Die Ampel-Koalition hatte sich ursprünglich zum Ziel gesetzt, deutlich mehr Güter auf die Schiene zu verlagern.

Ebenfalls nicht abrufbar sind laut dem Schreiben rund 16 Millionen Euro für die Digitalisierung der S-Bahn in Hamburg. Laut Planung sollte ein digitales Stellwerk die Kapazität der S-Bahn erhöhen. Auch die Verlegung des Bahnhofs Fangschleuse östlich von Berlin steht auf der Prioritätenliste auf den hinteren Plätzen. Das Projekt sollte helfen, das Tesla-Werk in Grünheide besser an den Güterverkehr anzuschließen.

Die Bahn und das Bundesverkehrsministerium betonten zuletzt, dass diese Projekte nicht gestrichen seien. Das sei auch nicht vorgesehen. Die Planungen würden bei allen Projekten fortgesetzt, um Verzögerungen zu vermeiden, bis die Finanzierung vollständig geklärt sei, hieß es von der Bahn. Ohne mehr Geld dürfte sich die Umsetzung dieser Projekte aber deutlich verzögern.

Schuldenabbau

EVG-Chef Burkert warnte derweil, die Erlöse bei einem möglichen Verkauf der Logistiktochter Schenker in die Infrastruktur zu stecken. „Das Geld, was beim möglichen Verkauf von Schenker erlöst wird, muss komplett in den Schuldenabbau gesteckt werden“, sagte Burkert. „Es besteht sonst die Gefahr, dass die Bahn mit dem Verkauf in den Kredit-Ratings absinkt. Und dann drohen höhere Zinsen.“ Ein Ratingpunkt entspreche in diesem Fall mehreren Hundert Millionen Euro an Zinsen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit neuem Rekordhoch - geht es jetzt Richtung 100.000 US-Dollar?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag legt die wichtigste Kryptowährung direkt nach. Seit dem Sieg von Donald Trump bei...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wirecard-Zivilprozess: Ein Musterkläger für 8500 Aktionäre - Kommt eine Entschädigung für Aktionäre?
21.11.2024

Holen sich Wirecard-Aktionäre jetzt eine Milliarden-Entschädigung von EY? Viereinhalb Jahre nach der Wirecard-Pleite geht es vor dem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ifo-Umfrage: Industrie bewertet Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit miserabel
21.11.2024

Seit 1994 hat die Industrie ihre Lage nicht mehr so schlecht eingeschätzt, sagt das ifo Institut. Im EU-Vergleich stehen deutsche...

DWN
Panorama
Panorama Finnland startet Ermittlungen zum Kabelschaden in der Ostsee
21.11.2024

Nachdem die schwedischen Behörden bereits tätig wurden, hat nun auch die finnische Kriminalpolizei Ermittlungen zu einem Kabelschaden in...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Nach vier Jahren: Castor-Transport erreicht Deutschland
20.11.2024

Nach vier Jahren hat erstmals wieder ein Castor-Transport mit hochradioaktiven Abfällen aus dem Ausland Deutschland durchquert. Der Zug,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutsche Bank-Aktie klettert: Einstieg bei KI-Start-up Aleph Alpha
20.11.2024

Das Heidelberger Start-up Aleph Alpha gilt als wichtiger Akteur in der deutschen KI-Branche. Jetzt investiert die Deutsche Bank in das...

DWN
Finanzen
Finanzen Depotübertrag: Wie Sie Ihr Wertpapierdepot wechseln und dabei Geld sparen
20.11.2024

Ein Depotübertrag kann für Sie als Anleger zahlreiche Vorteile bieten, von geringeren Gebühren bis hin zu attraktiven Prämien für...