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Ende einer Ära: Volkswagen verabschiedet sich vom Bulli - Ford baut den Transporter

Lesezeit: 3 min
16.09.2024 18:28
Aus und vorbei! Für die einen soll es wohl das Zeichen sein, dass Volkswagen mit allen Mitteln aus der Krise kommen will und sich deshalb derzeit mit aller Macht neu erfindet. Für andere wirkt es so, als würde bei VW alles über Bord geschmissen und dem Gewinn geopfert - die Belegschaft, die traditionellen Werksstandorte in Deutschland und nun auch das, was den Autobauer einst ausgemacht hat: der Kult von Volkswagen, der einst Synonym für das Wirtschaftswunder geworden war. Der Käfer wurde schon vor langer Zeit aussortiert, nun wird der Bulli von Ford in der Türkei gebaut.
Ende einer Ära: Volkswagen verabschiedet sich vom Bulli - Ford baut den Transporter
Kein Bulli mehr, eher ein Ford: Der neue Transporter steht am Stand von Volkswagen Nutzfahrzeuge auf der IAA in Hannover. (Foto: dpa)
Foto: Julian Stratenschulte

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Größer, stärker, moderner soll er sein. Vor allem soll der beliebte Bulli in Zukunft nicht mehr wie die vertraute Nummerierung der Modellreihen (von 1 bis 6.1) tragen, sondern nur noch „New Transporter“ heißen. Man könnte wohl mit Fug und Recht sagen: Der Volkswagen AG ist nichts mehr heilig. Alte Zöpfe werden leichtfertig abgeschnitten.

Dass Generationen noch immer dem beliebten Käfer nachweinen, wurde bereits als unwirtschaftliche Nostalgie abgetan. Nun wird der weltweite Kult um den seit 1950 in sechs Generationen gebauten VW-Bus aufgegeben. Mit dem Surfbrett ans Meer und Wildcampen im Wald - alles vorbei. Der legendäre Bulli ist jetzt nur noch ein Kleinlaster wie der einst verspottete Ford-Transit, mit dem man bestenfalls die Balkan-Route befahren hätte, aber nie zum Strand.

Etikettenschwindel: Der VW-Bus entpuppt sich ab sofort als Ford-Tranit

Markenchef Carsten Intra hat am Vorabend des Starts der Nutzfahrzeugmesse IAA Transportation in Hannover die schon lange wabernden Gerüchte bestätigt, das bittere Geheimnis endlich gelüftet und den neuen VW-Transporter präsentiert - es wird in Zukunft ein Ford sein. Gebaut in der Türkei! Der damit einhergehende Imagewandel dürfte immens werden. Transporter gibt es viele am Markt - bei jedem Hersteller (von Stellantis bis zu Nissan und Toyota). Die Treue der Bulli-Kunden dürfte jetzt Geschichte sein.

Die Kooperation von Ford und VW geht schon auf das Jahr 2020 zurück, als die beiden Konzerne eine umfangreiche Kooperation bei leichten Nutzfahrzeugen vereinbarten haben. Mit dem VW-Pickup Amarok ging es bereits los. Der Transporter ist das zweite VW-Modell vom Partner am Bosporus. VW liefert den Amerikanern derweil den Ford Tourneo Connect zu, der zusammen mit dem kleineren Caddy, dem vor allem bei Handwerkern beliebten VW-Schwestermodell, im westpolnischen Werk der Stadt Posen (Poznan) vom Band läuft.

Die Frage ist nun, was aus dem Werk in Hannover wird, wo über Jahrzehnte der Bulli gefertigt wurde? Die Mitarbeiter dort müssen jetzt wohl um ihre Zukunft bangen. Der Standort mit 14.000 Beschäftigten könnte ganz unerwartet auf die Streichliste des Vorstands geraten. Wie vergangene Woche gemeldet, muss VW sparen und hält zwei Werke in Deutschland für entbehrlich, weil am Markt zuletzt gut und gerne 500.000 Fahrzeuge weniger als geplant abgesetzt wurden.

Das Modell 6.1 war bis zum Schluss ein Bestseller - beliebt als Camper

Der VW 6.1 gehörte wohl eher nicht dazu. Das Vorgängermodell, dessen Produktion bereits im Juni ausgelaufen ist, galt bisher als meistverkauften Modell unter den VW-Nutzfahrzeugen. Immer wieder wurde es auch von Manufakturen als Chassis für die Verwandlung und den Umbau zum Camper herangezogen - ein Effekt und ordentlich Sonderkonjunktur dürch die Corona-Krise.

Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN) verzeichnete zwar ein starkes erstes Halbjahr, rechnet nun aber mit spürbarem Gegenwind für den Rest des Jahres. „Wir sind uns bewusst, dass viele Märkte sich gerade abkühlen“, sagte Markenchef Carsten Intra auf der Nutzfahrzeugmesse IAA Transportation in Hannover. „Das zweite Halbjahr wird herausfordernd.“ In den ersten sechs Monaten hatte VWN bei Auslieferungen um 11,5 Prozent zugelegt. Der operative Gewinn stieg um 43 Prozent auf 641 Millionen Euro, bei einer Umsatzrendite von 7,9 Prozent. Getrieben wurde der Absatz tatsächlich vom T6.1, für den „ungewohnt viele Bestellungen eingegangen“ waren, wie es heißt. Beim Nachfolger sollen die Auslieferungen Ende des Jahres beginnen. Seit August gebe es bereits gut 10.000 Bestellungen, sagte Vertriebschef Lars Krause.

Traurig schaut indessen die Zukunft auf dem US-Markt aus. Ein Armutszeugnis, wenn man bedenkt, dass Volkswagen mit dem alten Bulli einst auch dort als Kultmarke gehrt waren. Bis zum VW-Bus-Modell 3, der in den USA als Vanagon vermarktet wurde. Danach schaffte es VW nicht mehr, eine Zulassung zu bekommen, wie Ingenieure einst auf der Los Angeles Autoshow verrieten. Die letzten Fahrzeuge der Reihe fielen zu leicht um und beim Sicherheitstest der US-Behörden durch. Die VW-Händler in Kalifornien waren fassungslos - das Image von VW in den USA hat sich nach diesem Fiasko nie recht erholt. Wenig später erschütterte Diesel-Gate den guten Ruf, seither geht es dort bergab mit der Marke.

 

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Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.


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