Finanzen

Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das Verschuldungslimit voll aus. Wie verantwortungsvoll geht die Politik mit der Staatsverschuldung um? Steuert Deutschland auf einen gefährlichen „Point of No Return“ zu?
24.04.2024 08:30
Lesezeit: 3 min

Ende 2023 erreichte Deutschlands Staatsverschuldung nach Angaben des Bundes Deutscher Steuerzahler e.V. (BdSt) einen neuen Höchststand: 2.445 Milliarden Euro. Eine gigantische Zahl, die nur schwer zu begreifen ist - und sie bedeutet, dass jeder Bürger, von Neugeborenen bis zu Senioren, durchschnittlich mit etwa 29.000 Euro belastet ist.

Seit 2020, als die Schuldenbremse angesichts von Krisen gelockert wurde, ist die Verschuldung um beeindruckende 507 Milliarden Euro angestiegen. Der Steuerzahlerbund dazu: „Gesamtstaatlich hat die Pro-Kopf-Verschuldung innerhalb dieser vier Jahre um mehr als 6.000 Euro (…) zugelegt. Dafür muss jeder heutige und künftige Steuerzahler haften (…).“

Prognose für 2024: Kreditaufnahme am Limit - Schuldenuhr tickt schneller

Die Finanzplanung des Bundes für das Jahr 2024 sieht eine weitere Nettokreditaufnahme von nahezu 100 Milliarden Euro vor. Finanzminister Christian Lindner, der einst betonte „…wir müssen die Sucht nach immer mehr Verschuldung beenden“, will ironischerweise auch dieses Jahr das im Grundgesetz verankerte Verschuldungslimit von 0,35-Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) vollständig ausschöpfen

Der Steuerzahlerbund gibt zu bedenken: „Noch nie waren Bund, Länder und Kommunen so hoch verschuldet.“ Auffällig ist vor allem die neue sekündliche Neuverschuldung: Das Tempo auf der Schuldenuhr Deutschlands steigt im Jahr 2024 von 3.393 auf 3.472 Euro pro Sekunde – die Schuldenuhr tickt schneller!

Unaufhaltsamer Anstieg? Länder und Kommunen planen mit höheren Schulden

Einige Bundesländer zeigen besonders hohe Zuwächse in ihren Schuldenplänen: Schleswig-Holstein hat seine Schulden mehr als verdoppelt und Berlin plant sogar eine Vervierfachung der Kreditaufnahme, während Bayern mit 50 Millionen Euro Nettotilgung eine geringere Schuldenrückzahlung als zuvor anstrebt. In ihrer aktuellen Haushaltsführung beabsichtigen die Länder, neue Schulden in einer Größenordnung von etwa 2,5 Milliarden Euro aufzunehmen, was die Gesamtverschuldung auf 595 Milliarden Euro anwachsen lässt.

Die Kommunen stehen zunehmend vor Problemen, ihre Haushalte zu finanzieren. Ihr Schuldenstand beläuft sich laut Statistischem Bundesland (DeStatis) auf nahezu 154 Milliarden Euro.

Zwischen Hoffnung und Warnung: Sind die Zahlen ein Weckruf an die Politik?

Was heißt das für Deutschland? Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich einst unerschütterlich in seinem Optimismus und betonte: „Wir werden mit unserer Schuldenlast klarkommen. Das haben wir bereits bewiesen.“ Er verwies auf die erfolgreiche Überwindung der Finanzkrise 2008/2009. Damals war es gelungen, am Ende der Krise weniger verschuldet zu sein als zuvor, eine Leistung, die keinem anderen G7-Mitglied so erfolgreich gelungen sei.

Doch ist dieser Optimismus angesichts der aktuellen Lage noch gerechtfertigt? Die Warnungen des Steuerzahlerbunds sind ernst: Eine Überforderung künftiger Generationen droht, sollte die Schuldenbremse nicht strikt eingehalten werden. Sein klarer Appell: Die Politik muss die Staatsfinanzen regeln, anstatt die Augen vor der Schuldenrealität zu verschließen!

Die Verflechtungen in der EU – Ein europäisches Risiko

Besonders brisant wird die Diskussion um die Schulden, wenn man die Eurobonds in Betracht zieht – gemeinsame europäische Staatsanleihen, die während der Corona-Krise eingeführt wurden. Deutschland steht dabei nicht nur für eigene Schulden gerade, sondern haftet mit für die Verbindlichkeiten anderer EU-Staaten. Dieses Risiko wird durch die hohen Verschuldungsquoten unserer Nachbarländer wie Griechenland (171-Prozent), Italien (144- Prozent) und Portugal (113-Prozent) zusätzlich verschärft. Sollte Deutschland die Last dieser Länder mittragen müssen, könnte die eigene Verschuldungsquote rasch in bedrohliche Höhen klettern.

