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Immobilienpreis-Superzyklus beginnt erst richtig global: Wie lange geht es aufwärts?

Lesezeit: 4 min
15.10.2024 16:01  Aktualisiert: 01.01.2030 00:13
Der Wirtschaftszeitschrift „Economist“ zufolge könnten weltweite Immobilienpreise noch jahrelang weiter steigen. Der Superzyklus der Preise komme erst jetzt richtig in Fahrt, heißt es. Viele globale Immobilienmärkte scheinen eine bemerkenswerte Fähigkeit zu haben, unabhängig von den vielen Welt-Krisen der letzten Jahre robust weiter zu wachsen. Welche drei Faktoren sind laut der Analyse auf längere Sicht entscheidend für die Richtung der internationalen Märkte und auch für den deutschen Markt?
Immobilienpreis-Superzyklus beginnt erst  richtig global: Wie lange geht es aufwärts?
Immobilienpreise könnten noch jahrelang den Fahrtwind aufnehmen. (Foto: iStock.com/HYWARDS)
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Wir leben derzeit in einem Immobilien-Superzyklus, Ja, Preise auf einigen Welt-Märkten sind seit dem Höhepunkt der Pandemie um mehr als 20 Prozent gefallen, doch in vielen Orten anderswo sind die Hauspreise nur leicht gesunken. Man sieht eine Art von Immobilienboom.

So erreichen US-Hauspreise fast jeden Monat neue Höchststände, während auch in Portugal die Preise geradezu nach oben schießen. In anderen Ländern wie Italien, wo der Wohnungsmarkt zwischen 2011 2019 sehr angeschlagen war (wegen der Staatsschuldenkrise), gibt es aktuell eine Trendwende im Immobilienmarkt.

Laut der „Economist“-Analyse werden die weltweiten Immobilienpreise kurzfristig höchstwahrscheinlich weiter steigen, begünstigt durch sinkende Zinssätze - selbst bei uns in Deutschland. In den USA ist der Zinssatz für eine 30-jährige Festhypothek seit dem jüngsten Höchststand um fast fünf Prozentpunkte gesunken. In Deutschland und Europa werden Kreditnehmer mit festem Zinssatz ihre Kredite bald zu niedrigeren Zinsen refinanzieren können, weil Zentralbanken ihre Leitzinsen senken.

Deutschland: Preisrückgänge beendet, Markt in der „Findungsphase“

Die Phase der durchgängigen deutlichen Preisrückgänge auf dem deutschen Immobilienmarkt ist nun endgültig beendet, so sehen es verschiedene Immobilienexperten. Der Markt habe den großen Zinsschock verarbeitet, befindet sich laut einigen Beobachtern jedoch noch in einer „Findungsphase“, in der Angebotspreise sich erst einpendeln müssen. Anderen zufolge hat die Trendwende am Immobilienmarkt schon begonnen und die große Verunsicherung der letzten Jahre lässt deutlich nach. In einem Punkt sind sich alle einig: Die Aussicht auf sinkende Zinsen stabilisiert ganz klar auch den deutschen Markt.

Dem Börsendienst Bloomberg zufolge folgt die Erholung auf einen beispiellosen Einbruch im vergangenen Jahr, als die Preise für Wohnimmobilien den stärksten Rückgang seit 60 Jahren verzeichneten. Kaufinteressenten zogen sich zurück wegen den hohen Zinsen und der hohen Inflation. Die anschließende Preiskorrektur auf dem Markt war viel stärker als anderswo in der Region, so Bloomberg. Der Grund? Viele Menschen in Deutschland sind Mieter. Teure Hypotheken spielen daher eine nicht so große Rolle wie in anderen Nachbar-Ländern.

Langfristiger Ausblick: Globale Märkte und Deutschland

Laut der „Economist“-Studie gibt es andere, fundamentale Gründe, warum Immobilienpreise auf längere Sicht weiter ansteigen werden. Drei Faktoren werden dafür sorgen, dass der Immobilien-Superzyklus weltweit und auch in Europa noch jahrzehntelang andauern wird: Demographie, Städte und Infrastruktur.

Demographie: Rekordzuwanderungen

Die Autoren haben errechnet, dass die im Ausland geborene Bevölkerung der reichen Welt mit einer jährlichen Rate von vier Prozent wächst - dem schnellsten Wachstum aller Zeiten. Einwanderer brauchen einen Platz zum Leben und dies treibt Mieten und Hauspreise in die Höhe. Eine Studie von Rosa Sanchis-Guarner von der Universität Barcelona, die sich auf Spanien konzentriert, kommt zu dem Ergebnis, dass ein Anstieg der Einwanderungsrate um einen Prozentpunkt die durchschnittlichen Hauspreise um 3,3 Prozent ansteigen lässt.

Als Reaktion auf die Rekordzuwanderung haben Politiker von Kanada bis Deutschland die Einwanderung stark eingeschränkt. Doch selbst bei einer noch so strengen Politik werden die reichen Länder wahrscheinlich weiterhin mehr Zuwanderer aufnehmen als früher, so die Autoren.

Städte bleiben attraktiv

Als Covid-19 sich 2020 verbreitete, dachten viele Menschen, dass die Städte ihren Glanz verlieren würden. Die Zunahme der Tele-Arbeit bedeutete, dass die Menschen theoretisch überall leben und von zu Hause ausarbeiten konnten, was es ihnen ermöglichte, für weniger Geld eine größere Wohnung zu kaufen.

