Mit Unterstützung Künstlicher Intelligenz wollen Forschende neue, Verbraucher begeisternde Biere schaffen. Bisher sei es nur begrenzt möglich, über Verbrauchertests herauszufinden, welche alkoholischen und alkoholfreien Geschmacksrichtungen vom Markt gut angenommen werden, erläutert das Team aus Belgien im Fachjournal «Nature Communications». Die neue Methode könne Lebensmittelherstellern helfen, spezifische Verbraucherwünsche effizienter und kostengünstiger zu erfüllen.
Es sei generell komplex vorherzusagen, welche neuen Lebensmittelaromen Verbraucher mögen, erklären die Forschenden um Kevin Verstrepen von der Katholischen Universität Löwen. Dies liege vor allem daran, dass es eine immense Zahl geschmacksaktiver Chemikalien in Lebensmitteln gebe. Zudem gebe es Wechselwirkungen und komplexe verstärkende oder mindernde Effekte bei der Geschmackswahrnehmung. Süße und Bitterkeit zum Beispiel maskierten sich gegenseitig.
Hohe Kosten durch Verkoster
Gängig sei der Einsatz geschulter Verkoster, was aber hohe Kosten verursache. Online-Bewertungsdatenbanken wiederum seien fehleranfällig, weil sich dort etwa auch Faktoren wie der Preis oder der aktuelle Kult-Status eines Produktes niederschlügen.
Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen erfassten nun über 200 chemische Eigenschaften von 250 belgischen Bieren, die zu 22 verschiedenen Bierstilen wie Blond, Tripel und Lager gehören. Diese wurden mit beschreibenden sensorischen Profildaten eines geschulten Verkostungsgremiums aus 16 Menschen etwa zu Hopfen-, Malz- und Hefearomen, Nebengerüchen und Gewürzen sowie Daten von mehr als 180.000 Verbraucherbewertungen aus einer Online-Bierbewertungsdatenbank verknüpft.
Mit dem entstandenen Datensatz wurden zehn maschinelle Lernmodelle trainiert und getestet, die dann Geschmack und Wertschätzung von Verbrauchern vorhersagten. Die Wirksamkeit des leistungsstärksten KI-Ansatzes wurde erprobt, indem Vorhersagen zur Modifizierung eines alkoholischen sowie eines alkoholfreien kommerziellen Biers umgesetzt wurden. In Verkostungen hätten die KI-Biere eine bessere Gesamtbewertung der Tester erhalten, hieß es.
Geschmack ist komplex
Die Studie bestätige, dass die Konzentration von Geschmacksstoffen nicht immer mit der Wahrnehmung korreliere - was auf komplexe Wechselwirkungen hindeute, die von konventionellen Ansätzen oft übersehen würden.
Insgesamt betrachtet seien die verwendeten Modelle noch unausgereift, schränkt das Forschungsteam ein. Umfangreichere Datensätze seien entscheidend für weitere Verbesserungen. Zudem müsse klar sein, dass die Modelle nur Korrelationen, aber keine kausalen Zusammenhänge erkennen können.
KI könne eine Grundlage für die Entwicklung neuartiger, maßgeschneiderter Lebensmittel mit als hervorragend empfundenen Geschmacksrichtungen sein, ist das Team dennoch überzeugt. Womöglich lasse sich damit die übliche Bewertung neuer Rezepturen durch geschulte Verkoster ergänzen oder ersetzen, die teuer und zeitaufwendig sei und variierende Ergebnisse liefern könne.
Das Team um Verstrepen verbindet seine Studie auch mit einer Warnung: Solche KI-Ansätze sollten nicht dazu führen, das Abhängigkeitspotenzial alkoholischer Getränke zu steigern. (dpa)