Politik

Marode Kliniken: Mehrheit der deutschen Krankenhäuser in finanzieller Notlage

Eine neue Umfrage schlägt Alarm: Der Mehrheit der Krankenhäuser geht es finanziell sehr schlecht, die Stimmung ist düster. 2024 könnten so viele Kliniken Insolvenz anmelden wie noch nie.
11.07.2024 07:45
Aktualisiert: 11.07.2024 10:38
Lesezeit: 2 min

Die finanzielle Not der deutschen Krankenhäuser verschärft sich laut einer Branchenerhebung weiter. Mehr als die Hälfte von 650 befragten Klinik-Führungskräften sah im zweiten Quartal die Liquidität des eigenen Hauses „gefährdet“ oder sogar „stark gefährdet“, wie die Umfrage der Unternehmensberatung Roland Berger ergab. Im Schnitt könnte nach dieser Selbsteinschätzung 28 Prozent der Kliniken bis Jahresende die Insolvenz drohen.

70 Prozent der Krankenhäuser machen Verlust

„Es sind nicht nur die kleinen Krankenhäuser, es sind auch sehr, sehr, sehr viele große Krankenhäuser dabei, auch Maximalversorger und Universitätskliniken“, sagte der Krankenhaus-Fachmann und Partner des Münchner Beratungsunternehmens, Peter Maguni. „Insbesondere öffentliche Krankenhäuser stehen noch mal stärker unter Druck.“

Im vergangenen Jahr schrieben demnach 70 Prozent der Krankenhäuser rote Zahlen. „Wir glauben, dass es auch sehr kurzfristig zu weiteren Schließungen kommen wird, wenn wir uns die wirtschaftliche und die Liquiditätssituation ansehen“, sagte Magunia.

Auch städtische Kliniken in Not

Anders als oft angenommen, geraten keineswegs nur kleine Krankenhäuser auf dem Lande in Not. „Die Herausforderung ist in den Städten teilweise noch ein bisschen größer“, sagte Janes Grotelüschen, Koautor und ebenfalls Partner bei Roland Berger. „Was die Bettendichte angeht, sind wir in den Städten meistens noch besser ausgestattet als ländlich. Daher gibt es in den Städten teilweise noch größere Auslastungsprobleme.“

Ein weiteres großes Problem ist fehlendes Personal, weil Pflegekräfte und andere Klinikangestellte keine allzu hohen Einkommen haben: „In den Städten ist es teilweise noch schwieriger für die Krankenhäuser, Personal zu finden, weil die Lebenshaltungskosten nicht so gut mit den Tarifen zusammenpassen“, erklärte Grotelüschen.

Kliniksterben: Neuer Pleiterekord möglich

Die Umfrage deckt sich im Wesentlichen mit der pessimistischen Einschätzung der Deutschen Krankenhausgesellschaft, die im Frühjahr von einer nie erlebten wirtschaftlichen Schieflage gesprochen hatte. 2023 hatten laut Krankenhausgesellschaft bundesweit 40 Häuser Insolvenz angemeldet, in diesem Jahr könnte demnach ein neuer Negativrekord drohen.

Die Bundesregierung hat zwar versprochen, die Krankenhausfinanzierung auf solide Füße zu stellen. Die Reform soll Anfang 2025 in Kraft treten. Momentan aber herrscht in den Krankenhäusern Unsicherheit, wie Magunia sagte. „Derzeit kann kein Krankenhaus die Effekte aus der Krankenhausreform kalkulieren und sozusagen auf das eigene Haus herunterbrechen. Es gibt kein Modell, weder eines, das zur Verfügung gestellt würde, noch eines, das man sozusagen selbst aufsetzen könnte.“

Klinik-Rettung durch Fusion?

Mittel- und längerfristig werden viele Krankenhäuser nach Einschätzung der beiden Klinikexperten auf Zusammenschlüsse angewiesen sein. „50 Prozent aller Geschäftsführer denken über Fusionen nach“, sagte Magunia. „Viele Krankenhäuser werden nicht solitär überleben können, sondern nur im Verbund.“ Es gebe bereits einige Krankenhausverbünde, seiner Einschätzung nach aber „aber auf jeden Fall größer werden müssen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

DWN
Finanzen
Finanzen Aktienstrategie: Wie Profis erkennen, wann es Zeit zum Ausstieg ist
19.11.2025

Der perfekte Verkaufszeitpunkt an der Börse ist selten. Doch wer Gewinne nicht rechtzeitig realisiert, riskiert, sie wieder zu verlieren....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Nach Exportbeschränkungen für Nexperia-Chips: Niederlande geben Kontrolle über Chip-Firma Nexperia ab
19.11.2025

Ende September hatte die niederländische Regierung die Kontrolle über Nexperia übernommen. China reagierte kurz darauf mit einem...

DWN
Finanzen
Finanzen Droneshield-Aktien stürzen ab: Anleger stoßen die Rüstungsaktie massenhaft ab – die Hintergründe
19.11.2025

Die Droneshield-Aktien befinden sich am Mittwoch in einer drastischen Abwärtsbewegung, die Anleger fliehen. Doch was steckt wirklich...

DWN
Politik
Politik COP30 in Belém: Bill Gates sieht Klimawandel nicht mehr als das größte Problem
19.11.2025

Die COP30-Klimakonferenz in Brasilien versammelt Vertreter aus aller Welt, um über den Umgang mit Klimawandel, Emissionen und nachhaltiger...

DWN
Politik
Politik Drohnenbekämpfung: Was plant Innenminister Dobrindt für Deutschland?
19.11.2025

Die Bundesregierung geht davon aus, dass Drohnen von staatlichen Akteuren zu Spionage- und Sabotagezwecken eingesetzt werden – im Fokus...

DWN
Politik
Politik Trump bereitet Krieg auf dem eigenen Kontinent vor: Venezuela rückt ins Fadenkreuz
19.11.2025

Donald Trump lässt seine Administration offen über eine Militärintervention in Venezuela nachdenken. Während Präsident Nicolás Maduro...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Familienunternehmen in Deutschland: Stabilität und Wachstum in Krisenzeiten
19.11.2025

Deutschlands größte Familienunternehmen zeigen, dass wirtschaftlicher Erfolg und Stabilität kein Widerspruch sind. Sie schaffen...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungsbau zieht an: Zahl der Genehmigungen steigt deutlich
19.11.2025

Nach dem schwachen Vorjahr stehen die Zeichen beim Wohnungsbau auf Erholung: Die Zahl der Genehmigungen steigt kräftig. Besonders eine...