Nachdem am 16. Juli ein neuer Goldpreis-Rekord bei 2.482 Dollar markiert wurde, kam es an den Edelmetallmärkten zu leichten Korrekturen. Danach bewegte sich Gold wieder fulminant nach oben und war kurz davor die Marke von 2.500 Dollar zu knacken. Auch Goldminen-Aktien waren stark im Aufwind und legten in der Spitze um rund 13 Prozent zu. Nun zum Wochenstart wurde Gold jedoch vom allgemeinen Abverkauf an den Weltbörsen mit erfasst und notiert nun bei um die 2400 Dollar je Unze (circa 31,1 Gramm). Ist das bereits eine gute Einstiegsgelegenheit?
Fünf Faktoren für einen neuen Goldpreis-Rekord
Im Folgenden analysieren die Deutschen Wirtschaftsnachrichten fünf Faktoren, die dafür sprechen, dass der Goldpreis weiter steigen wird. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass es sich hierbei nicht um eine Prognose handelt und es selbstverständlich wie immer auch Faktoren und Thesen gibt, die dagegen sprechen.
1.) Geopolitische Spannungen nehmen weiter zu und Wiederwahl Trumps könnte Handelskonflikte verschärfen
In wirtschaftlichen, finanziellen und geopolitischen Krisenzeiten ist Gold als sicherer Hafen gefragt. Das beliebte Schmuck-und Anlagemetall hat eine über 5000-jährige Geschichte als stabiles Geld. Es wird tendenziell teurer, wenn sich Anleger auf der ganzen Welt um ihre Zukunft sorgen. Die aktuelle Gemengelage gibt Anlass zur Unruhe und dem Goldpreis damit Auftrieb.
Im Ukrainekrieg war zuletzt vermehrt von möglichen Friedensverhandlungen die Rede war, aber an der Frontlinie wird weiter erbittert in Stellungs- und Luftkriegen gekämpft. Zudem sprechen Russlands Beharren auf keinerlei Zugeständnisse gegenüber der Ukraine einerseits und der westliche Finanzkrieg (Nutzung der Zinserträge aus eingefrorenen russischen Devisenreserven) sowie die umfangreichen Waffenlieferungen andererseits nicht für eine baldige Entspannung. Unterdessen eskaliert die Situation im Nahen Osten immer weiter, nachdem Israel hochrangige Anführer der Hamas und Hisbollah eliminiert hat.
In den USA ist Ex-Präsident Donald Trump nach dem Ausscheiden von Biden als Kandidat der Demokraten nicht mehr glasklarer Favorit bei der anstehenden Präsidentschaftswahl. Bei einer zweiten Trump-Regierung ist indes damit zu rechnen, dass die Deglobalisierung zunimmt und sich der Handelskonflikt mit China drastisch verschärft. Trump hat im Wahlkampf Pauschalzölle von 10 Prozent auf sämtliche Importe und die Einführung von Zöllen in Höhe von 60 Prozent oder mehr auf chinesische Ausfuhren ins Spiel gebracht. Auch Strafzölle in realistischeren Dimensionen würden mit Sicherheit handelspolitische Vergeltungsmaßnahmen aus Peking nach sich ziehen. Interessant: Schon im Laufe des 2018 bis 2020 andauernden Handelskrieg zwischen den USA und China während Trumps erster Präsidentschaft kaum es zu steigenden Goldpreisen, die zeitlich auffällig mit Zollerhöhungen korrelierten.
Es ist auch kaum davon auszugehen, dass Trump die Finanzprobleme der überschuldeten Regierung in den Griff bekommen würde. Das immense US-Defizit, welches zum Ende des Haushaltsjahrs im September bei knapp 7 Prozent stehen wird, dürften den Dollar perspektivisch schwächen und damit indirekt dem Goldpreise Auftrieb geben.
2.) Die Zinsen sinken wieder
Einige wichtige Akteure, allen voran die EZB und die Bank of England, haben innerhalb der letzten Monaten erstmals wieder ihre Leitzinsen gesenkt. Entscheidend bleibt das Verhalten der US-Zentralbank (Fed), die bei der jüngsten Sitzung zwar das gegenwärtige Zinsniveau wie erwartet beibehielt, aber die Erwartungen an eine Zinssenkung für September stützte. „Die Inflation hat im vergangenen Jahr nachgelassen, bleibt aber etwas erhöht. In den letzten Monaten gab es weitere Fortschritte in Richtung des Inflationsziels des Ausschusses von 2 Prozent“, hieß es in einer Stellungnahme der Fed. Aufmerksame Marktbeobachter erkennen darin eine leicht taubenhafte Änderung der Verbalakrobatik. Ein baldiger Zinsschritt gilt als nahezu sicher, wobei momentan eine Senkung um 0,5 Prozent als wahrscheinlicher gilt als 0,25 Prozent.
