Pressekonferenz zur Vorstellung des Koalitionsvertrags
Um 15.00 Uhr wurde am Mittwoch im Paul-Löbe-Haus des Bundestags eine gemeinsame Pressekonferenz abgehalten. Dort haben CDU-Chef Friedrich Merz, SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil, CSU-Chef Markus Söder und SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken erstmals den Koalitionsvertrag offiziell vorgestellt. Die CSU hatte die Medienvertreter bereits im Vorfeld zur Veranstaltung eingeladen.
CDU-Chef Friedrich Merz zeigte sich in der Pressekonferenz optimistisch, dass eine Regierung zwischen Union und SPD gut gelingen wird. Die Einigung von CDU/CSU und SPD auf einen gemeinsamen Koalitionsvertrag sei ein "sehr starkes und klares Signal" an die Bürgerinnen und Bürger des Landes sowie an die Partner in der Europäischen Union. "Deutschland bekommt eine handlungsfähige und eine handlungsstarke Regierung", sagte Merz, den Union und SPD zum Bundeskanzler wählen wollen.
SPD-Chef Lars Klingbeil hat das gemeinsame Ziel von Union und SPD betont, Deutschland ungeachtet aller aktuellen Krisen gemeinsam voranzubringen. "Wir haben das Potenzial, gestärkt aus dieser Zeit hervorzugehen", sagte Klingbeil nach der Einigung von Union und SPD auf einen Koalitionsvertrag. Mit Blick auf die gemeinsamen Vereinbarungen sagte er: "Es geht nicht darum, alles zu ändern - aber es geht darum, das Richtige zu ändern."
Schwarz-Rot will Industriestrompreis einführen
Energieintensive Unternehmen sollen von der neuen Bundesregierung mit einem Industriestrompreis entlastet werden. Das geht aus dem Koalitionsvertrag hervor. Wirtschaftsverbände beklagen seit Langem im internationalen Vergleich hohe Strompreise. Dies hemme Investitionen in Deutschland. Bereits in ihren Sondierungen hatten sich CDU, CSU und SPD darauf verständigt, die Stromsteuer auf den in der EU erlaubten Mindestwert zu senken. Auch Umlagen und Netzentgelte sollen sinken. Das soll zu Entlastungen um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde führen.
Union und SPD wollen daneben die Übertragungsnetzentgelte halbieren, ein Bestandteil des Strompreises. Dauerhaft sollen die Netzentgelte gedeckelt werden. Auch Rechenzentren sollen einbezogen werden. "Für die anderweitig nicht weiter zu entlastenden energieintensiven Unternehmen führen wir im Rahmen der beihilferechtlichen Möglichkeiten eine besondere Entlastung (Industriestrompreis) ein."
Bürgergeld wird verschärft
Beim heutigen Bürgergeld planen Union und SPD deutliche Verschärfungen. Das bisherige System soll nach der Einigung von CDU/CSU und Sozialdemokraten auf einen Koalitionsvertrag zu "einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende" umgestaltet werden. Vermittlung in Arbeit soll bei arbeitsfähigen Menschen Vorrang haben. Vorgesehen ist nach dem Entwurf des schwarz-roten Koalitionsvertrags dazu die Beseitigung von Vermittlungshürden.Mitwirkungspflichten und Sanktionen sollen "im Sinne des Prinzips Fördern und Fordern" verschärft werden. Schneller als heute sollen Sanktionen durchgesetzt werden. Leistungen sollen vollständig entzogen werden, wenn Menschen, die arbeiten können, wiederholt zumutbare Arbeit verweigern. Geltende Schonzeiten für Vermögen sollen abgeschafft werden; die Höhe des Schonvermögens soll an die Lebensleistung gekoppelt werden.
Heizungsgesetz soll gestrichen werden
"Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen", heißt es im Koalitionsvertrag. Das neue Gebäudeenergiegesetz solle "technologieoffener, flexibler und einfacher" werden. Die erreichbare CO2-Vermeidung solle "zur zentralen Steuerungsgröße" werden. Die Union als Wahlsieger hatte angekündigt, das Gebäudeenergiegesetz (GEG), oft als Heizungsgesetz bezeichnet, grundlegend zu überarbeiten. In der SPD gibt es ebenfalls Stimmen für eine Vereinfachung des GEG.
Das neue Gebäudeenergiegesetz ist seit Anfang 2024 in Kraft. Ziel sind mehr Klimaschutz im Gebäudebereich und ein schrittweiser Umstieg auf klimafreundlichere Heizungen. Vorausgegangen waren lange und harte Verhandlungen innerhalb der Ampel-Koalition. Am Gesetz gab es von Anfang an viel Kritik, weil es viele kleinteilige Regelungen gebe.
