Wirtschaft

Wettlauf um Bodenschätze: Bundesregierung legt Rohstofffonds auf

Deutschland ist ein rohstoffarmes Land. Unternehmen sind deshalb auf Lieferungen aus dem Ausland angewiesen. Mit einem Rohstofffonds der staatlichen Förderbank KfW will die Bundesregierung die Versorgung nun breiter aufstellen und die Abhängigkeit der deutschen Industrie insbesondere von China reduzieren.
19.09.2024 14:00
Lesezeit: 3 min
Wettlauf um Bodenschätze: Bundesregierung legt Rohstofffonds auf
Sogenannte Bigbags lagern im Werk der Lithiumhydroxid-Raffinerie von AMG Critical Materials in Bitterfeld-Wolfen. AMG nimmt hier Europas erste Lithiumraffinerie in Betrieb. (Foto: dpa) Foto: Hendrik Schmidt

Die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben deutlich gemacht, wie verletzlich die Lieferketten sind. Wie das Wirtschaftsministerium mitteilte, hat die Bundesregierung zur Sicherung der Versorgung mit kritischen Rohstoffen die Schaffung eines Eigenkapitalinstruments beschlossen, den sogenannten Rohstofffonds. Dieser dient demnach zur Beteiligung an strategischen Rohstoffprojekten in den Bereichen Gewinnung, Weiterverarbeitung und Recycling. Die staatliche Förderbank KfW setze den Fonds technisch um. Die KfW arbeite derzeit mit Hochdruck daran. Details würden zeitnah vorgestellt. „Jetzt kann es endlich losgehen“, sagt Wirtschafts-Staatssekretärin Franziska Brantner.

Wettlauf um Bodenschätze

Für die Digitalisierung und die Elektrifizierung der Mobilität braucht die deutsche Industrie vor allem Kupfer, Lithium und Seltene Erden. „Die zukunftsfeste Aufstellung der Versorgung Deutschlands mit mineralischen Rohstoffen ist für die Sicherung des Wirtschaftsstandorts zentral“, hieß es zuletzt in einer Studie der KfW.

Nach Einschätzung von Experten ist Deutschland gerade auch im internationalen Wettbewerb beispielsweise mit China nicht gut aufgestellt. „Deutsche Unternehmen haben die Rohstoffbeschaffung lange Zeit dem Weltmarkt überlassen und in einer Phase expandierender Globalisierung auf die funktionierende globale Arbeitsteilung vertraut“, heißt es einem Kurzbericht des Instituts der Deutschen Wirtschaft. „Mit der Corona-Pandemie, Lieferkettenproblematiken und kriegerischen Auseinandersetzungen sowie dem sich immer deutlicher herausbildenden Systemkonflikt zwischen den USA und China, ist die globale reibungslose Vernetzung nicht mehr selbstverständlich.“

Deutschland zu abhängig von asiatischen Zulieferern

Der Geologe und Unternehmer Christian Möbius will den deutschen Unternehmen jetzt aus der Bredouille helfen. Der Deutsch-Argentinier hat sich für seine Firma Southern Cross Britannia im Nordwesten von Argentinien Bergbaulizenzen für eine Fläche von 130.000 Hektar gesichert. Im Gebiet „Hombre Muerto“ (Toter Mann) hofft er auf große Lithiumvorkommen. Erste geologische Studien legen nahe, dass in der Region auf über 4.000 Metern Höhe besonders konzentrierte Lithium-Reserven im Boden liegen. Sechs Probebohrungen in bis zu 700 Metern Tiefe sollen nun Klarheit schaffen.

„Ein Land wie Deutschland mit einer großen Industrie ist zu abhängig von ausländischen Zulieferern beispielsweise aus Asien“, sagt Möbius. „Gerade im Zeitalter von Internet, Künstlicher Intelligenz und Bitcoin-Mining brauchen wir Rohstoffe – diese Industrien werden große Treiber der Energie- und Kupfernachfrage sein.“

Zwar ist Lithium derzeit noch ausreichend verfügbar, allerdings dürfte die Nachfrage in den kommenden Jahren deutlich steigen. „Ein Großteil der Lithiumproduktion ist bereits über Lieferverträge an Abnehmer aus Asien gebunden“, sagt Möbius. „Es ist nur wenig auf dem freien Markt verfügbar.“ Der Unternehmer hegt Zweifel, ob der geplante Rohstofffonds der Bundesregierung die Abhängigkeit von ausländischen Firmen tatsächlich reduzieren kann. „Der Fonds würde sein Ziel verfehlen, wenn die Mittel vor allem in bereits weit fortgeschrittene Projekte fließen, denn die sind meist schon in den Händen von Kanadiern, Amerikaners, Australiern und Chinesen.“

EU und USA unterstützen Handelskorridor in Afrika

Auch in Afrika ist das Rennen auf die begehrten Bodenschätze längst eröffnet. Die EU und die USA unterstützen den Bau eines neuen Handelskorridors – von Sambias Kupfergürtel durch die rohstoffreiche Katanga-Region der Demokratischen Republik Kongo bis nach Angola mit seinen riesigen Ölreserven sowie Vorkommen an Chrom, Graphit, Lithium und Nickel.

