Immobilien

Energiewende-Förderprogramm eingekürzt: Darauf muss man sich einstellen

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bestätigt: Die Fördermittel des Energieberaterprogramms kommen unter die Axt. Und das ist nur eines der Programme zur Unterstützung der Energiewende, das dem Haushalt zum Opfer fällt. Aktuelle Perspektiven auf Energiewende-Förderprogramme und die Konsequenzen für Immobilienbesitzer und -Sanierer.
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29.08.2024 15:50
Aktualisiert: 29.08.2024 16:02
Lesezeit: 4 min
Energiewende-Förderprogramm eingekürzt: Darauf muss man sich einstellen
Insgesamt sind 507 Millionen Euro an Fördermitteln veranschlagt, um alte Heizungsanlagen zu ersetzen und zu erneuern. (Foto: iStock.com, Lightspruch) Foto: Lightspruch

Förderungen der KfW

Bereits Anfang des Jahres stand die neue Heizungsförderung in den Startlöchern. In den ersten 100 Tagen hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bereits um die 34.000 Anträge bewilligt. Insgesamt sind 507 Millionen Euro an Fördermitteln veranschlagt, um alte Heizungsanlagen zu ersetzen und zu erneuern. Katharina Herrmann, die als Vorstand für inländische Fördergeschäfte zuständig ist, sieht die Förderung rund um Heizen und Energie als einen „wichtigen Baustein“ zum Gelingen der Energiewende. Die Grundförderung beträgt 30 % der förderfähigen Gesamtkosten. Bei einem Einfamilienhaus, so die Rechnung, würden die Gesamtkosten für die Heizungserneuerung höchstens 30.000 EUR betragen; auf 9000 EUR Förderung könne man sich also von vornherein verlassen. Maximal können bis zu 70 % der Gesamtkosten gefördert werden. Aktuell beträgt die durchschnittliche Fördersumme 15.000 EUR.

Im Herbst geht es weiter: Ab September 2024 bietet die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) weitere Förderprogramme rund um die Heizung. Diese verspricht bis zu 70 % Bezuschussung von förderfähigen Kosten. Zum aktuellen Zeitpunkt nimmt der KfW 30.000 EUR als Förderkosten ins Auge. Zu den förderfähigen Kosten gehören unter anderem der Kauf und die Installation von Solarthermieanlagen, Biomasseheizungen, elektrisch betriebenen Wärmepumpen und Brennstoffzellenheizungen. Die Förderung wendet sich vor allem an Privatpersonen, die Eigentümer von bestehenden Einfamilienhäusern in Deutschland sind. Auch Eigentümer von Mehrfamilienhäusern mit mehr als einer Partei und Wohnungseigentümergemeinschaften haben Anspruch auf die Förderung. Für die Bewerbung benötigt der Immobilienbesitzer die Bestätigung eines Energieeffizienzexperten; eine Qualifikation, die viele zugelassene Handwerksbetriebe innehaben. Die Förderungen können bei Einfamilienhäusern ab Ende September, bei Mehrfamilienhäusern und Wohnungseigentümergemeinschaften ab November 2024 in Anspruch genommen werden.

Engpässe bei der Förderung?

Das Jahr beginnt scheinbar positiv mit Meldungen rund um die Energiewende-Förderprogramme. Mit dieser Nachricht hat also niemand gerechnet: In einer Meldung vom Bundeswirtschaftsministerium vom 05. August wird angekündigt, dass das Förderprogramm für Energieberatungen eingekürzt werden soll – und das schon zwei Tage später. Statt der zuvor zugesicherten 80 % Förderung, die man für eine Experten-Beratung, zum Beispiel bei der Sanierung der Immobilie, könne man zukünftig nur noch 50 % geltend machen. Als Grund wird die „haushaltspolitische Gesamtlage“ genannt.

Wer in den letzten Monaten die Nachrichten verfolgt hat, hat den Begriff “Bundeshaushalt” zig Male gehört. Nach Angaben des Finanzministers Christian Lindner (FDP) fehlen in der Kasse rund 17 Milliarden Euro. Die Konsequenz: Zahlreiche Kürzungen im Haushalt, um das Geld wieder reinzuholen. Dazu gehört unter anderem auch die kontroverse Anpassung des Elterngeld-Gesetzes, die im April 2024 in Kraft getreten ist. Es war nur eine Frage der Zeit, bis auch Förderungen rund um Energie unter das Messer kommen. Mit dem neuen Haushalt sollen auch Mittel zur Förderung von Energieeffizienz und Wärmepumpen eingekürzt werden.

