Finanzen

Bundestagswahl 2025: Kommt die Vermögenssteuer? Die neue Regierung braucht Geld

Kommt nach der Wahl die Wiedereinführung der Vermögenssteuer? SPD und Grüne haben konkrete Pläne. Auch Linke und BSW streben eine Vermögenssteuer an. Eine Mehrheit der Deutschen befürworten eine Wiedereinführung. Eine IW-Studie hingegen warnt: Vor allem Unternehmen könnten so in eine Schieflage geraten. Ein Überblick.
22.05.2025 18:01
Aktualisiert: 01.01.2030 11:00
Lesezeit: 4 min
Bundestagswahl 2025: Kommt die Vermögenssteuer? Die neue Regierung braucht Geld
Das Institut der deutschen Wirtschaft warnt vor einer Wiedereinführung: Die Vermögenssteuer sei die „wirtschaftsfeindlichste aller Steuerarten“. (Foto: dpa) Foto: Jens Wolf

Marode Autobahnbrücken, unterfinanzierte Schulen, schleppende Digitalisierung: Der Investitionsstau in Deutschland ist groß. Könnte eine Vermögenssteuer fehlendes Geld bereitstellen? Oder würde sie langfristig der Wirtschaft schaden?

Deutschland: Steuerparadies nur für Reiche

Die Besteuerung von Millionären und Milliardären ist ein beliebtes Wahlkampfthema der linken Parteien: SPD, Grüne, Linke und BSW wollen Vermögende mehr zur Kasse bitten und setzen sich in ihren Wahlprogrammen für die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer an.

In Deutschland wird sie nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts seit 1997 nicht mehr erhoben. In Frankreich, Spanien und der „Steueroase“ Schweiz schon. Dort sorgt die Vermögenssteuer für weniger Ungleichheit und aufgefüllte Haushaltskassen. Je nach Steuerkonzept wäre auch für Deutschland ein hoher Milliardenbetrag als Einnahme möglich.

IW-Studie: Vermögenssteuer-Pläne schaden deutschen Unternehmen

In einer Studie hat sich das Institut der deutschen Wirtschaft die Vermögenssteuer-Pläne der Grünen und der SPD genauer angeschaut: Beide Parteien sehen einen Steuersatz von zwei Prozent vor.

  • Die SPD möchte durch die Vermögenssteuer 15 Milliarden Euro jährlich einnehmen und Einkommen ab 100 Millionen Euro belasten.
  • Die Grünen wollen durch die Vermögenssteuer 3,5 Milliarden Euro im Jahr einnehmen und Milliardäre belasten.

Der Studienleiter Martin Beznoska erklärt gegenüber Bild: „Wenn Vermögenswerte ins Ausland abwandern und Investitionen ausbleiben, bringen uns auch die niedrigen Extraeinnahmen nichts. Statt des erhofften Geldregens könnten am Ende mehr Bürokratie und weniger Jobs in der Bilanz stehen.“ Denn es ist zu erwarten, dass von der Wiedereinführung hauptsächlich Betriebsvermögen betroffen sein wird. Unternehmen könnten so in eine Schieflage geraten. Dabei ist die Steuerbelastung im Vergleich zum Ausland jetzt schon hoch.

Unternehmen könnten ihre Produktion ins Ausland verlagern, was nicht nur zu Mindereinnahmen bei der Steuer, sondern vor allem zu einem Verlust von Arbeitsplätzen führen würde. Sowohl SPD als auch Grüne streben zusätzlich eine globale Einkommenssteuer an, wie aus ihren Wahlprogrammen hervorgeht. Der Ifo-Chef Clemens Fuest sagt gegenüber Bild: „In Kombination mit der Einkommenssteuer würde eine Vermögensteuer zu einer sehr hohen Gesamtbelastung führen. Die Folge wäre eine Kapitalflucht aus Deutschland, die den wirtschaftlichen Niedergang beschleunigt.“

Studie: Deutschland verschont Superreiche

In Deutschland besitzt die Gruppe der Reichen rund 20 Prozent des gesamten Nettovermögens. Damit hat der typische deutsche Millionär ein Vermögen von 23 Millionen Euro, das überwiegend aus dem Familienerbe und Immobilien stamme, zeigt eine Studie des Momentum-Instituts, des Netzwerks Steuergerechtigkeit und Oxfam Deutschland. Gleichzeitig belegt die Studie, dass Reiche nur halb so viele Steuern zahlen wie die Mittelschicht.

Wenn Deutschland die Vermögenssteuer auf Schweizer Niveau anheben würde, könnte der Staat zusätzlich 73 Milliarden Euro einnehmen! Interessant: In Deutschland gibt es keine amtlichen Statistiken über Vermögende mehr. Verschiedene Studien variieren von 84 bis 237 Superreiche.

