Wirtschaft

Deutsche Bierbrauer in der Krise

Eigentlich feiern die Brauer am 23. April den Tag des deutschen Bieres. Doch auch in diesem Jahr sind die Perspektiven der Branche eher trübe. Für deutsche Biertrinker könnte das erfreuliche Folgen haben.
23.04.2025 12:09
Lesezeit: 3 min

Zölle bremsen den Export

Die Exportaussichten für deutsches Bier haben sich auf einigen außereuropäischen Märkten deutlich verschlechtert. Zölle sind nicht nur für Exporteure in die USA ein großes Thema. Die verbliebenen Russlandexporte dürften laut Expertenmeinung aufgrund hoher Zölle nahezu vollständig wegbrechen.

Am Ende könnten Biertrinker in Deutschland preislich von den geringeren Exportchancen sogar profitieren. Denn in der deutschen Brauwirtschaft bestehen erhebliche Überkapazitäten, und der Inlandsabsatz sinkt im laufenden Jahr deutlich weiter, wie die Zahlen der ersten Monate belegen.

"Die deutschen Brauereien sind seit dem 5. April 2025 vom zehnprozentigen Basiszollsatz der USA betroffen sowie bei Bier in Aluminiumdosen vom 25-prozentigen Zusatzzoll auf den Aluminiumanteil", erklärt der Geschäftsführer des Verbandes der Ausfuhrbrauereien Nord-, West- und Südwestdeutschlands, Rodger Wegner. Im Juli könnte der Zoll sogar auf 20 Prozent steigen, sofern sich die USA und die EU bei den allgemeinen Zöllen nicht einigen. Der Handelsstreit mit den USA habe die Erwartungen gedämpft.

Wohin geht das meiste Exportbier?

Laut Statistischem Bundesamt gehen 18 Prozent der deutschen Bierproduktion – also fast ein Fünftel – in den Export. Das entsprach 1,45 Milliarden Litern. Die größten Absatzmärkte waren 2024 wertmäßig Italien mit 324 Millionen Euro, China mit 94 Millionen Euro, Russland mit 85 Millionen Euro, Frankreich mit 71 Millionen Euro und die USA mit 68 Millionen Euro.

In den vergangenen Jahren hat der vergleichsweise stabile Export den Brauereien geholfen, die noch stärkeren Einbrüche im Inland besser zu verkraften. Zwischen 2014 und 2024 sank der Inlandsabsatz um 15 Prozent, während der Export um sechs Prozent zurückging.

Von einer Verzehnfachung des russischen Zolls auf einen Euro je Liter Bier seien laut Niklas Other, Herausgeber des Getränkefachmarktmagazins "Inside", die dort noch vertretenen Hersteller von Billigbier betroffen. "Das sind damit wieder Überkapazitäten, die jetzt auf andere Exportmärkte und auch auf den deutschen Biermarkt drücken", erklärt er. Etliche Produzenten großer deutscher Biermarken hatten sich hingegen bereits nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine 2022 aus dem russischen Markt zurückgezogen.

Viele Preisaktionen im Handel

Doch nicht nur in der untersten Preiskategorie bleibt der Wettbewerb zum Vorteil der heimischen Biertrinker stark. Wie das Ostergeschäft erneut zeigte, setzen Handelsketten Sonderangebote bei Bier mit Preisen von 9,99 Euro je Kasten mit 20 Halbliterflaschen weiterhin regelmäßig als "Lockvogel" ein, um Kunden in die Läden zu bringen. "Wer kauft dann schon zum Normalpreis, wenn er weiß, dass demnächst bestimmt wieder ein Angebot kommt", sagt Other. Bei der meistgetrunkenen Biersorte Pils in Deutschland wird seit Langem mehr als zwei Drittel der Menge über Aktionsangebote verkauft.

Vorsichtiger Optimismus bei großen Marken

Mit Veltins und Krombacher zeigen sich zwei Produzenten großer Biermarken aus Nordrhein-Westfalen beim Exportgeschäft gelassen. Die Märkte außerhalb Europas seien stark umkämpft und führten allzu oft nur zu einmaligen Lieferungen.

"Unsere Konzentration liegt auf den europäischen Nachbarländern, die uns mit verlässlichen Importeuren in Italien, Spanien und den Niederlanden veritables Absatzpotenzial und gastronomische Wertschätzung bieten", sagt Veltins-Geschäftsführer Volker Kuhl. Nach einer Absatzschwäche im Jahr 2024 rechnet das Unternehmen für 2025 mit einem Zuwachs.

Bei der Privatbrauerei Krombacher macht der Export mit etwa fünf Prozent nur einen sehr kleinen Teil des Absatzes aus. "Dazu exportieren wir auch nur verschwindend geringe Mengen in die USA, die nicht wirklich ein Fokusland für unsere Exportaktivitäten sind. Nach Russland liefern wir seit Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine gar nicht mehr", sagt ein Sprecher.

Hoffnung auf den asiatischen Markt

Der Bierhersteller Oettinger, der außerhalb Bayerns unter anderem eine Brauerei in Mönchengladbach betreibt, will Asien stärker in den Blick nehmen. "Auch uns tangiert die Branchenentwicklung. Nicht nur vor diesem Hintergrund haben wir unsere Ausrichtung bei Oettinger Getränke verändert. Wir arbeiten zudem intensiv daran, den Export nach Asien zu intensivieren, um neue Märkte zu erschließen und unsere internationale Präsenz weiter auszubauen", hieß es.

Auf das Wetter kommt es an

Der Inlandsabsatz verlief unterdessen in den ersten beiden Monaten 2025 laut Experte Other auch für die Branche erschreckend schwach. Insgesamt schrumpfte der Bierabsatz in Deutschland im Januar und Februar um gut 570.000 Hektoliter im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. "Das sind fast 115 Millionen Halbliter-Krüge, denen sich die Biertrinker verweigert haben", meint Other. Auch für das Gesamtjahr sei die Prognose eher trüb: "Da müsste ein Supersommer kommen, um den deutschen Brauern den Absatz zu retten."

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