Politik

AfD verbündet sich im EU-Parlament: Eigenständige Fraktion am rechten Rand

Die AfD schafft es im EU-Parlament, eine kleine Gruppe von Parteien um sich zu scharen. Neben dem etablierten großen Rechtsblock bildet sie nun eine eigene Fraktion. Es geht hierbei auch ums Geld.
10.07.2024 15:05
Aktualisiert: 10.07.2024 17:48
Lesezeit: 2 min

Die Tür zum Club der Schwergewichte der europäischen Rechten blieb der AfD nach der Europawahl verschlossen. Im neuen EU-Parlament hat sie nun eine eigene Truppe zusammengestellt, die ganz rechts außen mit wenigen Mitgliedern, hauptsächlich aus osteuropäischen Ländern, agiert. In der Diskussion über dieses Bündnis fielen in den letzten Wochen Begriffe wie "Hooligan-Truppe" oder "rechtsextreme Resterampe". 28 Abgeordnete sind es nun, davon stellt die AfD 14. Die übrigen 14 kommen aus Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Bulgarien, Litauen, Frankreich und Spanien. Doch wie kam es dazu, und wo sieht sich diese neue Fraktion?

Große Rechtsparteien gehen voran

Verschiedene große Rechtsparteien hatten sich kürzlich zu einem neuen Bündnis namens "Patrioten für Europa" im neu gewählten EU-Parlament zusammengeschlossen. Unter ihnen sind die Fidesz-Partei von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, das rechtsnationale Rassemblement National aus Frankreich, die an Italiens Regierung beteiligte Lega, die FPÖ aus Österreich und die ANO aus Tschechien.

Die AfD steht dieser neuen Gruppe inhaltlich sehr nahe. AfD-Co-Chef Tino Chrupalla postete beim Eröffnungsspiel der Fußball-EM in München stolz ein Selfie mit Orban aus dem Stadion auf Instagram. Der neu ins EU-Parlament gewählte AfD-Politiker Marc Jongen zeigte sich begeistert: "Wenn es nach mir ginge, würden wir dieser Fraktion auch sehr gerne beitreten." Auch Co-Chefin Alice Weidel betonte, man sei freundschaftlich verbunden und habe "unglaubliche inhaltliche Schnittmengen". Trotzdem bleibt die AfD außen vor. Laut AfD-Chefin würden außenpolitische und außenwirtschaftliche Zwänge der anderen Parteien aktuell eine Aufnahme verhindern.

In der AfD wird vermutet, Orban könnte von der deutschen Regierung unter Druck gesetzt worden sein, nicht mit der AfD zu kooperieren. Vor der Europawahl hatten Parteien wie der französische Rassemblement National von Marine Le Pen die AfD aus ihrer Fraktion im EU-Parlament ausgeschlossen. Die AfD wurde als zu extrem angesehen. Auslöser war ein Interview von AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah, der in einer italienischen Zeitung als relativierend wahrgenommene Äußerungen zur nationalsozialistischen SS gemacht hatte. Trotz des Ausschlusses von Krah aus der AfD-Delegation nach der Wahl am 10. Juni, gab es keine Annäherung an Le Pen und ihre Verbündeten.

Krah plädierte für mehr Eigenständigkeit der AfD und freut sich nun öffentlich über das neue Bündnis der AfD mit extrem rechten Parteien. Er sagte der "Welt", dass damit ein von ihm vorbereitetes Projekt umgesetzt werde. "Diese Fraktion ist ein wichtiger Baustein für die Transformation der EU in ein zukunftsfähiges Europa." Krah wird jedoch nicht Teil der neuen Fraktion sein. Die AfD entschied sich, die Fraktionsbildung ohne ihn anzugehen. "Die Bedeutung dieses Projektes ist größer als meine eigene Rolle; ich bin zufrieden und ohne Groll", so Krah.

Bündnis soll "Europa Souveräner Nationen" heißen

Mit wem verbündet sich die AfD unter dem Namen "Europa Souveräner Nationen"? Es sind kleine Parteien mit extrem nationalistischen, Euro- und Nato-skeptischen, EU-feindlichen und teils prorussischen Positionen. Für die polnische Konfederacja sitzt Grzegorz Braun im EU-Parlament, der letztes Jahr weltweit bekannt wurde, als er einen jüdischen Leuchter im polnischen Parlament mit einem Feuerlöscher löschte. Trotz der Aktion wurde Braun nicht ausgeschlossen. Er wird jedoch nicht Teil der Fraktion sein, ebenso wenig wie Milan Mazurek von der slowakischen Republika. Dies war eine Bedingung der AfD.

Weidel betonte kürzlich bei ntv, dass man nicht mit Extremisten verhandle und sehr genau prüfe, mit wem man eine Fraktion eingehe. "Bevor wir mit Obskuranten zusammengehen, bleiben wir selbstbewusst alleine und sondieren weiter." Doch ohne Fraktion ist der politische Einfluss im Parlament geringer, und es gibt weniger Geld - ein entscheidender Faktor. Fraktionen bekommen mehr Mittel für Mitarbeiter, Büroräume und Veranstaltungen, haben mehr Redezeit und sind an der Festlegung der Tagesordnung beteiligt.

Der vom Bundestag ins EU-Parlament gewechselte AfD-Abgeordnete Petr Bystron, gegen den wegen möglicher Russlandverbindungen Ermittlungen wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche aufgenommen wurden, sprach von einem "Erfolg für die AfD". Die Europawahl habe das Gleichgewicht im EU-Parlament verschoben, sagte er der dpa. "Es gibt jetzt vier rechts-konservative Fraktionen. Das ist ein Rechtsruck in Europa und das Ende der linken Mehrheiten." Der ebenfalls neu ins EU-Parlament eingezogene AfD-Abgeordnete Tomasz Froelich zeigte sich auf Nachfrage "sehr zufrieden". "Das Framing wird der Fraktion nicht gerecht. Mein Eindruck ist, dass das eine weltanschaulich gefestigte Fraktion mit vielen gemeinsamen Nennern ist."

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