Die USA haben für das knapp 2.000 Kilometer lange Bahnprojekt bereits Hunderte Millionen Dollar zugesagt, einige europäische Logistikunternehmen wie Trafigura, Moto-Engil und Vecturis sicherten sich schon Konzessionen. Die deutsche Firma Gauff GmbH hat einen Auftrag für den Bau eines 166 Kilometer langen Straßenabschnitts gewonnen, der zwischen den Städten Munhango und Luena parallel zum Eisenbahnkorridor verlaufen soll.

Gauff-Geschäftsführer Stefan Tavares Bollow beschreibt den Lobito-Korridor als „sehr strategische und nachhaltige Transportmöglichkeit zur Sicherung von Bodenschätzen“, die mit großer Wahrscheinlichkeit deutsche Direktinvestitionen anziehen werde. „Es geht um ein Rennen. Man muss sehen, dass man die afrikanischen Ressourcen im Inneren des Kontinents an die Seewege angeschlossen bekommt.“ Hier bestehe für Deutschland die Chance, einen eigenen Zugang zu Seltenen Erden für Schlüsseltechnologien zu bekommen, und sich damit weniger abhängig von China zu machen.

Der Lobito-Korridor könne Europa und den USA helfen, Chinas Vorsprung in Afrika wettzumachen, glaubt der angolanische Ökonom Benedito Mavo. „Wer bei dem Projekt vorne mitmischt, wird sich einen großen Teil des Mineralreichtums Afrikas sichern können“, sagt Mavo. Er glaubt, dass die Seestrecke von der angolanischen Hafenstadt Lobito nach Westeuropa und in die USA eine der weltweit wichtigsten Schifffahrtsrouten werden könnte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Arbeitsmarkt: Top-Berufe, die es vor 20 Jahren noch nicht gab
31.03.2025

Eine Studie von LinkedIn zeigt, wie Künstliche Intelligenz (KI) neue Jobs und Fähigkeiten schafft, Karrieren und Arbeitswelt verändert:...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie: Kurs knickt nach Orcel-Aussage deutlich ein
31.03.2025

Die Commerzbank-Aktie muss nach einer starken Rallye einen Rückschlag hinnehmen. Unicredit-Chef Andrea Orcel hatte zuvor einen möglichen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU vor Herausforderungen: Handelskriege könnten die Wirtschaft belasten – der Ausweg heißt Binnenmarkt
31.03.2025

Die protektionistischen Maßnahmen der USA und mögliche Handelskonflikte belasten die EU-Wirtschaft. Experten wie Mario Draghi fordern...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Betonblock: Lego verklagt Hersteller von Anti-Terror-Betonklötzen
31.03.2025

Lego verklagt das niederländische Unternehmen Betonblock. Die Anti-Terror-Blöcke des Herstellers erinnerten zu sehr an die...

DWN
Technologie
Technologie Neue EU-Vorschriften: Plug-in-Hybriden drohen deutlich höhere CO2-Emissionen
31.03.2025

Mit der Einführung neuer, verschärfter Emissionsmessungen für Plug-in-Hybride (PHEVs) wird die Umweltbilanz dieser Fahrzeuge erheblich...

DWN
Politik
Politik Marine Le Pen wegen Veruntreuung zu Fußfesseln verurteilt - FN-Chef Bardella: "Hinrichtung der französischen Demokratie"
31.03.2025

Marine Le Pen wurde in Paris wegen der mutmaßlichen Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament schuldig gesprochen - das...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerk mit Speicher: Für wen sich die Investition wirklich lohnt
31.03.2025

Balkonkraftwerk mit Speicher: eigenen Strom gewinnen, speichern und so Geld sparen. Doch so einfach ist es leider nicht, zumindest nicht...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Der Handelskrieg gefährdet die US-Ausnahmestellung
31.03.2025

Da Investitionen nach neuen Möglichkeiten abseits der zuletzt florierenden US-Finanzmärkte suchen, wird an der Wall Street diskutiert, ob...