Wirtschaft

Scholz und Selenskyj für verstärkte Luftverteidigung der Ukraine - Wagenknecht kritisiert

Auf der Ukraine-Wiederaufbaukonferenz fordert Kanzler Scholz verstärkte Luftverteidigung und langfristige Hilfen. Private Investitionen sind nötig, G7-Gipfel soll Unterstützung sichern.
11.06.2024 11:46
Aktualisiert: 11.06.2024 11:46
Lesezeit: 2 min
Scholz und Selenskyj für verstärkte Luftverteidigung der Ukraine - Wagenknecht kritisiert
Bundeskanzler Olaf Scholz (rechts, SPD), neben Mark Rutte (Mitte), Ministerpräsident der Niederlande, und Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, bei der Internationalen Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine in Berlin (Foto: dpa). Foto: Kay Nietfeld

Bundeskanzler Olaf Scholz hat auf der Internationalen Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine eine weitere Stärkung der Luftverteidigung des Landes gegen russische Angriffe gefordert. „Denn: Der beste Wiederaufbau ist der, der gar nicht stattfinden muss“, sagte Scholz. Er rief die Verbündeten auf, eine entsprechende deutsche Initiative „mit allem, was möglich ist“ zu unterstützen.

Scholz stellte dem von mehr als zwei Jahren Krieg schwer gezeichneten Land weitreichende und langfristige staatliche Zusagen für den Wiederaufbau in Aussicht. Dafür werde er sich auf dem G7-Gipfel der führenden westlichen Wirtschaftsmächte in Italien einsetzen, der am Donnerstag beginnt.

Der Kanzler verwies darauf, dass die Weltbank in den kommenden zehn Jahren mit einem Bedarf von 500 Milliarden US-Dollar (464 Milliarden Euro) Wiederaufbauhilfe rechne. Er rief auch private Unternehmen auf, sich mit Investitionen daran zu beteiligen. „Angesichts der Dimension, über die wir hier reden, muss privates Kapital hinzukommen.“

Deutsche Unternehmen in der Ukraine aktiv

Hunderte deutsche Unternehmen seien weiterhin in der Ukraine aktiv, mit 35.000 Beschäftigten allein im Automobilsektor, betonte der Kanzler. Trotz des Kriegs gebe es keinen Abfluss deutscher Investitionen, das Handelsvolumen sei im Vergleich zur Vorkriegszeit deutlich gestiegen. „Das alles zeigt mir: Die Wirtschaft versteht, welches Potenzial die Ukraine hat“, sagte Scholz.

An der Wiederaufbaukonferenz nahm auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj teil, der am Nachmittag im Bundestag sprach. Es war sein dritter Berlin-Besuch seit Beginn der russischen Invasion vor mehr als zwei Jahren. Insgesamt kamen am Dienstag 2000 Vertreter aus etwa 60 Ländern auf dem Berliner Messegelände zusammen.

Ziel war es, die relevanten Akteure aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und internationalen Organisationen zu vernetzen, um Initiativen zur Unternehmensförderung und Fachkräfteausbildung auf den Weg zu bringen.

Selenskyj fordert dringend mehr Hilfe

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte mehr Unterstützung mit Luftverteidigungssystemen und für den Wiederaufbau der Energie-Infrastruktur. „Wir benötigen mindestens noch sieben weitere Patriot-Systeme, um in nächster Zeit unsere großen Städte zu schützen“, sagte Selenskyj.

Er dankte Scholz für die bisherige Unterstützung und betonte die Notwendigkeit weiterer Investitionen. „Ohne Ihre Investitionen und ohne Kredite wird es uns wohl nicht gelingen.“

Kritik von Sahra Wagenknecht

Parteigründerin Sahra Wagenknecht von der Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)“ äußerte sich kritisch zu neuen Hilfen für die Ukraine. „Wir brauchen Waffenstillstandsverhandlungen statt noch mehr Steuergeld aus Deutschland für Waffen, mit denen der Krieg verlängert wird“, sagte sie.

Wagenknecht verwies auf Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland in Istanbul kurz nach der russischen Invasion 2022 und forderte, auf diesen aufzubauen.

