Politik

Welt blickt gebannt auf die US-Wahlen: Was schreiben Medien weltweit?

Lesezeit: 6 min
18.10.2024 13:01
Der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen wird nicht nur die amerikanische politische Landschaft prägen, sondern auch weitreichende Konsequenzen haben. Besonders ist Europa besorgt: Eine mögliche Wiederwahl von Donald Trump könnte höhere Zölle auf europäische Waren zur Folge haben, was die ohnehin angeschlagene deutsche Wirtschaft stark belasten würde. Zudem werfen die Entwicklungen im US-Wahlkampf Schatten auf den Ukraine-Konflikt, denn viele fragen sich, wie sich die politische Ausrichtung in Washington auf die geopolitische Stabilität auswirken könnte. Die DWN haben die Medien in verschiedenen Ländern analysiert und berichten über deren Sorgen und Prognosen in Bezug auf die Wahlen.
Welt blickt gebannt auf die US-Wahlen: Was schreiben Medien weltweit?
Weltweite Presserecherche zu den geopolitischen Auswirkungen der US-Wahlen. (Foto: dpa)

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Am 5. November 2024 richtet sich der Blick der Welt auf die US-Wahlen. Der Ausgang dieser Wahl könnte nicht nur die Zukunft der USA, sondern auch die geopolitische Landschaft weltweit prägen. Erfahren Sie, welche Bedenken die Länder hinsichtlich der US-Wahlen äußern und welche Prognosen sie dazu abgeben.

Europa: Sorgen über mögliche Rückkehr zu „America First“

Europäische Experten sehen die Rückkehr zur „America First“-Politik von Trump als einen Albtraum. Der Council of Councils* hat einen Artikel mit dem Titel „Warum die US-Präsidentschaftswahlen für Europa von Bedeutung sind“ veröffentlicht. In diesem Artikel analysieren Experten aus der EU und Großbritannien die potenziellen Auswirkungen der Wahl auf die Union. Trump wird als Zerstörer der transatlantischen Beziehungen betrachtet, während Kamala Harris von den Experten eher positiv gesehen wird.

Die Experten vermuten, dass die Wiederwahl von Trump eine Rückkehr zu seinen „America First“-Politiken bedeuten könnte. Dies würde nicht nur die transatlantischen Beziehungen belasten, sondern auch die demokratischen Normen in den USA infrage stellen und populistische Bewegungen in Europa anheizen. Die Unsicherheit über die US-Verpflichtung zur NATO könnte die Stabilität der Allianz weiter gefährden und so ein gefährliches Vakuum in der europäischen Sicherheitspolitik schaffen.

Im Gegensatz dazu wird eine mögliche Präsidentschaft von Kamala Harris in Europa überwiegend positiv betrachtet. Die Vizepräsidentin hat sich klar zur NATO und zur Unterstützung der Ukraine bekannt und könnte so eine stabilere transatlantische Beziehung fördern. Ihre Ansichten über internationale Zusammenarbeit, insbesondere in Bezug auf den Klimawandel und sicherheitspolitische Herausforderungen, wecken die Hoffnung auf einen Neustart in den transatlantischen Beziehungen.

Schweiz: Finanzielle Unsicherheiten und Handelsrisiken durch Trump-Wiederwahl

Das Schweizer Unternehmen AXA Investment Managers hat sich die möglichen Auswirkungen eines Trump-Siegs angeschaut und kommt zu dem Schluss, dass das echt heftige Folgen für die Wirtschaft haben könnte. Trump plant, Zölle von bis zu 60 % auf chinesische Produkte und 10 % auf europäische Waren einzuführen. Das könnte die Preise für US-Verbraucher ordentlich steigen lassen und China ziemlich unter Druck setzen. Auch die Handelsbeziehungen zu Europa könnten auf der Kippe stehen, da Vergeltungsmaßnahmen durchaus möglich wären.

Die finanziellen Folgen wären nicht zu unterschätzen, sagen die Experten aus der Schweiz. Höhere Zinsen und ein stärkerer Dollar könnten die Weltwirtschaft, vor allem in Schwellenländern, stark belasten. Zudem hat Trump angedeutet, den militärischen Schutz für die NATO und asiatische Staaten zurückzufahren. Das könnte Europa zwingen, mehr Geld für die eigene Verteidigung auszugeben, was einige europäische Volkswirtschaften vor echte Herausforderungen stellen würde.

Auf der Umweltseite plant Trump, die umweltfreundlichen Vorschriften zu lockern und die Energieproduktion in den USA zu steigern. Das könnte kurzfristig die Energiekosten senken, aber langfristig die Treibhausgasemissionen in die Höhe treiben.

Ein Sieg von Kamala Harris könnte dagegen einige wichtige Veränderungen in der US-Wirtschaft mit sich bringen, vor allem in sozialen und infrastrukturellen Bereichen. Aber auch sie könnte in einem gespaltenen Kongress Schwierigkeiten haben, durchsetzungsstarke Entscheidungen zu treffen. Letztendlich könnten die positiven Effekte eines Harris-Siegs nicht ausreichen, um die negativen Folgen einer Trump-Wiederwahl für die globale Wirtschaft auszugleichen.