Diese Aussage verunsichert nicht nur die Bürger, sondern auch die Branche. Konrad Nickel ist Landesvorsitzender des Berufsverbands GIH für Energieberatende in Sachsen. Auf der einen Seite geht es der Branche sehr gut: 2023 ist die Mitgliederanzahl von 25 auf 126 % gestiegen. Mit den aktuellen Herausforderungen rund um Energie ist der Beruf eines Energieberaters wichtiger denn je. Doch das Hin und Her rund um Förderungsentscheide besorgt viele in der Branche, vor allem aufgrund kurzfristiger Ansagen wie dieser. Nickel hat schon zahlreiche unterschriebene Kostenvoranschläge auf seinem Schreibtisch liegen. Wie er die Förderreduzierung nun erklären soll, bereitet ihm Bauchschmerzen.

Die Beratung ist der erste Schritt hin zur Sanierung und ein Hemmschwellenschritt bei der Energiewende. Laut Bundeswirtschaftsministerium gab es alleine bis Juli 2024 schon rund 80.000 Anträge für eine Energieberatung im Bereich Wohngebäude. Der Wille ist da; doch kurzfristige Entscheidungen rund um Förderungen wie diese könnten hart erkämpfte Fortschritte zerstören.

Aktuell liegen Sanierungsquoten bei etwa 0,7 %; will die Regierung das Ziel von 2 % schaffen, müsse man an die Situation mit mehr Fingerspitzengefühl rangehen.

Das Bundeswirtschaftsministerium betont, dass es bei staatlichen Förderungen im Gebäudebereich 2024 und 2025 keine Abstriche geben wird. Auch die Strompreiskompensation für energieintensive Firmen soll erhalten bleiben. Bei einem Blick in den Geldtopf – den sogenannten Klima- und Transformationsfonds – merkt man jedoch schnell: 2024 ist der Topf noch mit 16,7 Milliarden Euro gefüllt, 2025 sind es „nur“ noch 14,4 Milliarden. Dieser Topf ist explizit auch dazu da, Wärmepumpen zu fördern.

Ein Sprecher von Minister Robert Habeck (Grüne) sagt aus, dass es sich hierbei um reine Prognosen handle, die jedes Jahr neu geschätzt werden. Der energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Mark Helferich, sieht jedoch hier eine mögliche Wiederholung des Förderstopps von E-Autos. „Entweder ist die Ampel der Ansicht, dass die Menschen bei Heizungstausch und Wärmewende nicht mehr mitmachen. Oder es droht unterjährig ein Förderstopp, falls die Mittel nicht mehr reichen“, so der Sprecher gegenüber BILD. Klare Aussagen bezüglich eines Förderstopps gibt es zum aktuellen Zeitpunkt nicht.

Mehr Stabilität und Transparenz

Die offensichtliche Konsequenz aus dieser Situation ist, dass sich aufgrund der niedrigeren Förderung nun weniger Menschen den Energieberater leisten können. In Zeiten der Krise ist Sanieren ein Vorhaben, dass viele Immobilienbesitzer an ihre Grenzen bringt, wenn es überhaupt auf der Liste der Notwendigkeiten steht. Zum aktuellen Zeitpunkt besteht noch kein Zwang zum Austausch der Öl-, Kohle- oder Gasheizung. Doch wer schnell bei der einer klimafreundlichen Alternative zugreift, bekommt Fördermittel und kann sich in baldiger Zukunft denkbare Kosten rund um die Sanierung sparen. Es ist also im Interesse sowohl der Regierung als auch der immobilienbesitzenden Bürgern, die Thematik jetzt beim Schopfe zu ergreifen. Doch Kommunikation wie diese macht junge Pferde scheu.

Der Konsens zwischen Bürgern und Branchen ist: Es braucht transparente, zeitlich planbare Kommunikation rund um Förderungen und Maßnahmen zur Energiewende. Kurzfristige Kürzungen und Streichmaßnahmen führen nur zu Unmut und Verunsicherung, was nicht nur die Gesamtstimmung zum Thema Energiewende verdunkelt, sondern Pläne rund um Sanierungsquote und Co. ins Stocken bringen.

Den Unmut sieht man auch in der Politik widergespiegelt: Die Einigung der Ampel und ihr Motto der „Sicherheit durch Zusammenhalt“ hat sich kaum einen Monat gehalten. Die Prüfung der Haushaltspläne für 2025 durch Finanzminister Christian Lindner (FDP) führt nun zum erneuten Streit mit der SPD und den Grünen. Grund sind die übriggebliebene 4,9 Milliarden im Fördertopf der KfW, die der Gaspreisbremse dienen sollten, sowie die Frage Darlehen versus Zuschüsse an die Autobahngesellschaft. Den Streit soll nun Kanzler Olaf Scholz (SPD) beilegen.

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