Politik

Krawalle in England: Rechte Randale in britischen Städten nach Bluttat

Lesezeit: 2 min
04.08.2024 13:33  Aktualisiert: 04.08.2024 13:33
Falschnachrichten zur Identität des Täters einer Messerattacke schüren antimuslimische Krawalle. Geschäfte und Autos brennen aus, Polizisten werden verletzt. Ein Ende ist nicht in Sicht. Auch die Insel hat ein Probleme mit Rechtsextremen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Mit antimuslimischen Krawallen haben Ultranationalisten in mehreren britischen Städten schwere Schäden angerichtet und Polizisten verletzt. Landesweit wurden nach Polizeiangaben mehr als 90 Menschen festgenommen. Die Behörden rüsten sich für weitere Ausschreitungen.

Der neue Premierminister Keir Starmer stellte sich hinter die Beamten. Die Einsatzkräfte hätten seine volle Unterstützung, um gegen Extremisten vorzugehen, die Polizisten attackieren und versuchten, Hass zu schüren. Das teilte sein Sprecher nach einem Treffen mit mehreren Kabinettsmitgliedern mit. Die Ausschreitungen gelten als erste Prüfung für den sozialdemokratischen Regierungschef, der seit einem Monat im Amt ist.

Die antimuslimischen Krawalle dauern bereits seit Tagen an. Ursache sind vor allem Falschmeldungen in sozialen Medien über die Identität eines Messerangreifers, der am Montag in der nordwestenglischen Stadt Southport drei Mädchen erstochen und mehrere Kinder sowie zwei Erwachsene teilweise lebensgefährlich verletzt hatte. Das Motiv ist unklar.

Die Polizei betont, der 17 Jahre alte Tatverdächtige sei in Großbritannien geboren worden. Seine Eltern stammen aus Ruanda. Auch der rechtspopulistische Abgeordnete Nigel Farage, der einst den Brexit maßgeblich vorangetrieben hatte, spekulierte, ob die Behörden die Wahrheit verschwiegen. Kritiker werfen ihm vor, die Randale damit anzuheizen.

Gezielte Angriffe auf Geschäfte von Muslimen

Polizei-Staatssekretärin Diana Johnson sagte dem Sender BBC Radio 4, einige Menschen hätten Angst, wegen ihrer Hautfarbe auf die Straße zu gehen. In der nordirischen Hauptstadt Belfast brannten etwa ein Café und ein Supermarkt aus, die von Muslimen betrieben werden. Mehrere Autos wurden angezündet.

In Liverpool gab es nach Angaben der Polizei Brandschäden an einer Gemeindebibliothek, die als Hilfsstelle für ärmere Menschen dient. Randalierer versuchten, die Löscharbeiten zu verhindern, wie die Merseyside Police mitteilte. In mehreren Städten wurden Geschäfte geplündert.

Die Polizeivereinigung warnte vor Personalengpässen bei Alltagskriminalität. Beamte müssten abgezogen werden, um die Randalierer im Griff zu haben, sagte die Chefin der Police Federation of England and Wales, Tiffany Lynch, der BBC. Staatssekretärin Johnson betonte hingegen, die Polizei verfüge über ausreichend Ressourcen und kündigte weitere Festnahmen an.

Im nordwestenglischen Blackpool schlugen sich nach Angaben der Polizei Ultranationalisten und Gegendemonstranten. Festnahmen gab es auch in den nahe gelegenen Städten Preston und Blackburn sowie im westenglischen Bristol, im mittelenglischen Stoke-on-Trent und in Kingston upon Hull in Nordostengland, wie die Polizei mitteilte.

Zu den Protesten - oft nahe einer Moschee oder einem muslimischen Gemeindezentrum - aufgerufen hatte der bekannte Rechtsradikale und Gründer der English Defence League, Stephen Yaxley-Lennon, der unter dem Namen Tommy Robinson bekannt ist. Er floh vor einer Woche aus dem Land, nachdem er in einem Fall wegen Verleumdung nicht zu einem Gerichtstermin erschienen war. Die Polizei warnte vor Falschnachrichten, mit denen in Chatgruppen für die Teilnahme an den Protesten geworben werde. Die Behörde wies Berichte in sozialen Medien zurück, dass zwei Teilnehmer eines antimuslimischen Marsches in Stoke-on-Trent niedergestochen worden seien. Zwei Männer seien leicht verletzt worden, als sie von stumpfen Gegenständen getroffen worden seien.

Randale dauern seit Tagen an

Bereits an den vergangenen Tagen war es zu rechtsextremen Protesten gekommen. Gefordert wird auch, die Regierung müsse die Einreise von Migranten nach Großbritannien beenden. Nach Randale im Londoner Regierungsviertel am Mittwochabend wurden mehr als 110 Menschen festgenommen. Im nordostenglischen Hartlepool nahm die Polizei einen 11- und einen 14-Jährigen nach schwerer Krawalle am selben Tag in Gewahrsam. Am Freitagabend griff ein Mob in der Stadt Sunderland in Nordostengland Polizisten an, setzte ein Auto in Brand und attackierte Geschäfte.

Innenministerin Yvette Cooper sagte, Gesetzesbrecher würden einen hohen Preis zahlen. "Gewalttätigkeit hat keinen Platz auf unseren Straßen", sagte Cooper. Ihr konservativer Vorgänger James Cleverly forderte ein härteres Durchgreifen. Die Labour-Regierung müsse mehr tun, um die Gewalt der "Schläger" zu stoppen, forderte Cleverly, der Nachfolger von Rishi Sunak als Chef der Konservativen Partei werden will.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz von HH2E: Rückschlag für Habecks Energiewende - Wasserstoffprojekte in Sachsen in Gefahr
22.11.2024

Der Wasserstoff-Spezialist HH2E hat Insolvenz angemeldet, die Finanzierung durch ein britisches Private-Equity-Unternehmen ist gestoppt....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Aktien sind heiß gelaufen: Warum immer mehr Analysten den europäischen Aktienmarkt in den Blick nehmen
22.11.2024

Vermögensverwalter Flossbach von Storch sieht zunehmend Risiken für US-Aktien. Nach der jüngsten Rekordjagd an den US-Börsen verlieren...

DWN
Politik
Politik SPD-Kanzlerkandidat steht fest: Pistorius zieht zurück und ebnet Weg für Scholz
21.11.2024

Nach intensiven Diskussionen innerhalb der SPD hat Verteidigungsminister Boris Pistorius Olaf Scholz den Weg für die erneute...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch kurz vor 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag hat die wichtigste Kryptowährung direkt nachgelegt. Seit dem Sieg von Donald...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Konjunkturflaute, Handelskonflikte, leere Büroimmobilien - Banken stehen vor akuten Herausforderungen
21.11.2024

Eigentlich stehen Deutschlands Finanzinstitute in Summe noch ganz gut da – so das Fazit der Bundesbank. Doch der Blick nach vorn ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...