Diese Soldaten könnten aus Ländern stammen, die in der Vergangenheit Bereitschaft zur Truppenentsendung signalisiert haben, wie Frankreich oder die baltischen Staaten, erklärte die ehemalige estnische Premierministerin am Rande eines Treffens mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und weiteren Regierungsvertretern in Kiew. Die Diskussion über eine Friedenstruppe für die Ukraine wird durch den bevorstehenden Machtwechsel in den USA neu entfacht. Donald Trump könnte als Präsident versuchen, beide Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu bringen. Dabei könnte er Kiew mit einem Stopp der Militärhilfe und Russland mit einem Ausbau derselben unter Druck setzen.
Ukraine-Friedenstruppe: EU-Delegation mit symbolträchtigem Besuch
Zum Auftakt ihrer Amtszeit besuchten Kallas und andere EU-Spitzenpolitiker die Ukraine. In Kiew bekräftigten EU-Ratspräsident António Costa und Kallas ihre Unterstützung für Selenskyj und dessen Kabinett.
Costa versprach der Ukraine, den EU-Beitrittsprozess voranzutreiben. Bis Mitte nächsten Jahres sollen mindestens zwei Verhandlungsbereiche eröffnet werden. Zudem sicherte er zusätzliche Finanzhilfen und entschlossene Arbeiten am 15. Sanktionspaket gegen Russland zu. Ab kommendem Jahr sollen monatlich 1,5 Milliarden Euro aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten bereitgestellt werden. Der Besuch erfolgte in einer kritischen Phase für die Ukraine. Insbesondere im Osten gerät das ukrainische Militär zunehmend in Bedrängnis und muss oft Positionen räumen. Experten sehen in der Personalnot einen Hauptgrund.
Unterdessen setzte Russland erneut Drohnenangriffe ein. Kamikaze-Drohnen, die aus unterschiedlichen Richtungen einflogen, verwirrten durch unvorhersehbare Flugmuster die ukrainische Flugabwehr. Berichten zufolge gelang es dieser jedoch, einige Drohnen abzuschießen. Laut "Financial Times" wird Fahnenflucht zu einer ernsten Herausforderung für die Ukraine. Allein dieses Jahr registrierten Staatsanwälte 60.000 neue Fälle. Deserteuren drohen bis zu zwölf Jahre Haft. Neben Fluchtversuchen junger Männer ins Ausland oder Bestechungen von Ärzten kommt es auch direkt an der Front zu Desertionen. Ursache sei der Mangel an Reserven zur Entlastung der Soldaten.
Ein neues Phänomen betrifft Soldaten, die in Polen ausgebildet werden. Im Durchschnitt desertieren monatlich zwölf von ihnen, berichtete die Zeitung.
Rekordverluste auf beiden Seiten
Im November erlitt Russland laut ukrainischem Verteidigungsministerium die höchsten Verluste seit Kriegsbeginn. Über 45.700 russische Soldaten seien getötet oder verwundet worden, an einem Tag allein 2.030. Insgesamt soll Russland seit Kriegsbeginn über 742.000 Verluste verzeichnet haben. Diese Zahlen sind jedoch nicht unabhängig überprüfbar.
Moskau hingegen gibt die ukrainischen Verluste mit über 906.000 an. Laut russischem Verteidigungsministerium verlor Kiew allein in diesem Jahr mehr Soldaten als in den ersten beiden Kriegsjahren zusammen. Die NATO schätzte die russischen Verluste zuletzt auf über 600.000 Tote und Verwundete. Auch unabhängige Verifizierungen sind hier nicht möglich. Mit der Idee einer Ukraine-Friedenstruppe könnte eine Lösung näher rücken, doch der Weg dorthin bleibt ungewiss.