Unternehmen

Marmelade kommt seltener aufs Brot: Wie reagieren die Konfitüre-Hersteller?

Früher gehörte das Glas mit Erdbeer- oder Himbeermarmelade automatisch auf den Frühstückstisch. Doch die Gewohnheiten vieler Menschen haben sich geändert. Die Hersteller müssen erfinderisch werden.
28.10.2024 13:45
Lesezeit: 3 min

Das Marmeladenbrot gehört auf deutschen Frühstückstischen immer öfter der Vergangenheit an. Vor allem unter der Woche frühstücken viele Menschen unterwegs oder weichen auf gesündere Alternativen wie Haferflocken aus. Für die Hersteller von Marmelade - oder genauer: Konfitüre - ist das Geschäft schwerer. Wie reagieren die Unternehmen?

"Immer weniger junge Erwachsene frühstücken unter der Woche zu Hause. Darunter leidet nicht nur der Kaffeekonsum, auch Konfitüre/Marmelade und Honig werden weniger gegessen", heißt es im Bericht der zu Yougov gehörenden Consumer Panel Services GfK vom Juli. Die Marktforscher kommen zu dem für die Hersteller der süßen Aufstriche bitteren Ergebnis: "Die Kernzielgruppe für Konfitüre/Marmelade wie für Honig sind inzwischen die älteren Menschen."

Konfitüre? Konfitüre! Denn was umgangssprachlich Marmelade heißt, ist EU-Regeln zufolge in den allermeisten Fällen Konfitüre, je nach Fruchtgehalt teilweise auch Konfitüre extra. Marmelade bezeichnet demnach lediglich Brotaufstriche aus Zitrusfrüchten.

Weniger Homeoffice bedeutet auch weniger Marmelade

Der Konfitüre-Absatz sei schon länger rückläufig - wie bei fast allen traditionellen Frühstücksprodukten, sagt Kamilla Dubai, Expertin für Konsumgüter des täglichen Bedarfs beim Marktforschungsunternehmen NielsenIQ (NIQ). Der Umsatz könne teils nur durch Preiserhöhungen gehalten werden. "Nach den starken Zuwächsen in den Corona-Jahren sind die Mengen nun rückläufig." Dubai zufolge könnte dies darauf hindeuten, "dass entweder häufiger auf das Frühstück verzichtet wird oder durch den Rückgang des Homeoffice verstärkt auf den Außer-Haus-Konsum ausgewichen wird – zum Beispiel mit einem belegten Brötchen vom Bäcker auf dem Weg zur Arbeit."

In diesem Jahr verzeichnen Konfitüren einen Absatz-Rückgang von 54.000 Tonnen im Vergleich zum Vorjahr - das entspricht 3,2 Prozent, wie die Expertin auf Grundlage der Entwicklung bis Ende September sagt. Bei Marmeladen waren es 2300 Tonnen weniger, das entspricht sogar 15,4 Prozent. Müsli sei nahezu stabil geblieben, Haferflocken unverändert.

Ein CPS GfK Consumer Panel macht zumindest eine Stabilisierung aufseiten der Käufer aus. Von Oktober 2023 bis September 2024 hätten 26,3 Millionen Haushalte Konfitüre gekauft; im Jahr davor seien es 26 Millionen gewesen. Auch die Einkaufsmenge der Haushalte liege stabil bei 3,5 Kilogramm im Jahr. Allerdings sei dies der geringste Wert der vergangenen sechs Jahre. Insbesondere kauften wieder mehr Haushalte zwischen 35 und 49 Jahren ohne Kinder sowie Alleinstehende ab 50 Konfitüre. Unter jüngeren Kunden sinke der Anteil weiterhin. Grundsätzlich wollen die Menschen den Marktforschern zufolge mehr Obst und Gemüse in ihr Frühstück integrieren, was unter anderem zulasten von Konfitüre und süßer Brotaufstrichen gehe.

Zentis: Junge Verbraucher wollen mehr als die klassische Konfitüre

Der Süßwarenhersteller Zentis mit Sitz in Aachen bestätigt diese Entwicklungen. Bei jüngeren Generationen beobachte man ein verändertes Frühstücksverhalten: "Aufgrund eines immer dynamischeren Alltags bleibt unter der Woche oft nur Zeit für einen schnellen Kaffee to go. Der Trend liegt in dieser Zielgruppe klar beim ausgiebigen Frühstück am Wochenende", sagt Sebastian Hanisch, der Geschäftsbereichsleiter Marke bei dem Mittelständler ist. Gerade jüngere Konsumenten legten zudem "Wert auf eine größere Varianz an Brotaufstrichen, auch abseits von klassischen Konfitüren". Hanisch zufolge ist das Segment der klassischen Konfitüre bei Zentis schon seit 2010 leicht rückläufig.

