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Insolvenzrisiko als Investor und Unternehmer erkennen und vermeiden

In den Jahren 2023 und 2024 meldeten mehrere bekannte deutsche Unternehmen Insolvenz an. Dazu zählen bekannte Namen wie der Reiseveranstalter FTI, die Deko-Kette Depot sowie der Modekonzern Esprit. Diese Beispiele verdeutlichen die wachsenden wirtschaftlichen Herausforderungen. Sie unterstreichen zugleich die Bedeutung für Anleger und Unternehmer Insolvenzrisiken früh zu erkennen und zu vermeiden.
02.08.2024 15:41
Lesezeit: 4 min
Insolvenzrisiko als Investor und Unternehmer erkennen und vermeiden
Frühe Warnsignale für eine drohende Insolvenz sind oft leicht zu übersehen. (Foto: iStock.com, Ralf Geithe) Foto: Ralf Geithe

Im Jahr 2023 stieg die Zahl der Insolvenzen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 22 Prozent. Im ersten Halbjahr 2024 gerieten sogar fast 30 Prozent mehr Firmen in Schieflage als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Dies markiert einen Wendepunkt nach Jahren rückläufiger Insolvenzzahlen, die seit der Finanzkrise 2009 bis 2020 kontinuierlich gesunken waren.

Mehrere Faktoren tragen zu diesem Anstieg bei:

  • Nachwirkungen der Pandemie: Viele Unternehmen litten unter eingeschränkter Geschäftstätigkeit und unterbrochenen Lieferketten durch Covid-19. Zudem führt das gelockerte Insolvenzrecht während der Corona-Pandemie und der Energiekrise nun zu einem Aufholeffekt bei den Insolvenzen.
  • Höhere Herstellungskosten: Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen geopolitischen Spannungen haben die Energiepreise besonders im Jahr 2022 deutlich in die Höhe getrieben. Die höhere Inflation führt außerdem zu steigenden Löhnen. Dies stellt Unternehmen, die nur über einen geringen Spielraum bei der eigenen Preisgestaltung verfügen, vor erhebliche Probleme.
  • Gestiegene Zinsen: Die Zentralbanken weltweit haben die Zinsen angehoben, um die Inflation zu bekämpfen. Dadurch sind die Finanzierungskosten für Unternehmen gestiegen und die Schuldenlast hat sich erhöht.

Anleger können dem Insolvenzrisiko durch die Auswahl geeigneter Unternehmen recht leicht begegnen. Unternehmer müssen dagegen aktiv Maßnahmen ergreifen, um dem gestiegenen Insolvenzrisiko zu begegnen.

Frühe Anzeichen für eine Insolvenz erkennen

Frühe Warnsignale für eine drohende Insolvenz sind oft leicht zu übersehen. Wenn das Unternehmen nicht mehr wächst oder der Umsatz sogar sinkt und Marktanteile verloren gehen, sollten Unternehmer diese Warnsignale ernst nehmen. Das kann bedeuten, dass es Probleme mit der Strategie oder den Produkten gibt.

Wenn dann noch wichtige Kunden oder Märkte wegbrechen oder die Gewinnmargen sinken, verschärft sich die Krise. Spätestens dann müssen Unternehmer entschlossen gegensteuern. Wenn ein Unternehmen aufgrund fehlender Liquidität Probleme hat, Lieferanten, Krankenkassenbeiträge oder Steuern zu bezahlen, ist es meist schon zu spät und professionelle Hilfe zur Bewältigung der Probleme notwendig.

Auf diese Kennzahlen kommt es an

Die folgenden Kennzahlen sind geeignet um die grundsätzliche finanzielle Stabilität eines Unternehmens zu bewerten:

  1. Eigenkapitalquote: Sie misst das Verhältnis von Eigenkapital zur Bilanzsumme. Eine niedrige Quote zeigt eine hohe Abhängigkeit von Fremdkapital. Dadurch steigt das Insolvenzrisiko, da das Unternehmen weniger Puffer für Verluste hat. Eine hohe Eigenkapitalquote signalisiert eine solide Finanzierung und verbesserte Handlungsfähigkeit.
  2. Freie Cashflow-Marge: Diese Kennzahl berechnet sich aus dem operativen Cashflow abzüglich der Investitionsausgaben, geteilt durch den Umsatz. Sie zeigt, ob der operative Cashflow ausreicht, um betriebsnotwendige Investitionen zu decken. Eine niedrige Marge über längere Zeit ist ein Warnsignal. Eine stabile oder wachsende Marge weist auf finanzielle Gesundheit und die Fähigkeit zu Ausschüttungen an die Eigentümer hin.
  3. Zinsdeckungsgrad: Dieser gibt das Verhältnis von EBIT zu Zinsaufwand an. Ein Wert unter 100 Prozent ist kritisch, da er zeigt, dass der Gewinn vor Zinsen und Steuern nicht ausreicht, um die Zinskosten zu decken. Ein hoher Zinsdeckungsgrad signalisiert finanzielle Stabilität und die Fähigkeit, auch bei sinkenden Gewinnen Zinszahlungen zu leisten.
  4. Liquiditätskennzahlen: Der Liquiditätsgrad 1 (Cash Ratio) misst das Verhältnis von flüssigen Mitteln zu kurzfristigen Verbindlichkeiten und sollte idealerweise bei 20 bis 50 Prozent liegen. Der Liquiditätsgrad 2 (Quick Ratio) berücksichtigt zusätzlich kurzfristige Forderungen und wird als gut angesehen, wenn er über 100 liegt. Die Kennzahl gibt Auskunft über die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens.

