Wirtschaft

US-Magazin Bloomberg: „Deutschlands Tage als industrielle Supermacht sind gezählt“

Das führende US-Wirtschaftsmagazin Bloomberg gibt eine niederschmetternde Prognose für die Zukunft Deutschlands ab: Deutschlands Tage als industrielle Großmacht seien gezählt. Wie kommt Bloomberg zu dieser Erkenntnis und was heißt das konkret für uns?
01.03.2024 08:00
Lesezeit: 2 min

Begründet wird dies mit rückläufiger Produktion, sinkender Wettbewerbsfähigkeit und einem beschleunigten Rückstand zu anderen wichtigen Industrienationen. Dabei schreckt es auch nicht vor heftigen Aussagen zurück: „Die Grundpfeiler des deutschen Industrieapparats sind wie Dominosteine umgefallen.“ Die Produktionsleistung von Europas führender Industriemacht sei bereits seit 2017 rückläufig.

Europas führende Industrienation im Niedergang

Fehlende Investitionen, eine Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland und der Personalabbau führten zu einen nachhaltigen Abschwung. Die politische Untätigkeit, internationale Krisen und geopolitische Dynamiken träfen auf alternde Erwerbstätige, eine ineffiziente Infrastruktur und eine wirtschaftsfeindliche Bürokratie. An wirtschaftspolitische Reformen glaubt das Magazin nicht. Außerdem sei China ein Problem für Deutschland, insbesondere durch die Billigkonkurrenz in Schlüsselindustrien wie der Automobilbranche. Auch sei China kein Großabnehmer deutscher Produkte mehr, die USA hätten sich von Deutschland entfernt und auch das billige Erdgas aus Russland stehe nicht mehr zur Verfügung, führt Bloomberg weiter aus.

Bloomberg geht in seiner Analyse ins Detail und führt viele Beispiele als Belege an, unter anderem:

  • Das Düsseldorfer Walzwerk, das nach 124 Jahren seine Tore schließt und 1.600 Mitarbeiter entlässt. Bloomberg führt weiter aus, dass es derartige Schließungen zahlreich in Deutschland in den letzten Jahren gegeben habe.
  • Die Pläne der Continental AG zur Schließung eines Werks, das Komponenten für Sicherheits- und Bremssysteme herstellt. Auch die Robert Bosch GmbH ist dabei, tausende von Arbeitsplätzen zu streichen.
  • Die strauchelnde Chemieindustrie, die mit hohen Energiekosten und sinkender Nachfrage zu kämpfen hat. Laut dem Branchenverband VCI plane fast jedes zehnte Unternehmen, Teile der Produktion dauerhaft einzustellen. BASF als größter europäischer Produzent werde alleine 2.600 Arbeitsplätze abbauen.
  • Deutsche Hersteller von Solarpanelen stellen die Produktion ein oder bauen massiv Personal ab, da sie mit der chinesischen Billigkonkurrenz nicht mehr Schritt halten können.

Energieprobleme und politische Untätigkeit

Unerwähnt blieb bei Bloomberg die selbstgemachte Energiekrise in Deutschland. Die konsequente Abschaltung der Atomkraftwerke wurde in keinem anderen Land vollzogen. Ganz im Gegenteil: In anderen Ländern werden zur Zeit zahlreiche neue Reaktoren gebaut – Deutschland bleibt davon unbeeindruckt.

Auch ein Zitat von Finanzminister Christian Lindner findet sich in der Analyse. Dieser sagte Anfang Februar auf einer Bloomberg Veranstaltung: „Wir sind nicht mehr wettbewerbsfähig … Wir werden ärmer, weil wir kein Wachstum haben. Wir fallen zurück.“ Habeck wird hingegen erst gar nicht erwähnt. Konsequenzen aus den Erkenntnissen? - Nein, Lindner hält an der Ampel fest, obwohl seine FDP nach jüngsten Umfragen gerade noch bei 3 Prozent liegt.

Deutschland kommt seit Jahren nicht mehr aus dem Krisenmodus heraus. Bloomberg spricht von „Niedergang“ und „politischer Lähmung“. Dieser Meinung ist zunehmend auch das Ausland. Die Bloomberg-Analyse ist in vielen Ländern der Welt bis hin nach Aserbaidschan publiziert und kommentiert worden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft VDA rechnet 2026 mit rund 693.000 neuen E-Autos
08.12.2025

Deutschlands Autokäufer stehen vor einem elektrischen Wendepunkt: Verbände prognostizieren deutliche Zuwächse bei Elektroautos und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtwechsel im Arbeitsmarkt 2025: Arbeitgeber geben wieder den Ton an
08.12.2025

Der Wind am Arbeitsmarkt 2025 dreht sich offenbar: Nach Jahren der Bewerbermacht gewinnen Unternehmen wieder Spielraum. Jan-Niklas Hustedt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Insolvenzzahlen 2025: Warum Firmenpleiten weiter steigen
08.12.2025

Deutschlands Insolvenzzahlen klettern auf den höchsten Stand seit Jahren. Besonders Mittelstand, Handel und Autozulieferer geraten unter...

DWN
Finanzen
Finanzen Klöckner & Co-Aktie hebt ab: Übernahmefantasie und positive Analysteneinstufung treiben Aktienkurs
08.12.2025

Die Klöckner-Co-Aktie schießt hoch, weil erneut Übernahmegespräche kursieren. Doch hinter dem Kurssprung steckt eine lange...

DWN
Politik
Politik EU-Krisenpolitik: Ein Plüschelefant gegen Putin und Trump
08.12.2025

Ein harmloser Plüschelefant entlarvt ein System voller Überregulierung und geopolitischer Schwäche. Warum ein Plüschelefant die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europa unterschätzt die Rohstoffkrise: Ex-Rio-Tinto-Chef stellt der EU ein vernichtendes Urteil aus
08.12.2025

Europa will sich aus der Rohstoffabhängigkeit von China befreien,doch laut Jakob Stausholm, dem langjährigen Chef des Bergbaukonzerns Rio...

DWN
Technologie
Technologie Stromproduktion: Rekord bei Strom aus Wind und Sonne
08.12.2025

Deutschlands Stromproduktion hat im Sommer neue Rekorde erreicht: Windkraft und Photovoltaik dominieren, Kohle verliert weiter. Doch...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Industrieproduktion im verarbeitenden Gewerbe setzt Erholung fort
08.12.2025

Die deutsche Industrieproduktion legt erneut zu – vor allem der Bau liefert Rückenwind. Nach dem Einbruch im Sommer mehren sich positive...