Aufarbeitung der Corona-Pandemie geplant
Im Kampf gegen das Coronavirus wurden harte Alltagsbeschränkungen verhängt - Streit darum schwelt bis heute. Jetzt sollen sie analysiert werden. Das staatliche Vorgehen in der Corona-Krise soll nach Plänen von Union und SPD vom Bundestag aufgearbeitet werden. "Wir werden die Corona-Pandemie umfassend im Rahmen einer Enquete-Kommission aufarbeiten, insbesondere um daraus Lehren für zukünftige pandemische Ereignisse abzuleiten", vereinbarten CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag.
In der vergangenen Wahlperiode war eine umfassende Analyse und Auswertung der Schutzmaßnahmen mit Masken, Tests und Alltagsvorgaben nicht zustande gekommen. Enquete-Kommissionen des Bundestags gehören Abgeordnete und Experten aus Wissenschaft und Praxis an.
Schwarz-Rot peilt 15 Euro Mindestlohn für 2026 an
Millionen Menschen mit sehr schmalem Einkommen könnten ab kommendem Jahr deutlich besser verdienen. Das ist zumindest das politische Ziel von Union und SPD. Die künfitge Bundesregierung peilt für nächstes Jahr einen Mindestlohn von 15 Euro in der Stunde an. Die Entscheidung darüber bleibt jedoch bei der zuständigen Kommission von Experten, Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Dies geht aus dem vereinbarten Koalitionsvertrag der künftigen Regierungspartner hervor.
Derzeit liegt der Mindestlohn bei 12,82 Euro pro Stunde. Die SPD und andere Befürworter einer Erhöhung argumentieren, nach EU-Regeln sei diese Lohnuntergrenze in Deutschland zu niedrig. Demnach soll der Mindestlohn nicht weniger als 60 Prozent des sogenannten Medianlohns eines Landes sein. Das ist eine statistische Rechengröße, sie wird auch «mittlerer» Lohn genannt.
Ressortverteilung mit Überraschungseffekt
Im Rahmen der Koalitionsverhandlung konnten insbesondere SPD und CSU Erfolge bei der Ressortverteilung verzeichnen. Eine Besonderheit zeigt sich dabei beim Auswärtigen Amt: Entgegen der üblichen Praxis, wonach der kleinere Koalitionspartner dieses Ministerium übernimmt, wird es diesmal voraussichtlich von der Partei geführt, die auch den Kanzler stellt – also der CDU. Dies wäre das erste Mal seit rund 60 Jahren.
Grund dafür ist laut Medieninformationen, dass die SPD das Verteidigungsministerium behalten möchte. Boris Pistorius soll demnach seine Arbeit als Verteidigungsminister fortsetzen können. Darüber hinaus erhält die SPD das strategisch bedeutende Finanzministerium sowie das Justizressort. Die Union hingegen wird das Innenministerium führen. CDU-Chef Friedrich Merz hatte bereits im Bundestagswahlkampf eine Wende in der Migrationspolitik zu einem seiner zentralen Versprechen erklärt.
Bereits vor der offiziellen Bekanntgabe sickerten weitere Einigungen in zentralen Streitfragen durch. Laut Informationen des Nachrichtenmagazins Spiegel enthält der Koalitionsvertrag keine Steuererhöhungen, der Solidaritätszuschlag soll in seiner aktuellen Form wohl bleiben. Vereinbart wurde offenbar auch eine Senkung der Körperschaftssteuer ab 2028. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz soll es nicht länger geben. Außerdem ist eine Reform des Bürgergeldes in seiner jetzigen Form sowie das Ende von Einbürgerungen im Schnellverfahren (sogenannte Turbo-Einbürgerungen) vorgesehen. Geeinigt haben sich die Koalitionspartner zudem auf steuerfreie Überstundenzuschläge, kommen soll auch die steuerfreie Aktivrente.
Koalitionsvertrag 2025 pdf: Hier Koalitionsvertrag-pdf herunterladen
Die oben genannten Vereinbarungen von Union und SPD sind nur wenige Auszüge aus dem mehrere Seiten langen Koalitionsvertrag 2025. Verschaffen Sie sich selbst einen Eindruck, was die drei Parteien, CDU, CSU und SPD, nach langen Koalitionsverhandlungen konkret beschlossen haben: Koalitionsvertrag-pdf-Download
Einigung nach langen Koalitionsverhandlungen
Der neue Koalitionsvertrag markiert das Ergebnis intensiver Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD. Die Gespräche wurden von allen Beteiligten als anspruchsvoll, aber zielgerichtet beschrieben. Mit der heutigen Vorstellung wird ein entscheidender Schritt zur Bildung der neuen Bundesregierung gemacht.
Das schwarz-rote Bündnis setzt mit dem Koalitionsvertrag nicht nur politische Weichen, sondern sendet auch ein Signal der Stabilität in innen- wie außenpolitisch herausfordernden Zeiten. Im Fokus steht dabei eine enge und verlässliche Zusammenarbeit der Koalitionspartner auf Basis klar definierter Zuständigkeiten.