Kurzfristig könnte dies durch einen Bundeszuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten realisiert werden. Finanzminister Christian Lindner (FDP) reagierte jedoch skeptisch auf diesen Vorschlag.
Scholz betonte, dass es am Standort Deutschland wettbewerbsfähige Strompreise geben müsse, insbesondere für die energieintensive Industrie. Wirtschaftsverbände klagen seit langem über im internationalen Vergleich hohe Strompreise in Deutschland. Dies beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen.
Geplanter Bundeszuschuss wurde gestrichen
Für dieses Jahr war ursprünglich ein Bundeszuschuss zur anteiligen Finanzierung der Übertragungsnetzkosten von bis zu 5,5 Milliarden Euro vorgesehen, um Unternehmen zu entlasten. Das Geld sollte aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds stammen. Nach einem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts musste die Bundesregierung diesen Sondertopf jedoch auflösen.
In der von der Bundesregierung geplanten Wachstumsinitiative heißt es, dass Maßnahmen präsentiert werden, mit denen die Netzkosten gesenkt und die Netzentgelte stabilisiert werden könnten, um Haushalte und Unternehmen zu entlasten. Über ein Amortisationskonto könnten die Kosten für den Ausbau der Stromnetze, die zu höheren Netzentgelten führen, zeitlich gestreckt werden.
Könnte man Fördergelder für Intel nutzen?
Scholz äußerte sich nicht dazu, wie ein Bundeszuschuss zur Abfederung der Netzentgelte finanziert werden könnte. Das Geld könnte aus ursprünglich vorgesehenen Fördermitteln für Intel stammen. Der in Schwierigkeiten steckende Chipkonzern hatte jedoch den Bau eines Werks in Magdeburg verschoben.
Die Bundesregierung hatte beschlossen, die Ansiedlung von Intel in den kommenden Jahren mit rund 10 Milliarden Euro zu fördern. Diese Mittel sollen aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen, einem Sondertopf, über den der Bund Klimaprojekte sowie Ansiedlungen wichtiger Technologien unterstützt.
Vorschlag aus der Industrie
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer hatte den Vorschlag unterbreitet, die Intel-Fördergelder zur Entlastung bei den Strompreisen zu verwenden. "Die Bundesregierung sollte die jetzt nicht benötigten Intel-Milliarden nutzen, um die Netzentgelte und damit die Stromkosten zu senken", sagte DIHK-Präsident Peter Adrian der Deutschen Presse-Agentur.
Lindner äußerte beim BGA-Unternehmertag zum Vorstoß des Kanzlers hinsichtlich der Netzentgelte, dass darüber innerhalb der Bundesregierung diskutiert werde. Man müsse daran arbeiten. "Ein Bundeszuschuss für die Netzentgelte ist nur eine Umverteilung von Geld." Lindner hob hervor, dass er an die Ursachen der steigenden Energiekosten herangehen wolle. Der FDP-Chef hatte sich bereits für eine schnellere Beendigung der Subventionen für erneuerbare Energien ausgesprochen.
Strompreiskompensation soll erweitert werden
Scholz betonte außerdem, dass die sogenannte Strompreiskompensation bereits viele energieintensive Unternehmen entlaste. Man wolle jedoch prüfen, ob der Kreis der entlasteten Unternehmen erweitert werden könne.
SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch erklärte dem "Handelsblatt", dass mit den vom Bundeskanzler angekündigten Maßnahmen ein umfassendes "Industriestrompreis-Paket" vorliege. "Die Ausweitung der Strompreiskompensation, insbesondere auf die Chemie- und Glasindustrie, sowie die zusätzlichen Instrumente zur Senkung der Netzentgelte sind bedeutende Schritte auf dem Weg zu wettbewerbsfähigen Strompreisen", äußerte Miersch. Besonders die Absenkung und Stabilisierung der Netzentgelte sei von großer Relevanz. "Diese führten trotz gesunkener Erzeugungskosten zu weiterhin steigenden Stromkosten."
Im letzten Jahr hatte es innerhalb der Bundesregierung Verhandlungen über einen staatlich subventionierten niedrigeren Industriestrompreis gegeben. Die Koalition hatte sich jedoch auf andere Entlastungen verständigt, wie die Ausweitung der sogenannten Strompreiskompensation.
Unternehmerin kritisiert Scholz: "Mutlosigkeit auf zwei Beinen"
BGA-Präsident Dirk Jandura forderte in seiner Rede von Scholz, die Rahmenbedingungen für alle Unternehmen zu verbessern und nicht einzelne Konzerne zu subventionieren. "Deutschland muss schneller, besser und digitaler werden." Die Wirtschaft leide unter einem Bürokratie-"Burnout". "Bitte lassen Sie uns in Ruhe, aber nicht im Stich", sagte Jandura.
Die Unternehmerin Tijen Onaran, bekannt aus der TV-Show "Die Höhle der Löwen", nannte den Auftritt des Kanzlers "Mutlosigkeit auf zwei Beinen". Die Regierung strahle eine große Unsicherheit aus. Sie wünsche sich einen großen Aufschlag für Deutschland. "Wenn wir diesen Job der Regierung machen würden, wären wir schon längst gefeuert worden."