Unternehmen

Maschinenbauer Kolbus: Deutscher Marktführer nach 250 Jahren insolvent

Krise beim Weltmarktführer: Der traditionsreiche deutsche Maschinenbauer Kolbus hat in den Betriebsferien Insolvenz angemeldet, 550 Jobs stehen auf dem Spiel. Die Mitarbeiter erhalten in den nächsten drei Monaten Insolvenzgeld, die Zukunft des Unternehmens ist ungewiss.
14.08.2024 07:53
Aktualisiert: 14.08.2024 08:00
Lesezeit: 2 min

Ein weiterer Maschinenbauer und Weltmarktführer meldet Insolvenz an: der deutsche Traditions-Hersteller Kolbus mit Sitz im ostwestfälischen Rahden. Die Zukunft der 550 Mitarbeiter ist bislang ungewiss. Das Verfahren soll in Eigenverwaltung abgewickelt werden – dadurch bleibt die Geschäftsführung weiterhin im Amt. Das Verfahren wurde bereits im Juli beim Amtsgericht Bielefeld angemeldet, wie das Westfalen-Blatt berichtet.

Kolbus gilt als weltweiter Marktführer für Buchbindereimaschinen

KOLBUS GmbH & Co. KG, ein Traditionsunternehmen für Sondermaschinenbau, dessen Anfänge im Jahr 1775 in einer kleinen Dorfschmiede liegen, hat sich im Laufe der Jahrhunderte einen Namen gemacht. Die Spezialisierung auf Buchbindereimaschinen führte das Unternehmen an die Spitze der Branche, bis hin zum Status eines Weltmarktführers. Noch im Jahr 2020 konnte Kolbus einen Umsatz von rund 60 Millionen Euro verzeichnen.

Rechtsanwalt Stefan Meyer von der Kanzlei Pluta wurde als Sachverwalter bestellt, während Rechtsanwalt Maximilian Michelsen zum Generalbevollmächtigten ernannt wurde. Gründe für die Eröffnung des Verfahrens wurden bislang nicht öffentlich gemacht.

Insolvenz soll Erhalt der Arbeitsplätze dienen

Das Westfalen-Blatt zitiert aus einem Schreiben des Geschäftsführers Wilfried Kröger an die „lieben Mitarbeitenden“. Kröger schreibt, man habe diesen Weg gewählt, um „die verbesserten Sanierungs- und Restrukturierungsmöglichkeiten des Verfahrens zu nutzen“. Weiter schreibt er laut dem Bericht: „Die Verfahrensart der Eigenverwaltung ist auf den Erhalt des Unternehmens und der Arbeitsplätze ausgerichtet.“

In den nächsten drei Monaten werden die 450 Mitarbeiter des Unternehmens sowie 100 Angestellte der Kolbus-Ausbildungs-GmbH Insolvenzgeld von der Arbeitsagentur erhalten. Anschließend sollen die Löhne und Gehälter wieder aus eigenen Mitteln des Unternehmens gezahlt werden. Die meisten Mitarbeiter befinden sich derzeit im Urlaub aufgrund der Betriebsferien.

Es soll nach dem Ende der Betriebsferien zunächst zwei freiwillige Termine geben und dann eine Betriebsversammlung, um Fragen der Mitarbeiter zu klären.

„Alles daransetzen, damit Unternehmen erhalten wird.“

Die Sanierungschancen von Kolbus stehen derweil offenbar gut. „Das Unternehmen hat eine lange Tradition und Strahlkraft in der Region und ist ein wichtiger Arbeitgeber“, sagte Fachanwalt Meyer laut Pressemitteilung. „Das soll allen Beteiligten Antrieb genug sein, gute Sanierungslösungen zu finden.“ Er werde „gemeinsam mit meinem Team jedenfalls alles daransetzen, damit das Unternehmen und seine Arbeitsplätze erhalten werden können“, so Meyer weiter.

