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Diesel-Preisvergleich: Neue Plattform zeigt, wie viel Diesel wirklich kostet

Kraftstoffpreise im Transportsektor sind ein Mysterium – oft verschleiert, manipuliert oder schlicht falsch verstanden. Ein Start-up will nun die Branche revolutionieren: mit Echtzeitdaten, Preisvergleich auf Knopfdruck und glasklaren Abrechnungen. Wie „Unvero“ Logistikunternehmen Tausende Euro pro Woche sparen kann – und warum das besonders für deutsche Firmen spannend ist.
25.05.2025 11:01
Lesezeit: 5 min
Diesel-Preisvergleich: Neue Plattform zeigt, wie viel Diesel wirklich kostet
Der Diesel-Preisvergleich durch Unvero kann Transport-Unternehmen tausende Euros pro Monat sparen. (Foto: dpa) Foto: Daniel Reinhardt

Diesel-Preisvergleich: Unvero sagt Krafststoffhändlern den Kampf an

„Ein italienisches Unternehmen mit 1.500 LKW gibt seine realen Daten in unser System ein. Wir filtern, in welchen europäischen Ländern es die besten Kraftstoffpreise erhält. Ich frage: ‚Wo tanken Sie?‘ – ‚In Belgien.‘ – ‚Aber Ihr bester Preis ist in Italien.‘ Sieben Personen im Meeting sehen sich an und rechnen, wie viel Geld ihnen durch die Lappen ging. Ihr LKW kehrt immer nach Italien zurück – aber sie tanken in Belgien“, schildert Erikas Miliukas, Mitgründer und Miteigentümer der Plattform Unvero.

Gemeinsam mit seinem ehemaligen Kollegen Edgaras Suchodolskis entwickelte er die Plattform Unvero, ein unabhängiges System zur Verwaltung von Kraftstoffpreisen für Transportunternehmen. Das Tool kann als eigenständige Lösung genutzt oder in bestehende Transportmanagementsysteme (TMS) integriert werden.

Äpfel mit Äpfeln vergleichen

Die Plattform sammelt keine Preisangaben direkt von den Kraftstoffanbietern, sondern wertet ausschließlich unternehmenseigene Daten aus – konkret: die von Lieferanten angebotenen Preise, Rechnungen usw. Daraus generiert sie eine aktuelle Landkarte mit den tatsächlich gültigen Endpreisen in Echtzeit. So lassen sich Routen effizient planen, historische Preise nachvollziehen und Preisabweichungen in Rechnungen erkennen.

„Es gibt keine öffentliche Übersicht über die realen Preise für Transportunternehmen, da niemand seine Rabatte offenlegt. Unsere Aufgabe ist es, die von Unternehmen täglich erhaltenen Preisdaten zu vereinheitlichen – damit sich Preise transparent vergleichen lassen. Unterschiedliche Steuern, Rabattmodelle, Großhandelspreise oder Tankstellenpreislogiken machen das manuell nahezu unmöglich“, so Miliukas.

Die Plattform entstand auf Basis der Erfahrung aus zwanzig Jahren Tätigkeit auf der „anderen Seite der Barrikade“: im Kraftstoffhandel, beim Aufbau von Tankkartenlösungen und in Zusammenarbeit mit Kraftstofflieferanten.

Diesel-Preisvergleich: Routine wird teuer

„Unternehmen tanken oft aus Gewohnheit, weil es ihnen einmal empfohlen wurde. Aber das kann teuer werden. Deshalb bieten wir eine Echtzeit-Analyse, denn Kraftstoff wird nicht dann gekauft, wenn verhandelt wird – sondern wenn er gebraucht wird“, erklärt Miliukas.

Die Gründer waren zuvor bei CRT Partner tätig, wo sie ein Zahlungssystem für den Kraftstoffkauf entwickelten. Nach einem Beteiligungsverkauf verließen sie das Unternehmen 2021. Danach arbeiteten sie als Berater für den polnischen Tankstellenkonzern Anwim, führten eine Due-Diligence-Prüfung durch und erweiterten ihr Know-how in den Märkten Litauens, Polens, der Niederlande, Belgiens und Deutschlands.

Dabei erkannten sie eine Marktlücke: Niemand interessierte sich für transparente und korrekte Preisdaten – weder Anbieter noch Kunden. Die Idee für Unvero war geboren.

Ein freies, unabhängiges Werkzeug

Viele Unternehmen seien nicht bereit, in IT zu investieren. Daher wurde Unvero als unabhängige, nicht in TMS eingebettete Plattform konzipiert – mit eigenen Daten, die sich flexibel nutzen lassen, etwa in der Buchhaltung oder bei Anbieterwechseln im GPS-System.

„Wir fragten potenzielle Kunden: ‚Wäre eine solche Plattform für Sie interessant?‘ – Die Antwort war eindeutig: Ja“, so Suchodolskis.

Fehlkalkulationen und Preisillusionen

Oftmals beruhen die Planungen auf veralteten oder fehlerhaften Daten – etwa, wenn der Preis einer Frankfurter Tankstelle von vor zwei Wochen herangezogen wird oder Rabatte zwar vereinbart, aber nie auf der Rechnung überprüft wurden.

Beispiel: Ein Anbieter bietet 15 Cent Rabatt, ein anderer 12 Cent. Die Differenz erscheint gering – doch die Analyse zeigt, dass beim 15-Cent-Angebot nur 1 % der Gesamtmenge getankt wurde. Tatsächlich war der 10-Cent-Rabatt wirtschaftlich sinnvoller. Die Plattform eliminiert solche Denkfehler.