Deutschland: „Trump-O-Meter“ analysiert Chancen

Ein deutsches Kreditinstitut mit Hauptsitz in Stuttgart, die Landesbank Baden-Württemberg, hat ein Wahlprognosetool namens „Trump-O-Meter“ entwickelt, um die Siegchancen von Trump zu bewerten. Aktuell liegt die Wahrscheinlichkeit, dass Trump der nächste Präsident wird, bei 47% (Stand 10.10.2024). Das Modell basiert auf Wählerumfragen (60% Gewichtung), Wettquoten (20%) und Expertenmeinungen (20%).

Lateinamerika: Migrationspolitik im Fokus

Deutsche Experten sagen der Deutsche Welle, Experten in Deutschland sagen, dass die Erwartungen an die US-Politik in Lateinamerika weniger von der Person des Präsidenten abhängen, sondern mehr von solchen Themen wie Grenzkontrolle, organisierter Kriminalität und wirtschaftlicher Zusammenarbeit. Ingrid Wehr von der Heinrich-Böll-Stiftung warnt, dass Trump mit seiner migrationsfeindlichen Haltung Migranten negativ darstellen und die Beziehungen zu Ländern in Lateinamerika belasten könnte. Im Gegensatz dazu könnte Kamala Harris die wirtschaftliche Zusammenarbeit verbessern. Allerdings bleibt die Frage, ob sie auch wirklich etwas für Migranten bewegen kann.

Die geopolitischen Spannungen nehmen zu, unter anderem durch den wachsenden Einfluss Chinas und Herausforderungen im Drogenhandel. Experten betonen, dass sowohl ein Trump- als auch ein Harris-Präsidentenamt die Beziehungen und die Migrationspolitik auf ganz unterschiedliche Weise beeinflussen könnten.

Ein wichtiger Faktor sind die Stimmen der Latino-Gemeinschaft, die fast 20 % der US-Bevölkerung ausmacht und über 36 Millionen wahlberechtigte Latinos zählt. In den umkämpften Bundesstaaten Arizona und Nevada, wo Latinos 25 % bzw. 20 % der Wählerschaft ausmachen, könnten ihre Stimmen den Wahlausgang entscheidend beeinflussen.

Kamala Harris, die demokratische Kandidatin, kommt bei Latino-Wählern gut an, und das hat nach ihrer Nominierung zu einem Anstieg der Wählerregistrierungen geführt. Ihre Kampagne konzentriert sich auf Wirtschaft, Gesundheitsversorgung und Einwanderung. Auf der anderen Seite könnte die Republikanische Partei unter Trump bei jungen Latino-Wählern an Zustimmung gewinnen, die mit der Biden-Regierung unzufrieden sind.

Die Wahlen am 5. November werden stark von den Anliegen der Latino-Gemeinschaft geprägt sein – Themen wie Wirtschaft und Inflation stehen dabei im Vordergrund. Beide Parteien versuchen, ihre Strategien anzupassen, um diese wichtige Wählerschaft zu gewinnen. Das Ergebnis dieser Wahlen könnte nicht nur darüber entscheiden, wer das Repräsentantenhaus kontrolliert, sondern auch die politische Richtung der USA in den kommenden Jahren beeinflussen.

China: Vorbereitung auf intensiven Wettbewerb mit den USA

China bereitet sich auf einen intensiveren Wettstreit mit den USA vor, egal ob Donald Trump oder Kamala Harris die Präsidentschaftswahl im November 2024 gewinnt. Diese Einschätzung stammt von Dr. Yu Jie, einer führenden Expertin für China im Asien-Pazifik-Programm, in ihrem Artikel für Royal Institute of International Affairs, Chatham House .In Peking sieht man beide Kandidaten als ernste Herausforderungen, was die Hoffnung auf engere Zusammenarbeit mit Washington fast unrealistisch macht. Stattdessen setzt China auf eine umfassende Strategie, um seine Ressourcen zu mobilisieren und den wachsenden Druck der USA besser zu bewältigen.

Im Zentrum dieser Strategie stehen wirtschaftliche Unabhängigkeit und technologische Innovation. China will seine Abhängigkeit von kritischen Bereichen verringern und gleichzeitig in Schlüsseltechnologien wettbewerbsfähiger werden. Allerdings machen es US-Sanktionen und zunehmende Handels- sowie Technologiekonflikte dem Land schwer.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Taiwan-Frage. Seitdem in Taipeh eine pro-unabhängige Regierung gewählt wurde, sieht Peking die Lage als angespannt und plant, seine Abschreckungsmaßnahmen zu verstärken. Trotz der Spannungen bleibt China pragmatisch und will seinen globalen Einfluss weiter ausbauen, um die eigene Wirtschaft widerstandsfähiger zu machen.