Es kam anders: Die Menschen arbeiten viel mehr von zu Hause aus als früher, aber die Großstädte sind nach wie vor attraktiv. In den USA sind 37 Prozent der Unternehmen in großen städtischen Gebieten angesiedelt, derselbe Anteil wie im Jahr 2019.

In Japan, Südkorea und der Türkei werden in den Hauptstädten mehr Arbeitsplätze geschaffen als anderswo. In den Hauptstädten gibt es auch mehr Vergnügungsmöglichkeiten: Der Anteil der britischen Bars und Pubs in London ist seit der Zeit vor der Pandemie ein wenig angestiegen. All dies verschärft den Wettbewerb um Wohnraum in den kompakten städtischen Zentren, in denen das Angebot an Wohnungen ohnehin schon begrenzt ist.

Infrastruktur

In vielen Städten ist das Pendeln mühsamer geworden, so dass die Menschen nicht mehr so weit von ihrem Arbeitsplatz entfernt wohnen können, kommentieren die „Economist“-Autoren. In Großbritannien ist die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit in den letzten zehn Jahren um fünf Prozent gesunken. Nach Angaben der Forschungsgruppe des Texas A&M Transportation Instituts, ist die Verkehrsbelastung in vielen amerikanischen Städten so hoch wie noch nie. Für viele Regierungen ist es nahezu unmöglich, neue Verkehrsnetze zu bauen, um die Belastung zu verringern.

Einige Ökonomen hoffen, dass eine NIMBY-Wende (auf Englisch: Not in my Backyard!) im Gange ist, das heisst, diejenigen, die „Ja“ zu neuem Wohnraum „in meinem Hinterhof“ sagen, haben das Argument gewonnen und scheinen einige Politiker überzeugt zu haben. Einige Orte folgen dem NIMBY-Drehbuch und ändern die Flächennutzungs-Vorschriften, um den Bau zu fördern. Anfang 2022 erreichten die Baugenehmigungen in Neuseeland zum Beispiel ein Allzeithoch und trugen dazu bei, die Immobilienpreise zu drücken.

Außerhalb Neuseelands bleibt der Einfluss von NIMBY jedoch gering, so die Analyse. In einer Studie der drei Wirtschaftswissenschaftler Knut Are Aastveit, Bruno Albuquerque und André Anundsen wurde festgestellt, dass die „Angebotselastizität“ des US-Wohnungsmarkts - das Ausmaß, in dem der Bau auf eine höhere Nachfrage reagiert - seit den 2000er-Jahren gesunken ist.

Am akutesten ist das Angebotsproblem nach wie vor in den Städten, wo die Vorschriften am strengsten sind. In San Jose, der teuersten Stadt Amerikas, wurden 2023 nur 7.000 Häuser zum Bau genehmigt, deutlich weniger als noch vor zehn Jahren. Aber auch in Houston und Miami, Städte, die versuchen, die Fehler anderer Großstädte zu vermeiden, geht der Bau nur langsam voran.

Hintergrund: Weltweit sind Immobilien-Preisanstiege zu erwarten

Nach der Finanzkrise von 2007-2009 fielen die Immobilienpreise weltweit real um sechs Prozent. Doch bald zogen sie wieder an und übertrafen ihren Höchststand von vor der Krise. Als die Covid-19-Krise ausbrach, rechneten Ökonomen mit einem Immobiliencrash, doch es kam anstatt zu einem Boom.

Als die Zentralbanken dann ab 2021 die Zinssätze anhoben, um die Inflation zu bekämpfen, wuchs die Angst vor stark fallenden Immobilienpreisen, doch reale Preise fielen nur um nur 5,6 Prozent und steigen jetzt schnell an.

Aktuelle Marktentwicklungen

Die letzten Jahre waren weniger störend für die Immobilienmärkte, so die „Economist“-Autoren. Als die Zentralbanker die Zinssätze anhoben, haben viele globale Hypothekenbesitzer nichts davon gespürt. Vor und während der Pandemie hatten sich viele mit festverzinslichen Hypotheken eingedeckt, die sie vor höheren Zinsen schützten. In den USA, wo viele Menschen ihren Hypothekenzins für 30 Jahre festschreiben, bleiben die Hypothekenzinszahlungen der Haushalte als Anteil des Einkommens konstant.

Neue Käufer sind mit höheren Hypothekenkosten konfrontiert, doch das rasche Einkommenswachstum trägt dazu bei, diesen Effekt auszugleichen. In der gesamten G10-Ländergruppe sind Löhne heute um 20 Prozent höher als 2019.

Perspektive: Wie stehen die Prognosen für die größte Anlageklasse der Welt?

In den kommenden Jahren könnten globale Immobilienmärkte mit vielen Herausforderungen konfrontiert werden, von schwankendem Wirtschaftswachstum und schwankenden Zinssätzen bis hin zu Zusammenbrüchen von Banken.

Angesichts der langfristigen Auswirkungen der Demographie, der städtischen Wirtschaft und der Infrastruktur kommen die Autoren des „Economist“ jedoch zu der folgenden Schlussfolgerung: Die größte Anlageklasse der Welt wird wahrscheinlich auf lange Sicht immer weiter wachsen und größer werden. Der Superzyklus der Immobilienpreise kommt gerade erst in Gang, davon sind sie überzeugt.

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Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.


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