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Jahrzehntelang bestand eine enge inverse Korrelation zwischen dem Goldpreis und Zinsen. Warum sind geringere Zinsen gut für Goldanleger? Gold wirft keine laufenden Erträge ab und dessen Kauf/Halten verursacht somit Opportunitätskosten. Niedrige (Real-)Zinsen zogen in der Vergangenheit meist steigende Goldpreise nach sich und umgekehrt. Dieser Zusammenhang wurde 2023 gebrochen, als Gold trotz des hohen Zinsniveaus einen rasanten Preisanstieg auf neue Rekordhöhen hinlegte. Das spricht jedoch eher für das weitere Zukunftspotential des gelben Edelmetalls. Denn durch sinkende Zinsen wird Gold als Geldanlage noch attraktiver. Fraglich ist natürlich, inwieweit der Goldpreis aktuell diese Zinssenkungsfantasien bereits einpreist.
3.) ETF-Investoren bald wieder auf der Käuferseite?
Es waren in den letzten eineinhalb Jahren hauptsächlich Institutionelle Anleger, die netto Gold verkauften und deshalb vom rasant zulegenden Goldpreis kaum profitierten. Daten des Branchenverbands World Gold Council zufolge sank allerdings der Nettoverkauf globaler Gold-ETFs im zweiten Quartal auf nur noch sieben Tonnen und im Mai und Juni waren die ETFs sogar schon Nettokäufer. Wenn es tatsächlich zu einer Wende bei den Institutionellen Anlegern kommt und Gold-ETFs dauerhaft zukaufen, könnte das den derzeitigen Preisanstieg verstärken.
4.) Die Zentralbanken des Globalen Südens akkumulieren weiter massiv Gold
2022 (netto 1.082 Tonnen) und 2023 (1.082 Tonnen) kauften die Notenbanken Rekordmengen an Gold. Dieser Trend setzt sich im laufenden Jahr fort und wird von den Währungshütern Chinas, Indiens und der Türkei angeführt, deren Kaufverhalten entscheidend für die letzten Goldpreis-Rekorde war. Auch der Wert von Russlands Goldreserven erklomm jüngst neue Höchststände. Im zweiten Quartal akkumulierten Zentralbanken weltweit mehr als 183 Tonnen des gelben Edelmetalls, was zwar deutlich niedriger als im ersten Quartal (300 Tonnen), aber sechs Prozent über dem Niveau des Vorjahresquartals lag.
Das Kaufinteresse der Zentralbanken dürfte vorerst anhalten. Eine aktuelle Umfrage des World Gold Council ergab, dass die Mehrheit der befragten 70 Notenbanken in den nächsten fünf Jahren eine Ausweitung der Goldkäufe und eine Reduzierung der Dollarreserven anstrebt. Aus Sicht des Globalen Südens wird der US-Dollar als Sanktionsinstrument missbraucht. Der Trend ist klar: Die Weltleitwährung verliert an Bedeutung und die Zentralbanken wollen ihre Devisenreserven besser diversifizieren. In diesem Umschichtungsprozess besteht noch ein gewaltiges Aufholpotential. Während die Zentralbanken 1980 im Schnitt noch rund 74 Prozent ihrer Reserven in Gold allokiert hatten, sind es derzeit weniger als 20 Prozent.
Marktteilnehmer achten besonders auf das Kaufverhalten der chinesischen Zentralbank (PBoC). Dass die „People´s Bank of China“ im Mai und Juni die offiziellen Goldkäufe aussetzte, nachdem sie zuvor 18 Monate lang kontinuierlich ihre Reserven aufgestockt hatte, muss nicht unbedingt ein schlechtes Signal sein. Wahrscheinlich wurde nur eine Pause eingelegt oder - wie unter Finanzexperten oft gemunkelt wird - stimmen die Zahlen ohnehin nicht und das Reich der Mitte bunkert mehrere Tausend Tonnen Gold inoffiziell in separaten Einrichtungen wie der „State Administration for Foreign Exchange“ (SAFE).
