Politik

ifo Dresden: Ineffizienter öffentlicher Sektor gefährdet Privatwirtschaft - und überfordert Steuerzahler

Zu viel Personal, zu wenig produktiv, zu teuer – kritisiert das Dresdner Ifo-Institut den öffentlichen Dienst. Ihr Fazit: Die Löhne der öffentlich Beschäftigten orientieren sich an denen der Privatwirtschaft, ohne gleichermaßen produktiver zu sein. Warum der ineffiziente, aufgeblähte Staatsapparat die Personalprobleme der Privatwirtschaft verschärft.
21.02.2025 08:28
Lesezeit: 2 min
ifo Dresden: Ineffizienter öffentlicher Sektor gefährdet Privatwirtschaft  - und überfordert Steuerzahler
Jobzuwachs fast nur im öffentlichen Sektor: Aktuelle Proteste vor der Bundestagswahl für 8 Prozent mehr Lohn für Angestellte des öffentlichen Dienstes. (Foto: dpa) Foto: Bernd Wüstneck

Gerade verkündete das Bundesamt für Statistik einen neuen Job-Rekord: Im Jahr 2024 arbeiteten 46,1 Millionen Menschen in Deutschland – so viele wie noch nie. Doch das Job-Wunder ist gar keins. Denn die meisten neuen Stellen schafft sich der Staat selbst.

„Im öffentlichen Sektor wird sich jetzt schon ein Fettpolster angefressen, falls eine neue Bundesregierung doch beim Bürokratie-Abbau Ernst machen sollte“, sagte Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Bank zur Bild.

Ifo kritisiert öffentlichen Sektor als ineffizient

Der öffentliche Dienst in Deutschland verschärft nach Ansicht des Dresdner Ifo-Instituts die Personalprobleme in der Privatwirtschaft. Die Beschäftigung im öffentlichen Sektor habe in den letzten Jahren zugenommen, erklärte der Wirtschaftswissenschaftler Marcel Thum mit Verweis auf Zahlen von Statistikämtern. „Stattdessen hätte die öffentliche Verwaltung die Digitalisierung vorantreiben müssen, um mit den Effizienzgewinnen Personal einzusparen.“

In Deutschland waren 2022 rund 5,2 Millionen Frauen und Männer im öffentlichen Dienst beschäftigt, so viel wie zuletzt im Jahr 1996. Beim Tiefstand im Jahr 2008, eine Folge von langjährigen Rationalisierungs- und Sparmaßnahmen, waren es nur 4,5 Millionen Personen. Jeder zehnte Beschäftigte des öffentlichen Dienstes arbeitet aktuell beim Bund, die Hälfte bei den Bundesländern und ein Drittel bei den Kommunen. Der verbleibende Anteil von sieben Prozent entfällt auf den Bereich Sozialversicherung.

Rückstand bei Digitalisierung

Thum zufolge hat sich der öffentliche Sektor nur unzureichend darauf vorbereitet, dass die erwerbsfähige Bevölkerung schrumpfen wird. „Überdies steigen die Kosten, weil sich die Löhne der öffentlich Beschäftigten an denen der Privatwirtschaft orientieren, ohne gleichermaßen produktiver zu werden. Diese zusätzlichen Kosten müssen die Steuerzahler tragen“, so der Ifo-Forscher.

Der Wissenschaftler verwies auf Studien, wonach Deutschland im öffentlichen Sektor bei der Digitalisierung hinterherhinkt. „Während Unternehmen Automatisierung nutzen und Arbeitsprozesse verschlanken, werden im öffentlichen Dienst neue Stellen geschaffen, statt alte Aufgaben und Prozesse zu hinterfragen.“

Die Digitalisierung in der Privatwirtschaft erhöhe die Arbeitsproduktivität insgesamt, hieß es. Letztendlich stiegen damit die Löhne auch im öffentlichen Sektor. Diese höheren Löhne müssten dann für die steigende oder konstante Zahl an Beschäftigten im öffentlichen Sektor gezahlt werden.

Lasten für Steuerzahler

„Diese Entwicklung überfordert auf Dauer die Steuerzahler. Sie gefährdet langfristig aber auch die gesamte Wirtschaft, da ihr der öffentliche Sektor die Arbeitskräfte entzieht“, erklärte Thum. Damit werde der Fachkräftemangel in der gesamten Wirtschaft verschärft. Der Staat müsse sich stärker auf Digitalisierung und Prozessoptimierung konzentrieren, um mit den knapper werdenden Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen.

Hinzukommt, dass der öffentliche Sektor die Anpassung an den demografischen Wandel verpasst, wie ifo-Experte Marcus Thum in seinem neusten Aussatz analysiert. Die schrumpfende und alternde Bevölkerung beeinflusst nahezu alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Besonders betroffen ist der Arbeitsmarkt, auf dem in den kommenden Jahren die Anzahl der potenziellen Arbeitskräfte stark zurückgehen dürfte. Dies stellt – selbst bei nachlassender wirtschaftlicher Dynamik – sowohl die Privatwirtschaft als auch den öffentlichen Sektor vor massive Probleme. Doch während der private Sektor durch Digitalisierung und Automatisierung Flexibilität beweist, fällt es dem öffentlichen Sektor schwer, sich auf diese Realität einzustellen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Globale Handelsadern unter Beschuss: Wem gehören die Häfen der Welt?
02.08.2025

Im globalen Machtpoker um maritime Infrastruktur blockiert China die milliardenschwere Übernahme von CK Hutchinson-Terminals durch...

DWN
Panorama
Panorama Sommerferien 2025: Wer früher startet, erlebt mehr Sonne – wer später reist, profitiert anders
02.08.2025

Sommerferien sind heiß ersehnt – doch wann ist der beste Zeitpunkt für den Urlaub? Früh oder spät starten, Sonne oder Schnäppchen,...

DWN
Finanzen
Finanzen Lebensversicherung verkaufen: Wie Sie die Lebensversicherung zu Geld machen können
02.08.2025

Bei einem Verkauf der Lebensversicherung erhält man in aller Regel mehr Geld als bei einer Kündigung des Vertrags. Während der...

DWN
Technologie
Technologie LinkedIn ist das professionelle soziale Netzwerk: Doch etwas ist im Wandel
02.08.2025

LinkedIn galt lange als letzte seriöse Bastion im Netz – ein Ort für Karrieren, Netzwerkpflege und Fachlichkeit. Doch jetzt häufen...

DWN
Finanzen
Finanzen Warum nur 1 von 25 Aktien echten Wohlstand schafft
02.08.2025

Nur vier Prozent der Aktien schaffen es, den Markt nachhaltig zu schlagen – der Rest vernichtet langfristig Vermögen. Was Anleger jetzt...

DWN
Finanzen
Finanzen Immobilien-Crowdfunding-Falle: Anleger warnt vor Reinvest24
02.08.2025

Ein Investor schlägt Alarm: Zinsen bleiben aus, Geld verschwindet, Auskünfte gibt es keine. Der Fall der Plattform Reinvest24 zeigt, wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fahrermangel in Europa: Fast die Hälfte der europäischen Lkw-Fahrer steht kurz vor der Pensionierung
02.08.2025

Europa droht eine stille Krise, die alle trifft: Hunderttausende Lkw-Fahrer gehen bald in Rente – doch kaum jemand will nachrücken....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chef des Superfonds Eifo zur chinesischen Windkraft-Offensive: „Ich bin besorgt“
02.08.2025

Chinas Windkraftkonzerne drängen mit Macht auf globale Märkte – und bedrohen nun auch Europas Energiewende. In Lateinamerika, Afrika...