Wie Unternehmer dem Insolvenzrisiko frühzeitig begegnen

In einer sich ständig verändernden Geschäftswelt müssen Unternehmen flexibel und anpassungsfähig sein, um erfolgreich zu bleiben. Das bedeutet, auf Marktveränderungen, politische Entwicklungen und technologischen Fortschritt zu reagieren. Daher ist es wichtig, dass Unternehmer diese Risiken und Chancen frühzeitig erkennen. Noch besser ist es jedoch, wenn es Unternehmern gelingt, den Wandel proaktiv zu gestalten und neue Marktchancen zu nutzen.

Dazu kann es sinnvoll sein, das Geschäft durch die Erschließung neuer Märkte und Produkte zu diversifizieren. Dadurch kann das Risiko gestreut und die Abhängigkeit von einzelnen Märkten verringert werden. Allerdings ist im Einzelfall abzuwägen, ob eine Fokussierung auf das Kerngeschäft für das jeweilige Geschäftsmodell nicht die bessere Strategie darstellt. Darüber hinaus sollten Unternehmen in Innovation und Digitalisierung investieren, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen.

Die Umsetzung dieser Strategien erfordert häufig einen Wandel der Unternehmenskultur hin zu mehr Agilität und Innovationsbereitschaft. Dies kann durch flachere Hierarchien, funktionsübergreifende Teams und die Förderung des Unternehmertums in der Belegschaft erreicht werden. Darüber hinaus spielt das Personalmanagement eine entscheidende Rolle: Kontinuierliche Weiterbildung und die Einstellung von Mitarbeitern mit vielseitigen Fähigkeiten können die organisatorische Flexibilität erhöhen. Nicht zuletzt ist eine robuste IT-Infrastruktur wichtig, die schnelle Datenanalysen und flexible Anpassungen von Geschäftsprozessen ermöglicht.

Abhängigkeit von Fremdkapitalgebern reduzieren

Ein Unternehmen sollte nicht von einem einzigen Kreditgeber abhängig sein. Eine breitere Finanzierung senkt das Risiko einer Insolvenz. Unternehmen sollten dabei auf Folgendes achten:

  • Eigenkapital erhöhen: Unternehmen können dies durch Zurückbehalten von Gewinnen oder durch Kapitalerhöhungen erreichen. Mehr Eigenkapital verringert die Abhängigkeit von Dritten und macht das Unternehmen flexibler.
  • Finanzierungsquellen diversifizieren: Neben Bankkrediten können auch andere Finanzierungsformen wie Anleihen, Crowdfunding oder öffentliche Fördermittel genutzt werden. Durch die Nutzung verschiedener Quellen erhöhen Unternehmer die Sicherheit ihrer Finanzierung.
  • Kosten und Investitionen effizient managen: Durch die Senkung von Betriebskosten und gezielte Investitionen wird die Abhängigkeit von externer Finanzierung reduziert. Weniger Ausgaben verbessern die Liquidität und reduzieren die Notwendigkeit zur Finanzierung.

Fazit und Ausblick

In Deutschland gibt es immer mehr Insolvenzen. Das ist eine Bedrohung für Investoren und Unternehmen. Es ist wichtig, dass diese Gruppe die Ursachen versteht und Risikofaktoren frühzeitig erkennt, um richtige Entscheidungen zu treffen. Investoren haben es deutlich leichter als Unternehmer, dem Insolvenzrisiko zu begegnen. Es gibt eine große Auswahl von börsennotierten Unternehmen und geeignete Kennzahlen um Unternehmen mit geringen Risiko auszuwählen.

Unternehmer müssen dagegen ihre Firma so aufstellen, dass sie weniger von Fremdkapital abhängig ist, besser mit ihren Kosten umgehen können und sich schnell an neue Bedingungen anpassen.

 

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