Kolbus: „Wir sind mehr als unsere Vergangenheit.“

Dass ein Unternehmen auf eine fast 250-jährige Geschichte zurückblicken kann, ist selten. Seit 1775 schaffte es das Rahdener Familienunternehmen Kolbus nicht nur, sich an Veränderungen anzupassen, sondern den Wandel aktiv mitzugestalten: der Schritt von der Schmiede zur Gießerei 1877, die Entwicklung der Buchbindemaschine „Rupert“ dreizehn Jahre später, der Wiederaufbau des Werkes 1947, die weltweite Expansion ab 1987 und der Verkauf der Sparte Klebebinder- und Buchlinien 2018.

Zuletzt konzentrierte sich das Unternehmen auf den Sondermaschinenbau für die Packmittelproduktion, Buchdeckenmaschinen und Rotationstanzen, und das Geschäftsfeld für Guss und Lohnfertigung. KOLBUS entwickelt, produziert und vertreibt Maschinen für die Wellpappenindustrie zur Produktion von Verpackungen und Displays und Boxmaker-Automaten für maßgefertigte Verpackungen in kleinen und mittleren Losgrößen.

Mit dem Leitsatz „Wir sind mehr als unsere Vergangenheit.“ richtete Kolbus immer den Blick in die Zukunft und in die Fortführung des Unternehmens, was die erfolgreichen Auszubildenden beweisen: Die Prüflinge des Unternehmens glänzten bei der diesjährigen IHK-Sommer-Abschlussprüfung mit hervorragenden Prüfungsergebnissen. Die elf Prüfungsteilnehmerinnen und -teilnehmer schnitten nicht nur in den praktischen Prüfungsteilen, sondern auch in der Theorie mit den IHK-Gesamtnoten „sehr gut“ und „gut“ ab.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Mirell Bellmann

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Strompreise: Deutschland hat die fünfthöchsten der Welt
26.06.2025

Strom in Deutschland ist immer noch sehr teuer. Mit durchschnittlich 38 Cent pro Kilowattstunde rangieren die deutschen Strompreise...

DWN
Finanzen
Finanzen Depotübertrag: Wie Sie Ihr Wertpapierdepot wechseln - und dabei bares Geld sparen
25.06.2025

Ein Depotübertrag kann für Sie als Anleger zahlreiche Vorteile bieten, von geringeren Gebühren bis hin zu attraktiven Prämien für...

DWN
Immobilien
Immobilien Zwangsversteigerung von Immobilien: Wie Sie mit Zwangsversteigerungen Schnäppchen machen können
25.06.2025

Es gibt verschiedene Gründe für die Zwangsversteigerung von Immobilien vor den örtlichen Amtsgerichten. In Krisenzeiten kommt es...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ukraine: Wie der Krieg die Spielregeln der Kommunikation neu schreibt
25.06.2025

Der Ukraine-Krieg macht PR zur Überlebensfrage: Firmen müssen Haltung zeigen, Helden inszenieren und russische Propaganda abwehren –...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Industriestrompreis kommt: EU-Kommission für Subventionen bei Investitionen in grüne Technologien
25.06.2025

Brüssel öffnet das Tor für einen Industriestrompreis – aber nicht ohne Gegenleistung. Unternehmen dürfen auf staatliche Hilfe hoffen,...

DWN
Politik
Politik Energiepreise: Doch keine Senkung der Stromsteuer - Handwerksverband übt scharfe Kritik
25.06.2025

Die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag angekündigt, die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß zu senken. In dem...

DWN
Politik
Politik Iran-Schlag ein Desaster? Trump feiert, Geheimdienste widersprechen
25.06.2025

Trump feiert die Zerstörung der iranischen Atomanlagen – doch Geheimdienste zweifeln am Erfolg. Interne Leaks bringen das Weiße Haus in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutsche Bahn: Generalsanierung soll vier Jahre länger dauern
25.06.2025

Die geplante Sanierung Dutzender wichtiger Bahnstrecken soll nach den Vorstellungen der Deutschen Bahn bis 2035 und damit vier Jahre...