Oft deckt sie auch Diskrepanzen zwischen vereinbarten und faktischen Preisen auf. Ein Unternehmen war überzeugt, 16 Cent Rabatt zu bekommen – die Rechnungen belegten aber nur 10 Cent.

Früh tanken, spät planen

Ein typischer Fehler: Mitarbeiter sammeln morgens ab 8 Uhr Preisdaten und verschicken diese um 10 Uhr – aber die LKW tanken bereits um 5 oder 6 Uhr. Die Datenbasis hinkt der Realität hinterher.

Auch Rückvergleiche sind möglich: Wenn am 10. April um 9:42 Uhr der Preis inklusive Steuern 1,22 Euro betrug, aber 1,25 Euro abgerechnet wurden – woher kommt der Unterschied?

„Bei einem großen Kunden entdeckten wir Abweichungen von 26.000 Euro in nur zwei Wochen. Der Inhaber wollte es nicht glauben: ‚Wir haben Leute, die nichts anderes tun, als Preise zu prüfen.‘ Doch die prüften Märzpreise anhand von Novemberwerten“, sagt Miliukas.

Einige Unternehmen baten sogar darum, keine potenziellen Einsparungen mehr zu berechnen – um den eigenen Planungsfehlern nicht ins Auge sehen zu müssen.

Mehr als nur Diesel

Ein weiterer Denkfehler: Viele kalkulieren nur mit Dieselpreisen. Unvero bezieht auch „AdBlue“ ein – den Zusatzstoff für Dieselmotoren. In rund jedem dritten Tankvorgang wird beides nachgefüllt. Anbieter reagieren darauf oft mit versteckten Preiserhöhungen bei „AdBlue“, wenn beim Diesel hart verhandelt wird.

In der Praxis können „AdBlue“-Preisschwankungen bis zu 1,20 Euro betragen – so wird der billigste Diesel zur teuersten Gesamtlösung. Die Plattform erkennt solche Preisfallen.

Eine Tankstelle – fünf Preise

Viele Transportunternehmen wissen nicht, dass in ein und derselben Tankstelle fünf Spediteure fünf verschiedene Preise erhalten können. Die GPS-basierten Preisangaben sind oft unzuverlässig und nicht aktuell. Teilweise listet ein Anbieter 400 Tankstellen – GPS zeigt jedoch nur drei davon an.

„Früher hat jeder Anbieter behauptet, er biete 10 Cent unter dem Großhandelspreis – auch wenn es nicht stimmte. Heute sehen wir die realen Daten, natürlich unter Einhaltung von Vertraulichkeit“, so Miliukas. Die Plattform gibt keine Empfehlungen für Anbieter ab und bleibt strikt neutral.

Der Preis-Poker

Unvero will den Poker zwischen Kunden und Anbietern beenden. Häufig werden überhöhte Rabatte genannt – 13 oder 14 Cent – um ein Geschäft zu erzwingen, das wirtschaftlich keinen Sinn ergibt.

Automatisierung statt Handarbeit

Die Plattform basiert auf Automatisierung, künftig auch mit KI. Aktuell werden über 30 Datenquellen verwendet. In manchen Fällen kennt der Kunde den Preis erst nach dem Tanken – etwa 1,50 Euro in Frankreich. Zwei Wochen lang wird diese Tankstelle dann gemieden, obwohl sich der Preis längst geändert haben könnte.

„Zwei Anbieter verkaufen an derselben Tankstelle zu verschiedenen Konditionen. Ohne exakte Datenplanung zahlt der Kunde am Ende 1,70 statt 1,50 Euro“, warnt Miliukas.

Die Entwicklung von Unvero dauerte rund zwei Jahre, die Investitionssumme betrug ca. 500.000 Euro. Im zweiten Jahr wurde ein Gewinn von 80.000 Euro erwirtschaftet. Mittlerweile wurde auch ein Büro in Berlin eröffnet, Ziel ist die Integration in alle gängigen TMS.

Potenzial besonders für kleinere Spediteure

Osvaldas Švitra, CEO der cargoGO Group, bestätigt die Relevanz solcher Lösungen. Große Unternehmen arbeiten bereits mit Telematiksystemen, in denen die vereinbarten Tagespreise mit den Rabatten angezeigt werden. Für kleinere Spediteure sei der Mehrwert aber noch größer, da ihnen häufig Informationen fehlen oder sie mehrere Tankkarten nutzen.

„Wenn solche Systeme helfen, Chaos zu beseitigen und Kosten zu senken – umso besser“, resümiert Švitra. Denn: „Kraftstoff macht 30 % der Ausgaben im Transportsektor aus – schon kleine Verbesserungen führen zu enormen Einsparungen.“

Fazit

Die Plattform Unvero zeigt, wie durch Digitalisierung und datenbasierte Analyse enorme Effizienzpotenziale im Transportsektor gehoben werden können. Statt sich auf gewohnheitsgetriebene Entscheidungen, intransparente Preisstrukturen oder fehleranfällige manuelle Prozesse zu verlassen, erhalten Transportunternehmen ein präzises, unabhängiges Werkzeug zur Optimierung ihrer Kraftstoffkosten. In einem Umfeld, in dem Treibstoff einen erheblichen Teil der Betriebsausgaben ausmacht, kann der gezielte Einsatz solcher Technologien über Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität entscheiden. Besonders für kleinere Unternehmen, die bislang auf professionelle IT-Lösungen verzichtet haben, eröffnet sich damit die Chance, Preischaos durch Transparenz zu ersetzen – und aus vermeintlich kleinen Beträgen erhebliche Einsparungen zu realisieren.

 

 

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