Deutschlands aktuelle Schuldenquote von rund 64-Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) mag noch unter der riskanten Marke von 100-Prozent liegen – dem Punkt, an dem das Land sein gesamtes wirtschaftliches Einkommen zur Schuldentilgung einsetzen müsste –, aber die gesamtwirtschaftliche Lage wirft Unsicherheiten auf. Zudem zeigen die 64-Prozent, wie viel von der Wirtschaftskraft Deutschlands bereits für den Schuldendienst beansprucht wird.

Mehr Schulden für Deutschland? Fiskalpolitik zwischen Schuldenmanagement und Wachstumsförderung

Einige Ökonomen sehen in einer erhöhten Staatsverschuldung einen notwendigen Impuls für das Wirtschaftswachstum. Die Empfehlungen aus der aktuellen Gemeinschaftsdiagnose, die Schuldenbremse auszusetzen und das gleichlautende Plädoyer der Bundesbank spiegeln die geteilten Meinungen der Fachwelt wieder.

Die Debatte um Deutschlands Schulden gestaltet sich somit als Balanceakt zwischen wirtschaftlicher Förderung und Haushaltsdisziplin. Vor der deutschen Fiskalpolitik steht die Aufgabe, einen Weg zu finden, der nicht nur kurzfristiges Wachstum fördert, sondern auch nachhaltig die finanzielle Stabilität sichert – mit dem Ziel, wirtschaftliche Einbußen, Einschnitte in staatliche Leistungen und eine mögliche Neuordnung der sozialen Sicherungssysteme abzuwenden. All diese Faktoren beeinflussen den Lebensstandard in Deutschland maßgeblich. Die entscheidende Frage ist also nicht, ob das Land seine Schulden bewältigen kann, sondern auf welche Weise!

Nachdem in 2019 noch eine Schuldenquote von etwa 60-Prozent erreicht wurde, trieb die Pandemie die Quote auf fast 70-Prozent im Jahr 2020 hoch. Der Rückgang auf rund 64-Prozent zeigt einen leichten Abwärtstrend.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Wendepunkt: Wirtschaftsmodell zerbricht, Polen rückt vor
25.04.2025

Deutschlands Wirtschaftsmaschinerie galt jahrzehntelang als unaufhaltsam. Doch wie Dr. Krzysztof Mazur im Gespräch mit Polityka...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China im Handelskrieg: Regierung bereitet sich auf das Schlimmste vor
25.04.2025

Chinas Führung bereitet sich inmitten des eskalierenden Handelskonflikts mit den USA auf mögliche Härtefälle vor. In einer Sitzung des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pharmazeutische Abwanderung: Wie Europa seine Innovationskraft verloren hat – und sie zurückgewinnen kann
25.04.2025

Europas einst führende Rolle in der Pharmaforschung schwindet – während andere Regionen aufholen, drohen Abhängigkeit und...

DWN
Politik
Politik Trump deutet historischen Kompromiss an: Russland will Ukraine nicht vollständig besetzen
25.04.2025

Moskau signalisiert Rückzugsbereitschaft – wenn der Westen zentrale Forderungen erfüllt.

DWN
Finanzen
Finanzen Sozialleistungen belasten Haushalt: Staatsquote steigt erneut
25.04.2025

Höhere Ausgaben des Staates für Sozialleistungen wie Renten, Pflege- und Bürgergeld haben den Anteil der Staatsausgaben im Verhältnis...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Hat Trump mit seiner Einschätzung des deutschen Überschusses recht?
25.04.2025

Trumps Zollpolitik trifft auf deutsche Überschüsse – doch die wahren Ursachen für das Handelsungleichgewicht liegen tiefer.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Crash-Gefahr an den US-Börsen: Fondsmanager warnt vor historischem Einbruch von bis zu 50 Prozent
25.04.2025

Die Unsicherheit an den globalen Finanzmärkten nimmt spürbar zu. Ein renommierter Fondsmanager schlägt nun Alarm: Der US-Aktienmarkt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lyft attackiert Uber: Neuer Mobilitäts-Gigant übernimmt FreeNow und greift Europa an
25.04.2025

Der Mobilitätskampf in Europa geht in eine neue Runde – und diesmal kommt die Herausforderung von der anderen Seite des Atlantiks: Lyft,...