Panorama

Tempo 30 innerorts: Fußgängerschutz in Deutschland stärker in den Fokus rücken

Die Gewerkschaft der Polizei fordert Tempo 30 innerorts, um die Verkehrssicherheit und den Fußgängerschutz zu verbessern. Besonders Kinder und Senioren sind häufig Opfer von Verkehrsunfällen. Fachleute diskutieren technische Lösungen, härtere Strafen und Änderungen in der Verkehrsplanung, um Fußgänger besser zu schützen.
02.02.2025 14:58
Aktualisiert: 02.02.2025 16:08
Lesezeit: 2 min

Für besseren Schutz von Fußgängern spricht sich die Polizeigewerkschaft für Tempo 30 innerorts aus. "Jeder ist Fußgänger - und wenn er nur zu seinem Auto geht", sagt Michael Mertens, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die Sicherheit von Fußgängern betreffe jeden. Fachleute fordern angesichts der alternden Gesellschaft: Fußgänger sollten besser geschützt werden. Die Pläne dazu sind unterschiedlich.

Laut Statistischem Bundesamt waren Fußgänger im Jahr 2023 mit neun Prozent die zweitgrößte Gruppe der Unfallbeteiligten nach Autofahrern. Die Zahl der verunglückten Fußgänger lag 2023 bei 33.504 und damit fast auf dem Vor-Corona-Niveau von 34.815 aus 2019. Die Zahl der Getöteten stieg 2023 auf 449 (2019: 429). Besonders betroffen waren unter 15-Jährige und Menschen über 75 Jahre.

Polizeigewerkschaft fordert Tempo 30 innerorts

Mertens plädiert für eine Regelgeschwindigkeit von Tempo 30 innerorts. Wo sichere Fußwege vorhanden sind, könne mit 50 Stundenkilometern oder schneller gefahren werden, erklärt er. "Das schmerzt mich als Autofahrer auch, aber ich würde es machen." Seit einer Änderung der Straßenverkehrsordnung im Jahr 2024 können Kommunen einfacher Tempo-30-Zonen einrichten.

Zudem könnten höhere Bußgelder laut Mertens zur Verkehrssicherheit beitragen. "Wir sind europaweit der Discounter bei den Bußgeldern", so der stellvertretende Vorsitzende.

Verkehrsplanerin: Fußgänger zuerst berücksichtigen

Verstöße wie Falschparken oder Geschwindigkeitsüberschreitungen müssten laut Verkehrsplanerin Katalin Saary strenger geahndet werden. Häufig führen falsch parkende Fahrzeuge zu Unfällen, da Fußgänger zu spät gesehen werden. Eine Untersuchung der Unfallforschung der Versicherer zeigt, dass bei jedem fünften Unfall mit Fußgängern oder Radfahrern parkende Autos beteiligt sind. Gehwegnasen, also vorgezogene Bürgersteige, könnten Abhilfe schaffen.

Ein grundlegender Wandel in der Verkehrsplanung sei nötig: Fußgänger müssten Vorrang erhalten. Parkplätze sollten erst berücksichtigt werden, wenn genügend Raum bleibt. Attraktive Fußwege, etwa durch Grünflächen oder Sitzgelegenheiten, würden die Nutzung fördern, sagt Saary.

Ab dem 29. Januar diskutieren Fachleute beim Verkehrsgerichtstag in Goslar über das Thema. Der dreitägige Kongress zählt zu den bedeutendsten Treffen von Experten für Verkehrssicherheit und Verkehrsrecht in Deutschland und gibt Empfehlungen an den Gesetzgeber.

Bei Unfällen meist Autofahrer schuld

Laut Statistischem Bundesamt ereignen sich die meisten Unfälle mit Fußgängern durch Autos. In 77 Prozent der Fälle lag die Schuld 2023 bei Autofahrern. "Oft passieren Unfälle, wenn Fußgänger eine Straße überqueren wollen", erklärt Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallprävention bei der Björn-Steiger-Stiftung.

Unfallforscher: "Mehr Zebrastreifen an geeigneten Stellen"

Unfallforscherin Kirstin Zeidler vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft betont, dass zusätzliche Zebrastreifen, Ampeln und Verkehrsinseln hilfreich wären. Siegfried Brockmann ergänzt, dass Verkehrsbeobachtungen notwendig seien, um Standorte für Querungshilfen zu ermitteln. Die Deutsche Polizeigewerkschaft fordert zudem einfachere Verfahren zur Einrichtung von Fußgängerüberwegen.

Technisch seien viele Lösungen möglich, so Zeidler. Beispielsweise könnten verpflichtende Bremssysteme, vernetzte Ampeln oder Fahrzeuge, die Gefahren melden, den Fußgängerschutz verbessern. Der Auto Club Europa (ACE) schlägt zudem digitale Kontrollen falsch parkender Autos mittels Scan-Fahrzeugen vor. Auch der Deutsche Anwaltverein (DAV) sieht technisches Potenzial noch ungenutzt.

Anwalt: Neue Vorschriften nicht nötig

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat spricht sich für ein pauschales Park- und Halteverbot von zehn Metern Abstand zu Kreuzungen und Einmündungen aus. Aktuell gilt ein Abstand von fünf Metern. Der ACE fordert eine bessere Instandhaltung von Gehwegen und verstärkte Aufklärung. Außerdem wäre eine strikte Trennung von Fußwegen, Radwegen und Fahrbahnen sinnvoll.

Auch der Automobilclub von Deutschland fordert Verbesserungen der Infrastruktur für Fußgänger. Neue Vorschriften seien jedoch unnötig, betont DAV-Verkehrsrechtler Martin Diebold.

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