China verfolgt definitiv einen langfristigen Plan der Umschichtung seiner Reserven an US-Staatsanleihen in Gold und andere Währungen. Mit einem offiziellen staatlichen Goldschatz von 2264 Tonnen liegt China deutlich hinter den USA (8133 Tonnen). Gold macht nur knapp 5 Prozent der gesamten chinesischen Währungsreserven von umgerechnet 3,22 Billionen Dollar aus – ein sehr niedriger Wert im Vergleich der großen Wirtschaftsnationen und des globalen Durchschnitts von 16 Prozent. „Angesichts dieser Basis und des sehr großen Umfangs der Devisenreserven glauben wir, dass die PBOC jahrzehntelang Gold in größeren Mengen kaufen wird“, meint Nitesh Shah, Rohstoffstratege bei WisdomTree.
5.) Nachfrage durch KI-Chips könnte zum X-Faktor werden
Gold wird industriell nachgefragt, wenn auch in viel geringerem Maße als das Schwestermetall Silber. Der Tech- und Elektronik-Sektor verbrauchte im zweiten Quartal 11,3 Prozent mehr Gold als im Vorjahresquartal. Hintergrund ist der Boom um Künstliche Intelligenz. In neuen Hochleistungschips und bei der Aufwertung bestehender Halbleiter kommt vermehrt Gold zum Einsatz. Das gelbe Edelmetall hat eine exzellente Leitfähigkeit und ist weniger anfällig gegenüber Oxidation als etwa Silber und Kupfer. Mengenmäßig macht das noch nicht allzu viel aus, zumal der Industriebedarf weniger als zehn Prozent des gesamten Goldnachfrage ausmacht. Aber wenn es mit den Investitionen in KI-Technologie und damit dem Bedarf an KI-Chips so weiter geht wie zuletzt, kann dies durchaus zu einem stützenden Faktor für den Goldpreis werden.
Fazit: Jetzt Gold kaufen, verkaufen oder halten?
Bekanntermaßen haben sich deutsche Privatanleger in letzter Zeit von großen Mengen ihrer Goldbestände getrennt und unter anderem in Zinsgelder umgeschichtet. War das die richtige Entscheidung? Viele von Ihnen haben jedenfalls einen schönen Kursanstieg versäumt.
Der Goldpreis verläuft stets in längeren Zyklen, das muss Goldinvestoren bewusst sein. Ein Blick auf die historischen Bandbreiten ist also wichtig. Das beliebteste Edelmetall steckte fast vier Jahre in einer Zone zwischen grob 1.700 und 2.000 Dollar fest. Nun konnte sich Gold acht Monate lang über der wichtigen Marke von 2.000 Dollar behaupten und seit April scheint sich 2.300 Dollar als Untergrenze etabliert zu haben. Die nächste logische Zielzone ist 2.500 bis 3.000 Dollar. Es ist auch denkbar, dass der Goldpreis auf dem aktuellen Niveau stagniert oder sogar wieder Richtung 2.200 bis 2.000 Dollar fällt. Ein noch viel stärkerer Einbruch ist im gegenwärtigen geld- und geopolitischen Umfeld ziemlich unwahrscheinlich.
Das Chance-Risiko-Verhältnis für einen Goldkauf ist aktuell passabel, aber trotz der oben erklärten Faktoren nicht berauschend. Idealerweise hat man schon vorher gekauft und kann mit dicken Kursgewinnen entspannt die Marktentwicklung beobachten. Wir raten Anlegern zum Halten und empfehlen, etwaige Sparpläne weiterlaufen zu lassen. Diejenigen, die noch überhaupt kein Gold besitzen, sollten vorsichtig erste Positionen aufzubauen, aber auf keinen Fall alles darauf setzen.
Teil-Gewinnmitnahmen können Sinn machen, sofern man das Geld braucht oder eine attraktive Investitionsalternative vorliegt. Nach einem Jahr Haltedauer sind Gewinne beim Goldverkauf steuerfrei – das gilt nicht nur für physisches Gold, sondern auch für Gold-ETCs und Gold-ETFs. Ein Abbau der Goldposition um beispielsweise 20 bis 25 Prozent ließe immer noch viel Spielraum für weitere Kursgewinne.