Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft verschlechtert sich weiter. Die Unternehmen beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage negativ und sehen auch pessimistisch in die Zukunft. Und das mit weitreichenden Folgen für den hiesigen Arbeitsmarkt, wie das ifo-Beschäftigungsbarometer im Juli zeigt. Nur Dienstleister planen noch Neueinstellungen. Was bedeutet das für den viel zitierten „Fachkräftemangel“?
Ifo-Beschäftigungsbarometer erneut gefallen
Ein wirtschaftlicher Aufschwung zeichnet sich ab. Dementsprechend investieren Firmen weniger und sparen ein, zum Beispiel beim Personal, wie eine Auswertung des Ifo-Instituts aufzeigt. Die Unternehmen sind bei der Suche nach neuem Personal noch zurückhaltender geworden. Entsprechend ist das ifo-Beschäftigungsbarometer auf 95,4 Punkte gesunken – nach 95,9 Zählern im Juni.
„Aufgrund der stagnierenden Wirtschaftsentwicklung sinkt die Bereitschaft, neue Mitarbeiter einzustellen“, sagt Klaus Wohlrabe, der beim Münchener ifo-Institut die Umfragen leitet. „Wo Aufträge fehlen, wird auch kein zusätzliches Personal gebraucht.“
Firmen blicken pessimistisch in die Zukunft
In der Industrie ist das Barometer unverändert geblieben. Ein Abbau von Arbeitsplätzen wird von vielen Unternehmen diskutiert. Gleiches gilt für den Handel, wo viele zurückhaltende Konsumenten das Geschäft belasten. Im Baugewerbe wird der Personalbestand trotz Krise vorerst konstant bleiben. Nur die Dienstleister stellen teilweise noch neue Mitarbeiter ein, aber weniger als im Vormonat.
Das Ifo-Beschäftigungsbarometer beruht auf den Personalplanungen von rund 9000 Unternehmen. Der Rückgang im Juli ist der zweite in Folge, auf längere Sicht folgt der Indikator aktuell aber eher einem Seitwärtstrend.
Dass das Barometer gefallen ist, kommt nicht überraschend, weil in der vergangenen Woche auch das Ifo-Geschäftsklima deutlich nachgegeben hat. Der Indikator, der die Stimmung in den Chefetagen misst, ist bereits zum dritten Mal in Folge gesunken – auf 87,0 Zähler nach 88,6 Punkten im Vormonat.
Zahl der Arbeitslosen steigt auf mehr als 2,8 Millionen
Die Konjunkturflaute belastet seit Monaten den Arbeitsmarkt. Die Zahl der Arbeitslosen steigt nun allerdings stärker als üblich. Tendenz steigend: Laut aktueller Zahlen der Bundesagentur für Arbeit steigt die Arbeitslosigkeit im Juli stärker als jahreszeitlich üblich.
„Die schwache Wirtschaftsentwicklung belastet den Arbeitsmarkt. Zu Beginn der Sommerpause sind Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung stärker gestiegen als üblich“, sagte der Vorstand Regionen der Bundesagentur für Arbeit (BA), Daniel Terzenbach, auf der monatlichen Pressekonferenz in Nürnberg.
Die Arbeitslosigkeit im Juli 2024 ist um 82.000 auf 2.809.000 gestiegen. Dabei fiel der Anstieg deutlich stärker aus als üblicherweise im Juli. Saisonbereinigt hat die Zahl der Arbeitslosen gegenüber dem Vormonat um 18.000 zugenommen. Verglichen mit dem Juli des vorigen Jahres liegt die Arbeitslosenzahl um 192.000 höher. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,2 Prozentpunkte auf 6,0 Prozent. Gegenüber dem Vorjahresmonat hat sich die Quote um 0,3 Prozentpunkte erhöht.
Bundesweiter Trend: steigende Arbeitslosigkeit auch in Bayern
Auch der Wirtschaftsstandort Bayern verzeichnet eine erhöhte Arbeitslosenquote. Als Gründe werden die gedämpfte Konjunktur, die Transformation in der Automobilindustrie und der Ukrainekrieg genannt. Nach Angaben der bayerischen Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit ist die Arbeitslosenzahl in diesem Juli aber stärker gestiegen als gewöhnlich.
Insgesamt waren zum Stichtag Mitte des Monats 279.256 Menschen ohne Arbeit. Das sind 8.145 mehr als im Juni. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,1 Prozentpunkte auf 3,6 Prozent. Im Vergleich zum Juli vor einem Jahr fällt der Anstieg noch deutlicher aus. Damals betrug die Quote 3,2 Prozent.
Insgesamt sind in den bayerischen Arbeitsagenturen und Jobcentern im Moment 133.284 offene Stellen gemeldet. Das sind ungefähr so viele im Monat zuvor. Im Vergleich zum Juli vor einem Jahr ist die Zahl aber um mehr als zehn Prozent gesunken.
Die Nachfrage nach Arbeitskräften sinkt vor allem in der Zeitarbeit, im Gastgewerbe, im IT-Bereich und im verarbeitenden Gewerbe. Der Rückgang findet allerdings auf hohem Niveau statt. Denn die Nachfrage nach Arbeitskräften ist nach Angaben der bayerischen Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit weiterhin höher als in den Jahren vor der Corona-Pandemie.
Personal halten ist teuer
Eines ist in der momentanen Konjunkturkrise neu: Personalabbau trifft auf Fachkräftemangel. Der deutsche Arbeitsmarkt ist im Umbruch. Feststeht, dass die Arbeitslosenzahlen seit 2023 kontinuierlich steigen – in allen Regionen, wobei 2023 in Westdeutschland fast 2 Millionen Arbeitslose gemeldet waren und in Ostdeutschland zirka 600.000.
Wer jetzt Beschäftigte entlässt, geht das Risiko ein, bei einer besseren Auftragslage ohne geeignetes Personal dazustehen. Doch solange der erhoffte Aufschwung sich nicht abzeichnend, können es sich Firmen nicht leisten, mit weniger Aufträgen ihre Fachkräfte zu halten oder weiterzubeschäftigen. Gerade für kleinere Betriebe wird das zu einem Problem und Nachteil, je länger die Flaute anhält.