Finanzen

Deutsche Wirtschaft in der Sackgasse: DIHK sieht keine Besserung

Lesezeit: 3 min
23.05.2024 02:04  Aktualisiert: 23.05.2024 10:04
Die Konjunkturumfrage vom Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zum Frühsommer 2024 zeigt keine Anzeichen eines Aufschwungs. Der DIHK spricht von strukturellen Problemen und einer schwachen Binnenkonjunktur. Welche Maßnahmen sind nötig?
Deutsche Wirtschaft in der Sackgasse: DIHK sieht keine Besserung
Containerschiffe am Hamburger Hafen (Symbolbild): Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle (Foto: dpa).
Foto: Christian Charisius

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Die deutsche Wirtschaft kommt nicht in Gang: Konjunkturelle und strukturelle Probleme halten die Wirtschaft fest im Griff. Das ist das Ergebnis der Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zum Frühsommer 2024. Daran haben sich mehr als 24.000 Unternehmen aus allen Branchen und Regionen beteiligt. „Die aktuelle Lage der Unternehmen ist mau, in der Industrie sogar schlecht. Die Erwartungen zeigen keine kraftvolle Aufwärtsbewegung“, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben bei der Vorstellung der Umfrage am Donnerstag in Berlin.

„Die Hoffnung der letzten Monate, dass ein gutes Auslandsgeschäft oder eine wieder anziehende Inlandsnachfrage als Motor der heimischen Unternehmen wirken könnten, hat sich nicht bestätigt. Im Gegenteil: Eine schwache Binnenkonjunktur und handfeste strukturelle Herausforderungen halten die Wirtschaft weiterhin im Griff“, so Wansleben. Der neu entwickelte DIHK-Stimmungsindex zeigt einen unterdurchschnittlichen Wert von 97,2 an. „Das ist etwas besser als zu Jahresanfang. Es gibt aber weiterhin mehr Pessimisten als Optimisten“, erklärte Wansleben.

Geschäftliche Lage und Erwartungen bleiben schwach

Nur noch 28 Prozent der Unternehmen bewerten ihre Geschäftslage als positiv, während 23 Prozent diese als schlecht einschätzen. Der Saldo der Lagebewertung zwischen positiver und negativer Einschätzung setzt damit den Abwärtstrend fort und sinkt von sieben auf nun fünf Punkte. „Damit bestätigen sich die negativen Geschäftserwartungen aus den vergangenen Monaten in der Gegenwart. Diese Eintrübung zieht sich fast durch die gesamte Wirtschaft“, erläuterte Wansleben. „Besonders besorgniserregend ist, dass sich die Situation der Industrie gegenüber dem Jahresbeginn verschlechtert hat und damit weiter negativ bleibt. Die Erosion der Industrie setzt sich fort.“ In der Industrie bewerten mit 28 Prozent mehr Betriebe ihre Lage negativ als positiv (23 Prozent). „Das ist bemerkenswert“, so Wansleben. „Denn üblicherweise ist die Industrie wegen ihrer international breit gestreuten Kunden und ihrer Bedeutung für die Investitionstätigkeit am Standort Deutschland unser wichtigster Konjunkturmotor.“

Investitionspläne bleiben schwach

Trotz geringfügiger Verbesserung bleiben die Investitionspläne der Betriebe restriktiv. Nur ein Viertel (24 Prozent) der Unternehmen plant mit mehr Investitionen, drei von zehn (31 Prozent) müssen hingegen kürzen. Nur während der Finanzkrise und zu Beginn der 2000er Jahre lag der Anteil der Unternehmen, die in Kapazitätsausbau investieren wollen, noch niedriger. „Das sind alarmierende Anzeichen einer schrittweisen Deindustrialisierung“, warnte Wansleben. „Wenn wir nicht zügig gegensteuern, verliert Deutschland seine industrielle Basis. Und damit die Grundlage für unseren Wohlstand.“

Risiken bleiben hoch

Die Zahl der von den Unternehmen benannten Geschäftsrisiken bleibt unverändert hoch. Wegen der schwachen Binnenkonjunktur sieht jedes zweite Unternehmen ein Risiko in der Inlandsnachfrage (55 Prozent). „Aber auch die strukturellen Risiken bewegen sich weiterhin auf einem hohen Niveau“, sagte Wansleben. Mehr als die Hälfte der Betriebe sind besorgt über die noch immer hohen Energie- und Rohstoffpreise, über das Dauerthema Fachkräftemangel und über die Arbeitskosten. Hinzu kommen unsichere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen. „Das zeigt, wie stark die Wettbewerbsfähigkeit vieler Unternehmen und des Standortes insgesamt derzeit unter Druck ist“, so Wansleben.

Die Unternehmen brauchen ein deutliches Aufbruchssignal

Gerade auch, weil die internationale Lage wegen der Vielzahl der Krisen so unsicher sei, bräuchten die Unternehmen zumindest aus Berlin und Brüssel deutliche Aufbruchssignale. Diese müssten in Richtung unternehmerische Freiheit zeigen – also mehr Innovation und weniger Bürokratie bringen“, forderte Wansleben. „Dazu gehörten die im Pakt von Bund und Ländern vorgesehenen Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus von Breitband-, Industrie- und Windkraftanlagen. Das müsse von der Regierungskoalition endlich vollständig umgesetzt werden.“

Notwendig seien aus Sicht des DIHK auch steuerliche Entlastungen, da die Steuerbelastung der Unternehmen im internationalen Vergleich sehr hoch sei. „Sinnvoll wären schnelle und wirksame Schritte: Die im Wachstumschancengesetz enthaltene degressive – also beschleunigte – Abschreibung solle auch über den Jahreswechsel hinaus möglich sein. Außerdem bräuchten wir die dort ursprünglich mal geplante Investitionsprämie. Und die Sofortabschreibung von sogenannten geringwertigen Wirtschaftsgütern solle bis zu einem Wert von 5000 Euro möglich sein. Und nicht nur bis 800 Euro. Auch der Soli, der in seiner jetzigen Form überwiegend von Unternehmen gezahlt werde, solle komplett abgeschafft werden.“


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