Von der Leyen befürwortet EU-Beitrittsverhandlungen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach sich während der Internationalen Wiederaufbaukonferenz für die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine ab Ende Juni aus. Die Ukraine habe alle vereinbarten Reformschritte erfüllt, sagte von der Leyen in Berlin. „Deswegen glauben wir, dass die Europäische Union Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine beginnen sollte, und zwar schon Ende des Monats.“

Zudem kündigte sie zusätzliche 1,9 Milliarden Euro aus dem neuen Ukraine-Unterstützungsprogramm an, um die umfassenden Reformen des Landes zu würdigen.

Beistand der Nato für Ostflanke

Auch im Zusammenhang mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine versicherte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einem Treffen mit dem lettischen Präsidenten Edgars Rinkevics in Riga den Staaten an der Nato-Ostflanke erneut Beistand im Fall eines Angriffs. „Die Nato verfügt über die Kräfte, Ressourcen, Fähigkeiten und den politischen Willen, jeden Verbündeten zu verteidigen“, sagte Stoltenberg.

Das Gipfeltreffen der Bukarest-Neun-Gruppe (B9) diente der Vorbereitung auf den Nato-Gipfel im Juli in Washington und unterstrich die entschiedene Unterstützung der Ukraine durch die meisten Mitgliedstaaten. Eine Ausnahme bildet Ungarn, das weiterhin enge Kontakte nach Moskau unterhält.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

avtor1
Farhad Salmanian

Zum Autor:

Farhad Salmanian arbeitet bei den DWN als Online-Redakteur. Er widmet sich den Ressorts Politik und Wirtschaft Deutschlands sowie der EU. Er war bereits unter anderem für die Sender BBC und Radio Free Europe tätig und bringt mehrsprachige Rundfunkexpertise sowie vertiefte Kenntnisse in Analyse, Medienbeobachtung und Recherche mit.

DWN
Finanzen
Finanzen Weniger Steuereinnahmen: Steuerschätzung bis 2029 niedriger als erwartet
15.05.2025

Die schwarz-rote Bundesregierung muss bei der Umsetzung ihres Koalitionsvertrags bis 2029 mit deutlich weniger Steuereinnahmen rechnen als...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lieferketten am Limit: Handelskrieg bringt globale Versorgung ins Wanken
15.05.2025

Die globale Lieferketten geraten durch den Handelskrieg zwischen den USA und China massiv unter Druck. Trotz Zollpause bleiben...

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen ohne Putin und Trump: Lawrow lästert über Selenskyj und schimpft auf Berlin
15.05.2025

Friedensverhandlungen in Istanbul: Der russische Außenminister Lawrow fordert, den Gesprächen eine Chance zu geben – und zieht...

DWN
Finanzen
Finanzen Massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben: Deutschland für höhere Militärausgaben trotz Wirtschaftskrise
15.05.2025

Verteidigungsminister Wadephul stellt sich hinter die Forderung des US-Präsidenten Trump für höhere Verteidigungsausgaben der...

DWN
Politik
Politik Rüstungsskandal bei der Nato: Verdacht auf Bestechung und Geldwäsche – Behörden ermitteln gegen Nato-Mitarbeiter
15.05.2025

Über die Nato-Beschaffungsagentur NSPA werden Waffensysteme und Munition im Milliardenwert eingekauft. Nun gibt es den Verdacht, auf...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Externe IT-Dienstleister: So teuer ist das Auslagern wirklich
15.05.2025

In ganz Europa setzen Organisationen auf externe IT-Dienstleister – und geraten dabei zunehmend in eine Falle: Der Einkauf orientiert...

DWN
Politik
Politik Frühere AfD-Chefin: Frauke Petry kündigt Gründung neuer Partei an - Alternative für die FDP?
15.05.2025

Die frühere Vorsitzende der AfD will vom kommenden Jahr an mit einer neuen Partei bei Wahlen antreten. Ziel der Partei soll sein, dass...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wirtschaft: Welche Unternehmen Deutschlands Wachstum und Wohlstand produzieren
15.05.2025

Analyse des McKinsey Global Institute (MGI) zeigt: Statt Effizienzsteigerung in der Breite treiben nur wenige deutsche Unternehmen den...