Wohnimmobilien sind als Investition wieder rentabler geworden. Während der Markt aus der Sicht von Anlegern immer noch eher ein unsicheres Bild zeichnet, zeigen Prognosen, dass die Talsohle erreicht ist: Eine stabile Inflation und ein weiterer Rückgang der Zinsen könnten wieder Sprung in den Wohninvestmentmarkt bringen – besonders wenn sich dadurch die Finanzierungsbedingungen verbessern.
Das sind die Ansichten von Analyseunternehmen Bulwiengesa AG. In ihrer jüngsten Fünf-Prozent-Studie 2024, die von der Rechtsanwaltskanzlei ADVANT Beiten unterstützt wurde, hat die Beratungsfirma die Renditepotenziale am deutschen Immobilienmarkt analysiert.
Stabile Inflation, weiterer Zinsrückgang könnten Wohninvestmentmarkt beleben
Die Unsicherheit, die den Markt in den letzten Jahren geprägt hat, nehme ab und die Aussicht auf sinkende Zinssätze stabilisiere den Wohninvestmentmarkt, so Klaus Beine, Partner bei ADVANT Beiten. „Investoren scheinen wieder Vertrauen in die langfristige Wertsteigerung von Immobilien zu gewinnen.“ Sollte sich dieser Trend festigen, wäre die breite Korrektur am deutschen Wohnimmobilienmarkt nach rund zwei Jahren beendet, fügte Beine hinzu.
Dennoch müsse die Rentabilität einer Investition auch in Zukunft ständig neu bewertet werden. „Investoren stehen weiterhin vor der Herausforderung einer schwierigeren Abschluss- und Anschlussfinanzierung. Bei Investitionen in Gewerbeimmobilien werden die Faktoren, die den Markt in letzter Zeit geprägt haben - Home-Office, E-Commerce, Leerstände und "Stranded Assets" weiter eine wichtige Rolle auf dem Markt spielen.“
Gegenüber dem Vorjahr haben die Rendite in den Wohnimmobilienbeständen der A-Märkte deutlich zugelegt: Der Studie zufolge ist aktuell eine interne Verzinsung von 2,9 Prozent erzielbar gegenüber 2,44 Prozent im Jahr 2023. In den B-Märkten und Universitätsstädten liegt die interne Verzinsung höher.
Grundlegender Wandel in Renditeerwartungen wegen Zinswende
Laut Sven Carstensen, Vorstand der Bulwiengesa AG, hat die Zinswende einen fundamentalen Wandel bei den Renditeansprüchen mit sich gebracht. „Fünf Prozent scheinen auch für Core-Produkte nicht mehr illusorisch“, sagte er. Einige Akteure hätten durch den Paradigmenwechsel „deutliche Blessuren“ davongetragen. Positiv sei jedoch, „dass bei Immobilien wieder eine nachhaltige Cash-Flow-Perspektive in den Mittelpunkt gestellt wird. Der Markt ist so spannend wie lange nicht mehr“, betonte Carstensen.
Büromärkte: Konjunkturelle Erholung bleibt aus
Die deutschen Büromärkten bewegten sich weiterhin in einem sehr herausfordernden Marktumfeld, so Carstensen weiter. „Die konjunkturelle Erholung bleibt bislang aus, viele Unternehmen stellen ihre Wachstums- und Investitionsentscheidungen weiterhin zurück."
Trotz der Senkung des Leitzinses im Juni 2024 um 0,25 Prozentpunkte verharrte der Investmentmarkt im ersten Halbjahr auf einem niedrigen Niveau.
Es gäbe weitere Fragezeichen bezüglich der zukünftigen Nachfrage nach Büroflächen und des Investitionsbedarfs bei Beständen aufgrund des gestiegenen energetischen Sanierungsbedarfs. Büros rutschen daher in der Einordnung der Marktliquidität weiter nach unten. Carstensen wies darauf hin, dass der Renditeabstand zwischen den Städtekategorien abgenommen habe. „Der Grund dafür ist der Investitionsbedarf für Bestandsgebäude – in kleineren Märkten drücken diese Kosten bei zugleich geringerem Mietniveau stärker auf die jährliche Verzinsung.“
Einzelhandel: Wie entwickeln sich die Innenstädte?
Im Jahr 2023 erreichte der Einzelhandelsumsatz in Deutschland mit 649 Milliarden Euro einen Rekordwert. Doch die hohe Inflationsrate von sechs Prozent führte zu einem realen Umsatzrückgang von 3,4 Prozent – dem größten seit der Jahrtausendwende.
Laut der Studie verlieren Städte massiv an Handelsbetrieben. Die großen Handelsketten optimieren ihr Filialnetz und konzentrieren sich auf die guten Standorte. Darüber hinaus wächst der Druck auf die Mieten für Einzelhandelsimmobilien. „Shoppingcenter im Bestand sind weiterhin auf dem Investmentmarkt so gut wie nicht präsent,“ so die Studien-Autoren. „Shoppingcenter werden in der Regel nur als Repositionierungsprojekte gehandelt; reine Bestandsobjekte sind am Transaktionsmarkt quasi nicht präsent. Anders verhält es sich bei Lebensmittelmärkten, die als (oft kleinteilige) Investments eine hohe Nachfrage generieren.“
Hotelimmobilien: Weitere Erholung
Am Hotelinvestmentmarkt erwartet Bulwiengesa für das Jahr 2024 eine weitere Erholung, unterstützt durch Großereignisse wie die Fußball-Europameisterschaft und die Belebung des Messegeschäfts. Grundsätzlich bleibe die wirtschaftliche Lage jedoch angespannt, was zu einem Rückgang im Neubauvolumen und einer Verschiebung hin zu einem Mietermarkt führen könnte.
Logistik: Gute Nachfrage, Marktpotenzial für betreutes Wohnen enorm
Die Nachfrage nach sehr guten Logistikimmobilien bleibt auf einem hohen Niveau und Mietpreise steigen weiter. Laut der Analyse wird die Objektqualität – auch aus ESG-Gesichtspunkten – zunehmend zum treibenden Faktor.
Im Bereich betreutes Wohnen für Senioren ist das Marktpotenzial enorm: „Mit rund 366.000 Wohneinheiten stehen lediglich knapp drei Prozent der Haushalte über 65 Jahren oder älter eine segmentspezifische Wohnung im Seniorenwohnen zur Verfügung, deren Verteilung sich zudem regional stark unterscheidet.“ Die steigende Nachfrage spiegele sich auch im Investmentmarkt wider. Hauptinvestoren seien offene Immobilienfonds und Spezialfonds, so die Schlussfolgerung der Studie.
Die Bulwiengesa 5 Prozent-Studie bietet seit 2015 einen Marktüberblick und liefert einen neuen Ansatz bei der Beschreibung von Immobilienmärkten. Die Studie ermittelt die wahrscheinliche interne Verzinsung (IRR) einer Investition bei einer angenommenen Haltedauer von zehn Jahren. Damit können jährliche Renditen für Investitionen berechnet und die Ertragsaussichten verschiedener Assetklassen gegenübergestellt werden.