Deutschland: ungleiche Vermögensverteilung

Zwischen 1995 und 2021 ist das Vermögen der privaten Haushalte nach Angaben des Bundesfinanzministeriums von 6,8 Billionen Euro auf knapp 20 Billionen Euro gestiegen, davon allein das Geldvermögen auf 7,8 Billionen Euro.

Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) befindet sich die Hälfte des Haushaltsvermögens in der Bundesrepublik in den Händen der oberen zehn Prozent der Vermögenden. Das oberste ein Prozent vereint 20 Prozent des Vermögens auf sich. In diesen Anteilen sind bereits die Altersvorsorgevermögen enthalten, die bei den übrigen Bundesbürgern einen erheblichen Anteil ausmachen. Das DIW sieht die Vermögensverteilung in Deutschland – auch im Vergleich zu anderen Industrieländern wie Frankreich – als besonders ungleich an.

Warum wurde die Vermögenssteuer ausgesetzt?

Bis 1996 gab es in Deutschland eine Vermögensteuer. Das Bundesverfassungsgericht setzte damals die Steuer aus – aufgrund steuerlicher Bevorzugung von Immobilien und Grundvermögen. Kurios: Die geforderte Neuregelung wurde von der damaligen Regierung „verschlafen“. Nach Ablauf einer Schonfrist durfte die Steuer nicht mehr erhoben werden. Dabei ist es bis heute geblieben.

Eine Wiedereinführung müsste die geforderte Gleichbehandlung von Vermögen umsetzen und sicherstellen, dass nur Vermögensgewinne besteuert werden, der Vermögensstamm aber unangetastet bleibt. Eine Vermögensabgabe, bei der die Vermögenden nominal ärmer werden, darf nach dem Grundgesetz nur in Ausnahmesituationen und auch nur einmalig erhoben werden.

Wie kann Vermögen angemessen besteuert werden?

Die Diskussion über ein mögliches Steuermodell für eine Vermögensabgabe ist nicht neu. Ein Vorbild könnte das niederländische Prinzip sein: Für eine bestimmte Auswahl von Vermögensarten wird ein fiktiver Jahresgewinn festgelegt, der dann als Einkommen besteuert wird. Ausgeschlossen werden unter anderem Vermögensformen wie Kunst, Edelmetalle, private Darlehen oder Tiere, deren Wert besonders schwer zu ermitteln ist.

Ausklammern ließen sich auch Betriebsvermögen. Deren Besteuerung wird von Kritikern – wie dem Verband „Die Familienunternehmer“ – als besonders schädlich angesehen. In einem Leitfaden argumentiert die Interessenvertretung, dass eine Wiedereinführung zu Kollateralschäden führen könnte, die das Wirtschaftswachstum um bis zu sechs Prozent bremsen würden.

Mehrheit der Deutschen für eine Reichensteuer

62 Prozent der Bürgerinnen und Bürger befürworteten in einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag des stern, dass Privatpersonen und Unternehmen eine solche Abgabe auf Vermögen ab einer Million Euro zahlen müssen. 34 Prozent sprechen sich dagegen aus, vier Prozent äußerten keine Meinung.

Die linken Parteien in Deutschland, von der SPD über die Grünen bis zur Linkspartei, fordern seit langem die Wiedereinführung der Vermögensteuer.

Vermögenssteuer: Vor allem Grüne stimmen dafür

Ihre Wähler sehen das laut der Forsa-Umfrage genauso: Vor allem bei den Anhängern der grünen Partei stößt der Vorstoß auf Zustimmung (84 Prozent). Aber auch die Anhänger der SPD (79 Prozent) und des Bündnis Sahra Wagenknecht (58 Prozent) sprechen sich dafür aus.

Auf der anderen Seite sind die Wähler der FDP (87 Prozent) und AfD (62 Prozent) gegen eine Wiedereinführung. Auch die Union ist der Meinung, eine Vermögenssteuer würde „die wirtschaftliche Substanz Deutschlands gefährden und Arbeitsplätze kosten“, wie die Parteien in ihrem gemeinsamen Wahlprogramm schreiben. Die Wähler von CDU und CSU sehen das jedoch anders: 55 Prozent würden eine Einführung unterstützen.

Fazit

Eine Wiedereinführung wurde von der Ampelregierung abgewiegelt. Sie wäre u. a. zu aufwändig, teilte Justizminister Marco Buschmann (FDP) damals auf der Plattform X mit: „In der Praxis frisst der komplexe Bewertungsaufwand die Erträge daraus auf …“ Doch die Diskussion nach einer höheren und gerechteren Besteuerung wird nach der Bundestagswahl wieder an Fahrt aufnehmen. Es scheint auch nicht ausgeschlossen, dass die Union ihre Contra-Haltung noch ändert. Denn die neue Regierung braucht Geld für die Wirtschafts- und Energiewende und die Ausstattung der Bundeswehr. Und auch die Bundesländer würden sich über zusätzliche Steuereinnahmen freuen. An einer Zustimmung im Bundesrat dürfte es dann nicht scheitern.

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Mirell Bellmann

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

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