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(Noch) kein Entlastungspaket für Unternehmer: Ampel verschiebt den Bürokratieabbau!

Lesezeit: 3 min
09.07.2024 12:17  Aktualisiert: 08.07.2030 17:00
Deutschlands Wirtschaft in der Bürokratiefalle: Seit über einem Jahr bastelt die „Ankündigungsampel“ am Entlastungspaket und setzt nichts um! Während unnötig hohe Hürden die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen blockieren und zu Abwanderungen führen. Wovor die Wirtschaft bei weiterer Verzögerung warnt und um welche Erleichterungen es geht. Ein Überblick.

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Der Kampf für weniger Bürokratie hat letzte Woche einen Rückschlag erlitten: Grüne und FDP vertagen das Entlastungspaket zum Bürokratieabbau für Unternehmen! Ursprünglich sollte das Bürokratieentlastungsgesetz (BEG) IV, an dem Justizminister Marco Buschmann und die Ampel seit über einem Jahr arbeiten, spätestens letzte Woche final beschlossen werden. Da sich die Koalitionäre aber nicht einig waren, was noch ergänzt werden könnte, wird das Vorhaben auf die Zeit nach der Sommerpause vertagt.

Zeit ist Money: Wo bleibt der überfällige Gesetzesentwurf?

Eigentlich wollten die Ampelfraktionen das vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) noch vor der Sommerpause vom Bundestag final verabschieden lassen. Nun aber wird das Vorhaben auf die Zeit danach verschoben. Das bestätigten die Fraktionen der Ampelregierung dem Handelsblatt. Die deutsche Wirtschaft warnt davor, dass Unternehmen Ihre Firmen ins Ausland verlegen.

Mit über 60 Maßnahmen möchte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) die Wirtschaft entlasten. Fast eine Milliarde Euro pro Jahr sollen Unternehmen durch das aktuelle Bürokratieentlastungsgesetz einsparen. „Bürokratieabbau muss ein Dauerbrenner dieser Legislaturperiode sein“, sagte Buschmann im Deutschen Bundestag. Jetzt wird die Verabschiedung des Gesetzes zu einer längerfristigen Angelegenheit.

Hintergrund der Verschiebung sei laut dem Handelsblatt der Aufwand. „Es gibt noch viel Material zu diskutieren. Da hat die Zeit nicht gereicht“, erklärte dazu der Berichterstatter für Bürokratieabbau der FDP-Bundestagsfraktion, Thorsten Lieb.

Bürokratieabbau: Wirtschaftsverbände machen 442 Vorschläge

So hat die SPD vor Monaten den Kabinettsentwurf des Gesetzes an Unternehmen geschickt, um abzuklopfen, wie sinnvoll das Vorhaben ist. Unternehmen haben damit die Möglichkeit, „weitere sinnvolle praxisnahe Vorschläge zum Bürokratieabbau“ einzubringen, heißt es von Esra Limbacher (SPD). Hunderte von Vorschlägen seien eingegangen und die müsse man prüfen. Das dauert eben.

Das Kabinett hatte bereits im März das Entlastungspaket beschlossen, mit dem unter anderem Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege verkürzt oder Hotelmeldescheine abgeschafft werden sollen. Vor kurzem ergänzte Justizminister Buschmann den Regierungsentwurf auch um den digitalen Arbeitsvertrag.

Wirtschaft warnt: Verzögerungen treiben Produktion ins Ausland

Bereits im Januar 2023 hat das Bundesjustizministerium die Spitzenverbände aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft zum Abbau von Bürokratie befragt hatte. Insgesamt waren 442 Vorschläge eingegangen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) griff allerdings nur wenige auf. Die Wirtschaft zeigte sich daraufhin verärgert.

Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) warnt in einer Pressemitteilung: „Alle sind für Bürokratieabbau, aber diese Regierung kündigt nur an und macht nichts. Das wird zu weiteren Produktionsverlagerungen ins Ausland und zu Betriebsaufgaben führen“, sagte INSM-Geschäftsführer Thorsten Alsleben.

Das BEG IV hatte ohnehin nur einen kleinen Teil der von Wirtschaft und Zivilgesellschaft geforderten Vorschläge zu Deregulierung und Bürokratieentlastungen aufgegriffen. Somit summiere sich das Entlastungsvolumen auf nur rund eine Milliarde Euro. „Viel zu wenig“, beanstandet INSM-Chef Alsleben, aber nun komme nicht einmal das. Dabei wäre Bürokratieabbau ein Konjunkturprogramm zum Null-Tarif.

Die INSM fordert die Ampel daher auf, das BEG IV um weitere Vorschläge zu ergänzen. So müsse das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sofort ausgesetzt werden.

Bürokratie vertreibt Investitionen aus Deutschland

Tatsächlich sind Bürokratieflut und Überregulierungen in Deutschland immens – mit fast 5.000 Bundesgesetzen und -verordnungen sowie fast 100.000 Einzelnormen. Eine viel zu große Hürde für Unternehmer: Laut einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM Bonn) im Auftrag der INSM wollen 58 Prozent der Unternehmen wegen der bürokratischen Hürden nicht mehr in Deutschland investieren.

Auch die aktuelle Umfrage der DZ BANK und des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) bestätigen den Abwanderungstrend: 35 Prozent der Freiberufler und Selbstständigen erwägen eine Abwanderung ins Ausland; 27 Prozent denken über eine Aufgabe nach.

BEG IV: Weniger Aufwand – reduzierte Kosten

Der Entwurf zum Bürokratieentlastungsgesetz IV sieht den Abbau vieler bürokratischer Hürden in mehreren Rechtsgebieten vor. Dazu zählt vor allem die Herabstufung der Schriftform auf die Textform. Auch sollen zahlreiche Nachweis-, Melde- und Formvorschriften wie die Aufbewahrungspflichten für Buchungsbelege im Handels- und Steuerrecht von bisher zehn auf acht Jahre verkürzt werden.

Die Bundesregierung erhofft sich so eine Entlastung der Wirtschaft um jährlich 944 Mio. Euro.

Hier finden Sie dazu das Eckpunktepapier der Bundesregierung

Zusammengefasst: Bis die Entlastungen wirklich in der Praxis bei den Unternehmen ankommen, wird noch sehr viel Zeit vergehen. Zeit, die viele Firmen mit Existenzsorgen nicht mehr haben. Der notwendige Stellenabbau und die damit verbundenen Standortschließungen, sind im Moment die bitteren Konsequenzen, die der Bürokratiewahnsinn in Deutschland produziert. Bis zu einem finalen Beschluss, wird es noch weitere parlamentarische Verfahren und Änderungswünsche geben, u. a. auch vom Bundesrat. Wann die Unternehmen konkret mit Erleichterungen rechnen können, um wieder wettbewerbsfähig zu sein, ist noch nicht abzusehen. Bisher dahin wird höchstwahrscheinlich ein nächstes Bürokratieentlastungsgesetz notwendig sein.

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Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.


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