Finanzen

IT-Probleme, mangelnder Support, unzulässige Gebühren: Verbraucher fluten Bafin mit Beschwerden über Finanzdienstleister

Immer mehr Verbraucher beschweren sich bei der Finanzaufsicht Bafin über technische Probleme und unlautere Geschäftspraktiken von Banken und Finanzdienstleistern. Vor allem das IT-Desaster der Postbank trieb die Zahl der Beschwerden in die Höhe. Verbraucherschützer stellen sich nun die Frage, ob es sich um eine einmalige Sache oder einen Fingerzeig für die Zukunft handelt.
10.04.2024 07:40
Lesezeit: 3 min
IT-Probleme, mangelnder Support, unzulässige Gebühren: Verbraucher fluten Bafin mit Beschwerden über Finanzdienstleister
Immer mehr Verbraucher beschweren sich bei der Bafin über Banken und Finanzdienstleister. (Foto: dpa) Foto: Frank Rumpenhorst

Schlechter Kundenservice, IT-Probleme, schleppende Auszahlungen von Versicherungen: Bei der Finanzaufsicht Bafin sind im vergangenen Jahr so viele Beschwerden von Verbrauchern über Banken, Versicherer und Wertpapierdienstleister eingegangen wie noch nie seitdem die Behörde die Zahlen veröffentlicht. Die Zahl der Beschwerden erhöhte sich zum Vorjahr deutlich um 62 Prozent auf über 38.000 Fälle.

Das IT-Debakel der Postbank

Besonders groß war der Unmut von Bankkunden, wobei die Postbank herausstach. „Ein wesentlicher Teil der Beschwerden über Störungen im Privatkundenservice bei den Banken ging auf ein Finanzinstitut zurück“, erläuterte Christian Bock, Leiter der Bafin-Verbraucherschutzabteilung. Im Zuge einer IT-Umstellung hatten Tausende Postbank-Kunden mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen.

Die Postbank ist seit 2010 eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bank. Ende letzten Jahres wurden die IT-Systeme der beiden Unternehmen fusioniert, insgesamt 19 Millionen Kunden – 12 Millionen bei der Postbank – waren davon betroffen. Infolgedessen gab es derart viele technische Probleme und Beschwerden von Postbank-Kunden, dass seitdem ein Sonderbeauftragter für die Bafin den Fortschritt überwacht. Die IT-Umstellung hätte eigentlich im Juli 2023 abgeschlossen sein sollen. Doch Kundinnen und Kunden konnten zeitweise nicht auf ihre Konten zugreifen, der Service war kaum erreichbar. Bafin-Chef Mark Branson bezeichnete das Chaos bei der Postbank damals als „inakzeptabel“.

Die Deutsche Bank hat nach eigenen Angaben diese Probleme inzwischen abgearbeitet. „Wir haben zu Ende März wie zuletzt angekündigt den Rückstau bei den kundenkritischen Prozessen, die auch Gegenstand der Anordnungen der Bafin waren, bewältigt, und arbeiten weiter an Verbesserungen“, sagte ein Bank-Sprecher. „Auch neu eingehende Anliegen unserer Kundinnen und Kunden in diesen Prozessen werden grundsätzlich in den erwarteten Servicezeiten bearbeitet.“

Beschwerden von Bankkunden um 87 Prozent gestiegen

Insgesamt stieg die Zahl der Beschwerden von Bankkunden bei der Finanzaufsicht um fast 87 Prozent auf 27 536 Fälle. Seit 2018 zeigen die Zahlen hier kontinuierlich nach oben. Laut Bafin kam es im vergangenen Jahr vor allem zu Probleme im Zuge von Kontokündigungen, Störungen im Kundenservice und verspätet ausgestellten Steuerbescheinigungen.

Ein weiteres Konfliktthema sind unzulässige Gebühren – etwa bei Bausparverträgen und Girokonten. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom November 2022 dürfen Bausparkassen von ihren Kunden auch in der Sparphase keine pauschale Gebühr wie ein Jahresentgelt verlangen. Erst jüngst klagte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) in einer Sammelklage erfolgreich gegen die Berliner Sparkasse. Das Gericht stellte fest, dass das Einführen und Anheben von Girokonto-Gebühren nur mit Zustimmung der Kunden erlaubt ist. Schon 2021 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in ähnlichem Kontext gegen die Postbank geurteilt und dabei klargestellt, dass AGB-Änderungen durch Preiserhöhungs- und Vertragsänderungs-Klauseln nicht wirksam sind, wenn der Kunde nur den Änderungen nicht widerspricht. Es bedarf einer expliziten Zustimmung.

Neobanken: Support schwer oder gar nicht erreichbar

Es sind keineswegs nur die alteingesessenen Privatbanken, Sparkassen und genossenschaftlichen Institute von Beschwerden betroffen. Die Verbraucherzentralen berichteten etwa über vermehrte Akzeptanz-Probleme mit Debitkarten, bei denen sowohl klassische als auch reine Online-Banken wie N26 involviert sind.

