Insgesamt wurden 2023 in Deutschland 673 Millionen Tonnen freigesetzt – 76 Millionen Tonnen oder 10,1 Prozent weniger als 2022. Dies ist der stärkste Rückgang seit 1990. Insbesondere der Verkehrssektor muss beim Klimaschutz noch nachsteuern, meint das Umweltbundesamt (UBA). Dort werden die Klimaziele erneut deutlich verfehlt und liegen 13 Millionen Tonnen über dem zulässigen Budget dieses Sektors.
Bundesminister Robert Habeck hält das deutsche Klimaschutzziel für das Jahr 2030 für erreichbar. "Wenn wir Kurs halten, erreichen wir unsere Klimaziele 2030", erklärte der Grünen-Politiker in einer am Freitag veröffentlichten Mitteilung zu den neuen Daten des Umweltbundesamts. Kerstin Andreae vom Bundesverband für Energie und Wasser (BDEW) lobt: "Das ist eine gute Nachricht: Die Energiewirtschaft hat im vergangenen Jahr ihre Emissionen weiterhin massiv reduzieren können. Nachdem wir im Jahr 2022 Ukraine-bedingt verstärkt Kohlekraftwerke zum Einsatz bringen mussten, um die Versorgung zu sichern, sind wir nun wieder auf Kurs."
Verkehrssektor bleibt Sorgenkind
Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes, ordnet die Zahlen so ein: „Mit Ausbruch des Kriegs gegen die Ukraine hatten viele die Sorge, dass wir eine Renaissance der Kohle und anderer fossiler Energieträger sehen werden. Wir wissen heute, dass das nicht passiert ist. Das liegt vor allem am sehr erfolgreichen Ausbau der erneuerbaren Energien. Das ist ein großer Schritt, der uns in den kommenden Jahren beim Klimaschutz helfen wird. Aber nicht in allen Sektoren stehen wir glänzend da. Vor allem der Verkehrssektor bleibt weiter ein großes Sorgenkind. "
Das Umweltbundesamt wünscht sich den schnelleren Ausbau der Elektromobilität und den Abbau des Dienstwagenprivilegs und anderer klimaschädlicher Subventionen. Mit Blick auf das Jahr 2030 ist das Amt freilich zuversichtlich, dass die nationalen Klimaziele eingehalten werden. Zu Beginn der Legislaturperiode ist man im UBA für 2030 noch von 1100 Millionen Tonnen Treibhausgas ausgegangen.
Im Sektor Energiewirtschaft sind die THG-Emissionen 2023 gegenüber dem Vorjahr um 51,8 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente bzw. 20,1 Prozent gesunken, was auf einen geringeren Einsatz fossiler Brennstoffe zur Erzeugung von Strom und Wärme zurückzuführen ist. Besonders stark war dieser Rückgang beim Einsatz von Braun- und Steinkohle sowie bei Erdgas. Gründe hierfür sind unter anderem die deutlich gesunkene Kohleverstromung, der konsequente Ausbau der erneuerbaren Energien und ein Stromimportüberschuss bei gleichzeitig gesunkener Energienachfrage. Weitere Treiber waren Energieeinsparungen in Folge von höheren Verbraucherpreisen sowie die milden Witterungsverhältnisse in den Wintermonaten.
In der Industrie sanken die Emissionen im zweiten Jahr in Folge auf 155 Millionen Tonnen CO2 in 2023. Dies entspricht einem Rückgang von fast 13 Millionen Tonnen oder 7,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit liegt der Industriesektor mit 18 Millionen Tonnen unter seiner Jahres-Emissionsmenge für 2023. Auch hier wird der Emissionsrückgang durch den gesunkenen Einsatz fossiler Brennstoffe, insbesondere von Erdgas und Steinkohle, bestimmt. Wichtige Treiber dieses Trends sind die negative konjunkturelle Entwicklung und gestiegene Herstellungskosten, die zu Produktionsrückgängen führten.
Im Gebäudesektor konnte eine Emissionsminderung von 8,3 Millionen Tonnen CO2 auf 102 Millionen Tonnen (minus 7,5 Prozent) erreicht werden. Trotz dieser Minderung überschreitet der Gebäudesektor erneut die gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz erlaubte Jahresemissionsmenge, diesmal um 1,2 Millionen Tonnen. Wesentliche Treiber für den Rückgang sind wiederum Energieeinsparungen aufgrund der milden Witterungsbedingungen in den Wintermonaten 2023 und höhere Verbraucherpreise. Auch der Zubau an Wärmepumpen wirkte sich positiv auf die Emissionsentwicklung im Gebäudebereich aus, da beispielsweise weniger Erdgas und Heizöl eingesetzt wurden.
Im Verkehr wurden 2023 gut 146 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen. Damit liegen die Emissionen im Verkehrssektor 1,8 Millionen Tonnen (1,2 Prozent) unter dem Wert von 2022 und 13 Millionen Tonnen der für 2023 zulässigen Jahresemissionsmenge. Im Vorjahr waren die Emissionen noch leicht angestiegen.
Klimaemissionen: Klimaziele bis 2030 bleiben erreichbar
Angesichts der nur geringen Überschreitung im Gebäudesektor ist der Verkehr damit der einzige Sektor, der sein Ziel deutlich verfehlt und sich weiter vom gesetzlichen Zielpfad entfernt. Haupttreiber des geringen Emissionsrückgangs sind dabei aber nicht etwa effektive Klimaschutzmaßnahmen, sondern die abnehmende Fahrleistung im Straßengüterverkehr. Verglichen mit 2022 hat der Pkw-Verkehr 2023 dagegen leicht zugenommen. Die 2023 neu zugelassenen Elektrofahrzeuge im Pkw-Bestand wirken hier leicht emissionsmindernd.
Aus den veröffentlichten Daten für 2024 wird im Vergleich zum Projektionsbericht 2023 deutlich, dass die neuen Klimaschutzmaßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene allmählich ihre Wirkung entfalten können. Mit einem ambitionierten Ausbau der erneuerbaren Energien bleiben die nationalen Klimaziele bis 2030 erreichbar. Die Gesamtmenge zeigt sektorübergreifend bis 2030 sogar eine Übererfüllung von 47 Millionen Tonnen CO₂. Dem Ziel, anno 2030 die THG-Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 zu mindern, kommt Deutschland mit den aktuell vorgesehenen Maßnahmen demnach sehr nahe.
Wie die Emissionsdaten zeigen auch die aktuellen Projektionsdaten, dass die Klimaschutzanstrengungen unterschiedlich erfolgreich sind. So weist der Verkehrssektor bis 2030 eine Lücke von 180 Millionen Tonnen, im Sektor Gebäude werden bis 2030 wiederum 32 Millionen Tonnen mehr emittiert als vorgesehen. Dahingegen übertrifft der Sektor Energiewirtschaft sein Emissionsziel um 175 Millionen Tonnen, was maßgeblich auf einen gelungenen Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2030 basiert. Auch der Sektor Industrie übertrifft laut Projektionsdaten seine gesetzlichen Vorgaben um 37 Millionen, dabei geht in den kommenden Jahren die Erholung der Industrie einher mit ihrer Dekarbonisierung. Die Sektoren Landwirtschaft sowie Abfallwirtschaft und Sonstiges übererfüllen ihre Ziele um 29 Millionen Tonnen bzw. um 17 Millionen.