Panorama

Mallorca wird teurer - trotzdem Run auf die Insel

Mallorca, die beliebteste Urlaubsinsel der Deutschen, steht vor einer Rekordsaison. Während Hoteliers und Tourismusbranche sich auf einen Ansturm freuen, wächst unter den Einheimischen der Unmut. Der Massentourismus erreicht neue Dimensionen, und viele Bürger befürchten, dass die Insel an ihre Grenzen stößt - und für alle noch teurer wird.
10.04.2025 12:38
Lesezeit: 3 min
Mallorca wird teurer - trotzdem Run auf die Insel
Sangria, Strand, Ballermann: die Deutschen lieben "ihr" Mallorca. Doch werden sie auch zurückgeliebt? (Foto: dpa) Foto: Clara Margais

"Kommt nicht!" – Wut auf Mallorca wächst vor Rekordsaison

Die Partymeilen auf Mallorca erwachen aus dem Winterschlaf. Ein Besucherrekord wird erwartet. Doch gleichzeitig wächst der Unmut der Einheimischen. Welche negativen Folgen hat der Massentourismus?

Auf Mallorca läuft der Countdown: Ostern markiert den Beginn der neuen Saison, die nach Einschätzung der Branche alle Besucherrekorde brechen wird. Am 24. April starten am Ballermann die viertägigen Opening-Partys der Kult-Lokale Bierkönig und Megapark. Sie gelten als offizieller Saisonauftakt. Während Mallorca-Fans aus dem kühlen Norden sich ebenso wie Hoteliers, Restaurant- und Barbesitzer erwartungsvoll die Hände reiben, herrscht in Palma auch große Sorge. Und oft die blanke Wut.

Der Grund: Es wird erwartet, dass die Balearen mit Mallorca dieses Jahr erstmals die Marke von zwanzig Millionen Besuchern überschreiten. Gut fürs Portemonnaie der Branche und grundsätzlich auch für die Wirtschaft der spanischen Mittelmeer-Inseln. Doch selbst der Tourismusminister der konservativen Regionalregierung, Jaume Bauzá, räumte kürzlich ein: „Wir haben ein Limit erreicht.“

Er spricht von den knapp neunzehn Millionen Besuchern, die 2024 kamen. Das waren bereits eine Million oder fünf Prozent mehr als 2023. Allein Mallorca, das nicht einmal eine Million Einwohner zählt, empfing 13,5 Millionen Touristen. Die Zahl der Besucher aus Deutschland stieg 2024 auf den Balearen sogar um neun Prozent auf die historische Höchstmarke von mehr als fünf Millionen.

"Arm trotz Arbeit" – Nicht alle profitieren vom Tourismus-Boom

Sagenhafte 22,4 Milliarden Euro ließen Touristen aus dem In- und Ausland auf den Inseln – etwa zwölf Prozent mehr als im Vorjahr. Auf Mallorca hat der Tourismus einen Anteil von deutlich über vierzig Prozent am Gesamteinkommen. Doch längst nicht alle profitieren davon. Im Gegenteil: Jeder fünfte Balearen-Bewohner gilt nach amtlichen Angaben als armutsgefährdet.

"Elend auf Mallorca breitet sich rasant aus", titelte kürzlich das „Mallorca Magazin“. Es gebe "immer mehr Brettersiedlungen", unter anderem an den Gleisen des bei Touristen beliebten Sóller-Zugs, einer historischen Schmalspurbahn. Ein Bericht der "Mallorca Zeitung" zur sozialen Lage trug im vergangenen Jahr die Überschrift: "Arm trotz Arbeit: Auf Mallorca bleibt vielen Menschen kein Geld mehr fürs Essen."

Wohnungsnot, Preiserhöhung, Umweltverschmutzung

Neben der Zahl der Besucher wächst auch die Zahl der Ferienwohnungen. Aus Sicht von Mieterverbänden, Umweltschutzgruppen und anderen Organisationen gibt es zahlreiche negative Folgen: Zu ihnen gehören Wohnungsnot, Verschmutzung, Staus und Lärm, eine allgemeine Preiserhöhung sowie die Zerstörung der Natur. Im vergangenen Jahr gab es bereits mehrere Proteste gegen Massentourismus. Der Unmut wächst.