Derweil gibt es bei vielen Neobanken regelmäßig Erfahrungsberichte über fragwürdige Support-Prozesse, die Kunden bei technischen Fehlern, Betrugsfällen oder automatischen Kontoschließungen schon mal im Regen stehen lassen. Eine Untersuchung des vzbv ergab, dass die Banking-Fintechs teilweise sehr schwer zu erreichen sind. Bei manchen Neobanken gibt es demnach noch nicht einmal eine telefonische Auskunft. Der Einsatz moderner contact center lösungen könnte hier Abhilfe schaffen, indem sie effiziente und zuverlässige Support-Prozesse ermöglicht.

Über Versicherer und Wertpapierfirmen mehrten sich ebenfalls die Beschwerden. Bei Wertpapierdienstleistern stand in erster Linie der Kundenservice in der Kritik. Kunden klagten über lange Reaktionszeiten, unzureichende Antwortschreiben oder Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Depotüberträgen. Die Zahl der Beschwerden stieg hier um insgesamt fast 18 Prozent auf 2835. Über Kapitalverwaltungsgesellschaften beschwerten sich Anleger in 182 Fällen und damit knapp doppelt so oft wie im Vorjahr.

Die Zahl der Beschwerden über Versicherungen stieg insgesamt um rund 20 Prozent auf 7680 Fälle. Versicherungskunden beklagten sich der Bafin zufolge vor allem über langsame Bearbeitung von Sachschäden und sehr langsame Auszahlungen von Versicherungsleistungen. Schaden- und Unfallversicherer seien zudem „auffällig oft schlecht telefonisch erreichbar“ gewesen, wie Christian Bock berichtet. Bei Lebensversicherern drehten sich die Beschwerden vorwiegend um die Höhe der Versicherungsleistung.

Bekanntheitsgrad der Bafin steigt

Die Bafin führt die rapide zunehmenden offiziellen Beschwerden auch auf die wachsende Bekanntheit der Finanzaufsicht zurück. „Inzwischen kennen uns viel mehr Verbraucherinnen und Verbraucher. Das liegt unter anderem daran, dass wir über unsere Maßnahmen transparent berichten“, erläutert Bock im Bafin-Journal. „Wir haben aber auch einige hohe Bußgelder verhängt und die Bestellung von Sonderbeauftragten bekanntgemacht.“ Zudem hätten die Aktivitäten der Bafin in den sozialen Medien zur Sichtbarkeit beigetragen.

„Mehr Verbraucherinnen und Verbraucher denken also: Wenn ich mich über meine Bank, den Versicherer oder mein Wertpapierdienstleistungsunternehmen beschweren will, kann ich das bei der Bafin tun“, sagte Bock. Einzelne Streitfälle dürfe und könne die Finanzaufsicht allerdings nicht verbindlich entscheiden. „Hier sind ordentliche Gerichte die richtigen Ansprechpartner, auch an Ombudsleute und Schlichtungsstellen kann man sich wenden.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

Jakob Schmidt

                                                                            ***

Jakob Schmidt ist studierter Volkswirt und schreibt vor allem über Wirtschaft, Finanzen, Geldanlage und Edelmetalle.

DWN
Politik
Politik Wahlrecht 2025: Kleinerer Bundestag, größere Auswirkungen – Das ändert sich für Wähler und Parteien
23.02.2025

Am Wahltag selbst werden die meisten Wählerinnen und Wähler keinen Unterschied bemerken. Doch hinter den Kulissen verändert sich...

DWN
Finanzen
Finanzen ROI: Return on Investment und warum eine hohe Kapitalrendite wichtig ist
23.02.2025

Eine hohe Kapitalrendite entscheidet über den finanziellen Erfolg von Unternehmen und Investoren. Erfahren Sie, warum sie so wichtig ist...

DWN
Finanzen
Finanzen BlackRock: Die unsichtbare Macht eines Finanzgiganten
23.02.2025

BlackRock ist der weltweit größte Vermögensverwalter – doch wie groß ist sein Einfluss wirklich? Buchautor Werner Rügemer erklärt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaft in der Krise – Welche Pläne haben die Parteien für Deutschland?
23.02.2025

Deutschland steckt in der Wirtschaftskrise – und die Bundestagswahl steht bevor. Wie wollen die Parteien Wachstum fördern, Steuern...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr verstärkt Heimatschutz – neue Truppe startet im März
23.02.2025

Die Bundeswehr richtet ihre Verteidigung neu aus: Mit der Heimatschutzdivision will sie kritische Infrastruktur schützen und auf mögliche...

DWN
Politik
Politik Wahlkampf 2025: CDU/CSU zwischen Neustart und Tabubruch
23.02.2025

CDU und CSU setzen auf Steuererleichterungen, das Ende des Bürgergeldes und eine härtere Migrationspolitik. Doch wie realistisch sind die...

DWN
Politik
Politik Wie wähle ich bei der Bundestagswahl? Deutschland verweigert wahlberechtigten Auslandsdeutschen ihre Stimme abzugeben
22.02.2025

Mehrere Auslandsdeutsche berichten, zu spät oder bislang noch gar keine Wahlunterlagen erhalten zu haben. Nun drohen die Stimmen dieser...

DWN
Politik
Politik Rente mit 63: Wer wirklich von der abschlagsfreien Rente profitiert
22.02.2025

Die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren ist für Menschen gedacht, die beruflich sehr stark belastet sind. Doch aktuelle DIW-Zahlen...