Im März 2020 leidet die deutsche Wirtschaft massiv unter dem ersten Corona-Lockdown. Für den kurz zuvor fusionierten Galeria Karstadt Kaufhof-Konzern sind Einnahmen überlebenswichtig, doch die Umsätze brechen im Lockdown weg - nur dank erfolgreicher Verhandlungen mit den Gläubigern und dank der Aussicht auf staatliche Hilfen geht es beim Warenhauskonzern weiter.
680 Millionen Euro Coronahilfen sind damals an Galeria Karstadt Kaufhof geflossen. Wie sich jetzt zeigt, sind die staatlichen Hilfen, die der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) dem Kaufhauskonzern gezahlt hatte, offenbar ohne eine solide Absicherung und ohne eine genaue Prüfung des Benko-Konzerns geflossen. Nach der Signa-Pleite haben nun Investoren Strafanzeige gegen René Benko gestellt. Es besteht der Verdacht, dass dieser kurz vor der Insolvenz noch Millionensummen verschoben haben soll.
Großteil der Hilfen war nicht besichert
Aus dem WDR vorliegenden Dokumenten soll hervorgehen, dass der WSF anscheinend schon damals mit einer erneuten Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof gerechnet hat. Für diesen Fall wurde vertraglich vereinbart, dass dann die offenen Forderungen an Signa verkauft werden sollten. Als die Vereinbarung im März 2023 getroffen wurde, waren vom ursprünglichen Betrag nur noch knapp 90 Mio. der Forderung besichert. Die Signa Holding hätte für die Restforderung nur noch 27 Mio. Euro zahlen sollen. Auch wurde keinerlei Regelung für den Fall getroffen, dass auch die Signa Holding Pleite gehen könnte. Dies ist aber Ende 2023 eingetreten.
René Benko wurde bei diesem Konstrukt nicht in Mithaftung genommen. Er profitierte von den Staatshilfen, da Galeria Karstadt Kaufhof seine Mieten ebenfalls an Signa zahlte. Somit flossen Millionensummen der Steuergelder direkt ins Benkos Imperium zurück.
Keine Prüfung im Wirtschafts- und Finanzministerium
Dass eine weitere Insolvenz bei Galeria nicht zu vermeiden ist, hätte bereits der Jahresabschluss der Signa Retail Selection AG gezeigt. Diese wies zum Geschäftsjahresende im September 2022 einen Verlust in Höhe von knapp 1,4 Mrd. Euro aus. Der Signa-Konzern selbst hatte seit Jahren keine Konzernbilanzen mehr vorgelegt. All diese Umstände wurden beim WSF nicht berücksichtigt. Die Steuergeldhilfen an die kriselnde Galeria waren somit ein echtes Vabanquespiel. Außerdem setzte sich der WSF bei der Vergabe auch über EU-Recht hinweg. Während der Coronakrise durften Unternehmen nur dann staatliche Unterstützung erhalten, wenn sie am 31.12.2019 noch mindestens über die Hälfte ihres Eigenkapitals vorweisen konnten. Bei Galeria war das zu diesem Zeitpunkt bereits bei null.
Benkos Netzwerk in höchste Politkreise
Benko verfügt über ausgezeichnete Verbindungen zum ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, der wiederum enge, jahrzehntelange Beziehungen zu Olaf Scholz (SPD) unterhält. Scholz war als Finanzminister auch für die Corona-Staatshilfen zuständig. Gusenbauer wurde nach seinem Ausscheiden aus dem Amt bei Signa tätig – bis zur Insolvenz.
Auch für andere Großprojekte in Berlin und München sowie den Hamburger Elbtower hatte Benko ein dichtes Netz an Lobbyisten aufgebaut, die Verbindungen in die obersten Etagen der deutschen Politik pflegten. Benko beschäftigte die PR-Agenturen von Ole von Beust und Joschka Fischer. Auch der ehemalige österreichische Kanzler Sebastian Kurz war als Berater für ihn tätig.
Die Signa Pleite kann auch in Deutschland Milliardenschäden hinterlassen. Viele dutzend Großbaustellen des österreichischen Immobilien-Imperiums liegen in deutschen Großstädten brach. Bei den deutschen Banken sind viele hundert Millionen an Krediten stark gefährdet. Die Steuergelder aus der Coronahilfe für Galeria Karstadt Kaufhof werden wir wohl nicht wiedersehen.