Im März veröffentlichten sieben mallorquinische Organisationen einen Brandbrief, in dem sie die Touristen aufforderten, zu Hause zu bleiben. "Kommt nicht hierher!" und "Bleibt zu Hause", hieß es in dem offenen Brief. Mallorca sei "nicht das Paradies, das man euch verkauft". Die Insel sei "völlig überfüllt" und erlebe "einen Kollaps". „Die Einheimischen sind wütend und nicht mehr gastfreundlich, weil man das Land, das wir lieben, zerstört und weil viele Bewohner auswandern müssen, weil die Insel unbewohnbar geworden ist.“

Behörden haben viele Pläne – aber es tut sich wenig

Erst vor wenigen Tagen zogen Tausende in Palma – wie auch in ganz Spanien – bei einer Demonstration gegen die Wohnungsnot wieder auf die Straßen. Das Rathaus kündigte wiederholt Verbesserungen an, doch es tut sich wenig. Im Gegenteil: Es sind neue Benimmregeln geplant, mit denen Obdachlose aus Sicht von Kritikern regelrecht verfolgt werden sollen.

Schlafen in Parks soll genauso verboten werden wie das Übernachten im Wohnwagen. Die Camper protestierten so lautstark, dass Bürgermeister Jaime Martínez ein wenig zurückruderte und die Passagen zu den Wohnwagen aus dem Vorschlag streichen will.

Hotelbesitzer bestreiten Überfüllung der Insel

Die Tourismusbranche warnt unterdessen davor, an dem Ast zu sägen, auf dem viele sitzen. Sie kritisiert Pläne der Regierung in Palma, mit neuen Maßnahmen die Auswüchse des Massentourismus einzudämmen. Geplant ist auch eine Erhöhung der Touristenabgaben auf bis zu sechs Euro pro Kopf und Nacht.

Der Hotelierverband FEHM bestreitet, dass Mallorca überlaufen ist. Es gebe keinen Massentourismus, beteuert FEHM-Präsident Javier Vich. Aus Sicht des Vize-Regierungschefs Antoni Costa sind jedoch Beschränkungen unumgänglich. Man müsse „das Wohlergehen der Bewohner berücksichtigen“.

"Mallorca wird langsam eine teure Insel", sagt Mika Ferrer, Chef des Unternehmerverbands Palma Beach, der sich für mehr Qualität an der Playa einsetzt. "Die Urlauber haben ein begrenztes Budget." Allerdings hätten Hotel- und Restaurantbetreiber kaum eine andere Wahl, als die Preise anzuheben. "In Sachen Qualität möchten wir jedenfalls nicht nachlassen", so Ferrer.

Neues Sicherheitskonzept gegen Exzesse und "Sauftourismus"

108 der 115 bei Palma Beach eingeschriebenen Playa-Hotels haben zu Ostern geöffnet. Das sind 94 Prozent. Der Rest öffnet zum 1. Mai. "Die Buchungen liegen über 80 Prozent", sagt Ferrer. Er zeigt sich begeistert vom neuen Sicherheitskonzept, das Bürgermeister Martínez kürzlich vorstellte.

Die Ortspolizei Palmas soll auf 275 Beamte aufgestockt werden. Mit drei Millionen Euro aus den Einnahmen der Touristensteuer wurden acht neue Polizeiautos, Kameras für die sogenannte Schinkenstraße und drei Drohnen gekauft, die den Ballermann überwachen sollen.

Martínez: "Es geht darum, 24 Stunden rund um die Uhr für Sicherheit zu sorgen." Er setze sich dafür ein, dass sich die "Exzesse der vergangenen Jahre" nicht wiederholen, sagt der Bürgermeister. Am 17. April sollen die neuen Maßnahmen starten. Es bleibt abzuwarten, ob sie Wirkung zeigen. Große Worte vor der Saison gab es schon in der Vergangenheit von vielen Inselpolitikern.

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