Das Unternehmen aus NRW produziert längst nicht mehr nur gewöhnliche Konfitüre. "Um gerade jüngere Zielgruppen langfristig zu gewinnen, erweitern wir das Zentis-Produktportfolio stetig", sagt Hanisch. Besonders gefragt bei jüngeren Verbraucherinnen und Verbrauchen seien unter anderem zuckerreduzierte Fruchtaufstriche. Zentis hat die Produktlinien Triple Zero (ohne Zuckerzusatz, künstliches Süßungsmittel und Konservierungsstoffe) und 50 Prozent weniger Zucker im Angebot.

Zero-Produkte laufen der "Weniger Zucker"-Konfitüre mittlerweile den Rang ab

Auch Konkurrenten wie Schwartau stellen Konfitüre mit weniger oder ohne zugesetzten Zucker her. Zentis hat außerdem die Marke NaturRein im Programm - eine Art Frucht-Bruschetta mit groben Stücken. Marktführer Göbber aus Niedersachsen wiederum hat kürzlich Fruchtaufstriche mit Chiasamen, Leinsamen und Sonnenblumenkernen auf den Markt gebracht. "Nachhaltigkeit, natürlicher Genuss und Zuckerreduzierung sind besonders der stetig wachsenden Zielgruppe ernährungsbewusster" Konsumenten wichtig, sagt Hanisch von Zentis. Längst wirbt mancher Hersteller auch damit, dass ein Klecks Konfitüre sich im Porridge gut mache.

Wachstumstreiber sind den Marktforschern des CPS GfK Consumer Panel FMCG zufolge zuckerreduzierte Konfitüren. Dabei liefen die Zero-Produkte (ohne Zuckerzusatz) der mittlerweile etablierteren "Weniger Zucker"-Konfitüre mittlerweile den Rang ab. Bei Zero-Konfitüren gebe es ein deutliches Mengen- und Umsatzwachstum. Auch Bio-Produkte gewinnen demnach wieder an Attraktivität, vor allem dank der Eigenmarken.

Dass die Entwicklung sich nach der Corona-Zeit - in der zwar mehr Konfitüre gekauft wurde, die Preise etwa für Energie und Zutaten aber in die Höhe schnellten - zuletzt etwas stabilisierten, hat noch einen Grund: Sonderangebote. So wurde zwischen Oktober 2023 und September 2024 fast jede vierte Konfitüre im Angebot gekauft, wie es im CPS GfK Consumer Panel FMCG heißt. Und NIQ-Expertin Kamilla Dubai sagt: "Nach den Preiserhöhungen im vergangenen Jahr senken manche Hersteller nun ihre Preise, um im Regal wieder attraktiver zu wirken."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

DWN
Politik
Politik Billigfluglinien bereiten sich bereits auf Flüge in die Ukraine vor
13.12.2025

Wizz Air, Ryanair und EasyJet bringen sich in Stellung. Europas Billigfluglinien planen bereits ihre Rückkehr in die Ukraine und rechnen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europa-Krise vertieft sich: JPMorgan warnt vor dramatischen Folgen für Amerika
13.12.2025

Die Warnungen von JPMorgan Chef Jamie Dimon treffen Europa in einer Phase wachsender politischer Unsicherheit. Seine Kritik an der...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Textilrecycling: Wie eine schwedische Gründerin die Branche unter Druck setzt
12.12.2025

Ein junges schwedisches Unternehmen behauptet, die nachhaltigste Lösung für das Textilrecycling gefunden zu haben. Die Methode nutzt CO2,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Shein, Temu & Co. betroffen: EU erhöht Kosten für Billigpakete aus Drittstaaten
12.12.2025

Um die Flut günstiger Online-Pakete aus Ländern wie China einzudämmen, beschließt die EU eine neue Importabgabe. Ab Juli 2026 sollen...

DWN
Politik
Politik Regierung reagiert auf Cyberangriffe: Russlands Botschafter einbestellt
12.12.2025

Nach einer Reihe hybrider Angriffe, darunter Falschnachrichten, manipulierte Videos und eine Hacker-Attacke, hat die Bundesregierung...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Flix bestellt 65 neue Fernzüge: Ausbau ab 2028 geplant
12.12.2025

Flix will das Fernverkehrsangebot deutlich ausbauen: Das Unternehmen hat beim spanischen Hersteller Talgo bis zu 65 neue Züge geordert....

DWN
Politik
Politik Regierung startet Onlineportal für Bürgerfeedback
12.12.2025

Die Bundesregierung will Bürger und Unternehmen stärker in die Verwaltungsarbeit einbeziehen. Über das neue Portal „Einfach machen“...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU setzt auf Kreislaufwirtschaft: Mehr Rohstoffe aus Schrottautos
12.12.2025

Die EU will die Wiederverwertung von Fahrzeugen deutlich verbessern. Unterhändler des Europäischen Parlaments und der Mitgliedsstaaten...