Technologie

Nun doch die Rettung? Chinesischer Konzern will Flugtaxi-Firma Volocopter kaufen

Der Hype um Flugtaxis war groß. Dann wurde lange entwickelt und präsentiert. Doch es scheitert bisher an Zulassungen und immer wieder an Geld. Nun gibt es Neues zum badischen Branchenpionier.
13.03.2025 07:48
Aktualisiert: 13.03.2025 08:30
Lesezeit: 3 min
Nun doch die Rettung? Chinesischer Konzern will Flugtaxi-Firma Volocopter kaufen
Fluggerät des badischen Flugtaxi-Herstellers Volocopter mit ADAC-Logo steht auf einem Fluplatz. Das Unternehmen hatte ursprünglich während der Olympischen Spiele reguläre Flüge anbieten wollen. (Foto: dpa) Foto: Maximilian Specht

Der chinesische Konzern Wanfeng will den insolventen Flugtaxi-Hersteller Volocopter für zehn Millionen Euro kaufen. Das geht aus einer Börsenmitteilung von Wanfeng vor Abschluss des Vertrages hervor. "Volocopter nimmt dazu aktuell keine Stellung", teilte eine Sprecherin des Unternehmens aus dem badischen Bruchsal mit.

Abgewickelt wird das Geschäft der Mitteilung zufolge über eine eigens gegründete Tochtergesellschaft mit Sitz in Berlin, die dem österreichischen Flugzeughersteller Diamond Aircraft zugeordnet ist. Dieser ist zu 100 Prozent im Besitz von Wanfeng. Mehrere Medien berichteten am Mittwoch darüber. Schon vergangene Woche hatten erste Berichte aufhorchen lassen.

Rund 450 Mitarbeitende freigestellt

Volocopter hatte am zweiten Weihnachtstag einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Das Amtsgericht Karlsruhe bestellte Tobias Wahl von Anchor Rechtsanwälte zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Er wollte bis Ende Februar ein Sanierungskonzept entwickeln und mit Investoren umsetzen.

Anfang März dann eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren. Auf einer Versammlung Anfang vergangener Woche wurden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darüber informiert, dass sie mit sofortiger Wirkung freigestellt würden. Betroffen sind um die 450 Menschen. Angeblich sollen etwa 160 davon weiterbeschäftigt werden.

Musterzulassung für Passagierbetrieb fehlt

Schon im Herbst war bekanntgeworden, dass Firmenchef Dirk Hoke spätestens zum 1. April 2025 die Führung beim Technologiekonzern Voith in Heidenheim übernehmen sollte. Ex-Daimler-Chef Dieter Zetsche sollte als Beiratsvorsitzender bei Volocopter einen Nachfolger für Hoke suchen. Mit Blick auf die unsichere Zukunft des Unternehmens tat sich hier bisher nichts.

Eigentlich wollte das 2011 gegründete Start-up längst Passagiere mit senkrecht startenden und landenden vollelektrischen Fluggeräten befördern. Doch bisher fehlt dafür eine Musterzulassung der Europäischen Agentur für Flugsicherheit.

Mitte Februar hatte Volocopter mitgeteilt, 75 Prozent der geforderten Audits abgeschlossen zu haben. Damals vermeldete der Branchenpionier eine Partnerschaft mit Jet Systems Hélicoptères Services. Es ging den Angaben zufolge um die Lieferung zweier Flugtaxis vom Typ Volocity. Mehr als eine Absichtserklärung war die unterzeichnete Vereinbarung allerdings nicht.

Parallelen zu Lilium

CSU-Politikerin Dorothee Bär hatte die Flugtaxi-Branche mit einem Interview vor einigen Jahren in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt und einen kleinen Hype ausgelöst. Doch der Industriezweig kämpft mit Problemen. Zuletzt hatte der Elektroflugzeugbauer Lilium aus Bayern zum zweiten Mal Insolvenz angemeldet. Auch bei Lilium verwaltet ein Anwalt der Kanzlei Anchor Rechtsanwälte das Verfahren.

Im Herbst hatte das Unternehmen zum ersten Mal Insolvenz angemeldet, weil das Geld für den Aufbau der Produktion fehlte. Am 24. Dezember hatte das Investorenkonsortium Mobile Uplift Corporation einen Kaufvertrag für das Betriebsvermögen der beiden Tochtergesellschaften Lilium GmbH und Lilium eAircraft unterzeichnet und 200 Millionen Euro frisches Geld angekündigt.

Keine Hilfe vom Staat

Lilium und Volocopter hatten in der Vergangenheit immer wieder finanzielle Unterstützung gesucht. Staatliche Hilfe blieb aber aus. Volocopter bekam im vergangenen Jahr am Ende Geld von Investoren. Doch das reichte nicht.

In der Erklärung zur Insolvenz hieß es, in der Vergangenheit hätten zahlreiche Finanzierungsrunden die Entwicklung und den Betrieb vorangetrieben. Bis vor kurzem habe Volocopter so in einem äußert schwierigen Finanzumfeld bestanden. "Trotz intensiver Bemühungen ist es dennoch nicht gelungen, eine tragfähige Lösung zu finden, um den regulären Betrieb außerhalb eines Insolvenzverfahrens der Volocopter GmbH aufrechtzuerhalten."

In Deutschland nur Einsätze im Rettungswesen angedacht

Eigentlich hatte Volocopter während der Olympischen Spiele in Paris Menschen fliegen wollen. Doch weil die Erlaubnis zum kommerziellen Passagierbetrieb fehlt, blieb es bei Show-Flügen unter anderem in der Nähe von Schloss Versailles. Die Erlaubnis, Piloten auszubilden, hat Volocopter hingegen erhalten.

Regelmäßige Flüge in Deutschland waren nie wirklich Thema, weil die Städte hierzulande den Angaben nach nicht so groß und dicht besiedelt sind wie Rom und Osaka. Zudem hätten sie autarke Nahverkehrsnetze. Stattdessen hatten Volocopter und die ADAC-Luftrettung eine Zusammenarbeit gestartet, um beispielsweise den Einsatz für Rettungszwecke zu erproben.

Obwohl als nachhaltig und leise beworben sind die modernen Fluggeräte nicht unumstritten: Eine Analyse des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim von elf Untersuchungen ergab, dass sich Reisezeiten kaum verkürzten, während die Kosten und im Vergleich zu E-Autos auch die CO2-Emissionen stiegen. "Nützlich kann urbane Luftmobilität vor allem bei Notfalleinsätzen sowie zum Anbinden entlegener Regionen sein."

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