Immobilien

BGH-Urteil: Siegreiche Eigentümer müssen nun auch Prozesskosten tragen!

Lesezeit: 2 min
19.07.2024 15:03  Aktualisiert: 19.07.2024 15:17
Streitigkeiten sind in Wohnungseigentümergemeinschaften keine Seltenheit und landen oft vor Gericht. Müssen die siegreichen Parteien dann trotzdem die Prozesskosten tragen?

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Immer wieder ziehen Wohnungseigentümer gegen Entscheidungen ihrer Eigentümergemeinschaft vor Gericht. Wenn sie dort erfolgreich sind, wird die Gemeinschaft oft dazu verurteilt, die Kosten des Prozesses zu tragen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat nun entschieden, dass diese Prozesskosten auch anteilig auf die siegreichen Eigentümer umgelegt werden dürfen. (Az. V ZR 139/23)

Im konkreten Fall hatten drei Frauen 2021 am Amtsgericht Rostock erfolgreich einen Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft angefochten, in der sie selbst Mitglieder sind - ihnen gehört je eine der insgesamt acht Wohnungseinheiten. Das Gericht verurteilte die unterlegene Gemeinschaft dazu, die Prozesskosten zu tragen. Die legte diese Kosten wiederum über eine Sonderumlage auf alle Mitglieder um - also auch auf die drei eigentlich erfolgreichen Klägerinnen. Je Wohnungseinheit sollten knapp 800 Euro gezahlt werden.

Prozesskosten als Verwaltungskosten

Gegen die Umlage wollten sich die Frauen mit einer erneuten Klage vor Gericht wehren. Das Amtsgericht Rostock wies die Anfechtungsklage zunächst ab, das Landgericht Rostock gab ihr dann auf die Berufung einer der Klägerinnen statt. Am höchsten deutschen Zivilgericht hatten die Frauen nun aber keinen Erfolg. Der BGH stellte sich hinter die Entscheidung des Amtsgerichts. Die Klage sei somit endgültig abgewiesen, erklärte der Senat.

Die Prozesskosten würden zu den im reformierten Wohnungseigentumsgesetz geregelten Verwaltungskosten zählen, entschied der für derartige Fälle zuständige fünfte Zivilsenat. Als solche dürften sie, sofern keine andere Regelung vereinbart wurde, nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel auf die Mitglieder der Gemeinschaft umgelegt werden - also auch auf die obsiegenden Eigentümer.

Seit einer Reform des Wohnungseigentumsgesetzes im Dezember 2020 richten sich Klagen gegen Beschlüsse der Gemeinschaft nicht mehr gegen die übrigen Wohnungseigentümer, sondern gegen die Gemeinschaft als solche. „Damit sind auch Kosten, die der Gemeinschaft in einem Beschlussklageverfahren auferlegt worden sind, Verwaltungskosten der Gemeinschaft, an denen sämtliche Wohnungseigentümer unabhängig von ihrer Parteistellung im Prozess zu beteiligen sind“, so der BGH.

Verband rät zu sorgfältigen Beschlüssen

Zwar könnte diese Kostenregelung gerade in kleinen Gemeinschaften, wo die Kosten sich nur auf wenige Parteien verteilen würden, potenzielle Kläger von einer Beschlussklage abhalten, räumte die vorsitzende Richterin, Bettina Brückner, bei der Urteilsverkündung ein. Allerdings würde eine andere Auslegung des Gesetzes zusätzliche Fragen aufwerfen, etwa, ob Mitglieder der Gemeinschaft, die gegen den erfolgreich beklagten Beschluss stimmten, aber nicht selbst gegen ihn klagten, auch von den Prozesskosten ausgenommen werden müssten.

Es sei nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber übersehen hat, dass die neue Regelung aufgrund der Parteistellung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bei Beschlussklagen auch die Kosten des obsiegenden Beschlussklägers erfasst, so der Senat. Der Gemeinschaft stehe es zwar frei, die Prozesskosten anders zu verteilen, sagte Richterin Brückner. Das müsse aber in der Gemeinschaft mehrheitlich beschlossen werden. Da das im vorliegenden Rechtsstreit nicht der Fall war, müssten die Kosten wie vorgesehen auf alle verteilt werden.

„Diese Entscheidung war im Grunde nach der Reform des Wohnungseigentumsrechts zum 1. Dezember 2020 nicht anders zu erwarten“, sagte der Präsident des Eigentümerverbands Haus und Grund, Kai Warnecke. Das Urteil zeige aufs Neue, dass Beschlüsse in einer Eigentümergemeinschaft sorgfältig vorbereitet und so diskutiert werden sollten, dass sie von allen Eigentümern akzeptiert werden. So könnten viele Klagen vermieden werden.


Mehr zum Thema:  

DWN
Immobilien
Immobilien Zwangsversteigerungen 2024: Zahl stark gestiegen
15.01.2025

Deutlich mehr Immobilien zwangsversteigert: Die Wirtschaftskrise und steigende Zinsen hinterlassen Spuren, besonders bei Eigentümern. 2024...

DWN
Politik
Politik Wider den Hedonismus: Warum Wehrpflicht (und Zivildienst) Deutschland wieder auf Spur bringen
15.01.2025

Als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), vom russischen Überfall auf die Ukraine richtig geschockt, die Zeitenwende für Deutschland ausrief,...

DWN
Technologie
Technologie Wie ehemalige IT-Nerds der russischen Suchmaschine Yandex den KI-Markt Europas aufmischen
14.01.2025

Russische IT-Nerds bauen in Amsterdam das KI-Unternehmen Nebius auf. Informatiker um den Yandex-Suchmaschinen-Gründer Arkadi Wolosch...

DWN
Finanzen
Finanzen Bafin-Kontenvergleich: Alle Girokonten in Deutschland im Überblick
14.01.2025

Die Finanzaufsicht Bafin bringt Transparenz in den Kontomarkt: Mit dem neuen Bafin Kontenvergleich können Verbraucher alle Girokonten in...

DWN
Politik
Politik Russischer Außenminister Lawrow: "USA wollen nach Nord-Stream Gaspipeline TurkStream zerstören"
14.01.2025

Russlands Außenminister Lawrow beschuldigt die USA, mit ukrainischen Drohnenangriffen die Gasleitung TurkStream lahmlegen zu wollen....

DWN
Politik
Politik CDU-Heizungsgesetz: Wie die Union das Heizungsgesetz abschaffen will - und warum das schlecht wäre
14.01.2025

Das Habecksche Heizungsgesetz, offiziell Gebäudeenergiegesetz (GEG), gilt seit Januar 2024. Die CDU plant, das GEG bei einer möglichen...

DWN
Politik
Politik Weitere Ukraine-Hilfe? Pistorius zu Besuch in Kiew spricht sich dafür aus
14.01.2025

Ukraine-Hilfe 2025: Verteidigungsminister Boris Pistorius bleibt optimistisch, was die Fortsetzung der Unterstützung für die Ukraine...

DWN
Politik
Politik NATO-Gipfel: Schutz für Ostsee-Infrastruktur geplant
14.01.2025

Nato schützt sich künftig besser vor Sabotageakten gegen wichtige Infrastruktur wie Kabel und Pipelines. Deutschland steuert mit...