Insgesamt deutet alles darauf hin, dass China mit andauernden Spannungen mit den USA rechnet. Dabei aber eine Eskalation vermeiden will, um das eigene Wirtschaftswachstum zu sichern. Das ist schließlich die Grundlage für die politische Stabilität im Land.

Ukraine: Sorgen um die weitere Unterstützung im Konflikt mit Russland

Die Ukraine macht sich derzeit viele Gedanken darüber, wie die bevorstehenden US-Wahlen den Konflikt mit Russland beeinflussen könnten. Der ukrainische Politologe Maxim Nesvitatilov hat dazu einige Szenarien skizziert. Besonders Donald Trump, der schon angekündigt hat, den Krieg schnell beenden zu wollen, sorgt für Unsicherheit. Zwar hat er sich in der Vergangenheit oft gegen Gebietsverluste der Ukraine ausgesprochen, doch ob er dabei bleibt, ist fraglich. Oft hat Trump außenpolitische Versprechen nicht eingehalten, was die Frage aufwirft, wie stark er die Ukraine wirklich unterstützen würde.

Anders sieht es bei Kamala Harris aus, der derzeitigen Vizepräsidentin. Sie könnte eine Politik verfolgen, die eher der von Joe Biden ähnelt. Harris hat sich stets klar hinter die Ukraine gestellt, jedoch bleibt offen, ob ihre Unterstützung auch militärische Offensive gegen Russland umfassen würde. Eine weitere Sorge betrifft mögliche Kürzungen in der US-Hilfe: Es steht im Raum, dass bis zu 6 Milliarden Dollar an Unterstützung wegfallen könnten, wenn der US-Kongress die Finanzierung nicht verlängert.

Ein zentrales Thema bleibt, ob die Unterstützung für die Ukraine nach den Wahlen nachlassen wird. Nesvitatilov geht nicht von großen Änderungen aus, da ein Teil der bereits bewilligten Hilfen bis 2027 reicht. Trotzdem befürchten viele, dass der Konflikt weiter eskalieren könnte, vor allem wenn die USA nicht erlauben, mit westlichen Waffen russisches Gebiet anzugreifen.

Russland: Beobachter im Schatten

Russland verfolgt die US-Wahlen eher aus der Ferne, betrachtet sie jedoch nicht als prioritär für die eigene Agenda. Dmitrij Peskow, Pressesekretär des russischen Präsidenten, hat betont, dass Russland sich auf eigene Probleme konzentriert und nicht in die US-Politik eingreifen möchte, schreibt russische Nachrichtenagentur Interfax.ru. Gleichzeitig äußerte Präsident Wladimir Putin seine Unterstützung für die demokratische Kandidatin Kamala Harris, nachdem Joe Biden aus dem Rennen ausgeschieden ist:

„Ich habe gesagt, dass unser Favorit, wenn man so will, der amtierende Präsident, Herr Biden, war. Nun ist er aus dem Rennen ausgeschieden, und er hat allen seinen Anhängern empfohlen, Frau Harris zu unterstützen. Das werden wir auch tun, wir werden sie unterstützen“, sagte Putin.

Peskow hat auch auf die zunehmende politische Rivalität und die Spannungen im Vorfeld der Wahlen hingewiesen, insbesondere im Kontext von Vorfällen wie dem versuchten Attentat auf Donald Trump. Russland beobachtet die Situation aufmerksam, sieht sich jedoch nicht in der Position, sich aktiv einzumischen, so Peskow. Die russische Regierung betont, dass es Aufgabe der US-Sicherheitsbehörden sei, die Risiken und Herausforderungen im Zusammenhang mit der politischen Konkurrenz und den Sicherheitsfragen zu bewältigen.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Russland die Entwicklungen in den USA beobachtet, sich jedoch darauf konzentriert, die eigenen Interessen und Herausforderungen in den Vordergrund zu stellen, während es gleichzeitig seine Präferenzen in Bezug auf US-Kandidaten kommuniziert.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Kamala Harris in den internationalen Medien überwiegend positiver wahrgenommen wird als Donald Trump. Während Harris als potenzielle Stabilitätsbringerin für transatlantische Beziehungen und internationale Zusammenarbeit gilt, wird Trump mit Besorgnis betrachtet. Seine „America First“-Politik und mögliche Handelskonflikte könnten die transatlantischen Beziehungen belasten und wirtschaftliche Unsicherheiten hervorrufen. Insgesamt spiegelt die positive Wahrnehmung von Harris die Hoffnungen auf eine kooperative US-Politik wider, während Trump als unberechenbar und riskant angesehen wird.



* Der Council of Councils ist eine internationale Initiative, die führende außenpolitische Institute aus aller Welt zusammenbringt, um im Dialog über Fragen der globalen Governance zu diskutieren.

                                                                            ***

Iana Roth ist Redakteurin bei den DWN und schreibt über Steuern, Recht und HR-Themen. Zuvor war sie als Personalsachbearbeiterin tätig. Davor arbeitete sie mehrere Jahre als Autorin für einen russischen Verlag, der Fachliteratur vor allem für Buchhalter und Juristen produziert.


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