Skepsis im Handel: Geringe Nachfrage und fehlendes Vertrauen
Chinesische Automarken tun sich auf dem größten Automarkt Europas schwer – deutlich schwerer als in kleineren Märkten wie zum Beispiel Slowenien. Trotz technologischer Fortschritte und günstiger Preise bleibt das Wachstum in Deutschland hinter den Erwartungen zurück. Was bremst den Aufstieg der neuen Wettbewerber, und welche Ängste bestimmen den Markt?
Im ersten Quartal 2025 erreichten chinesische Marken einen Marktanteil von lediglich 1,5 Prozent in Deutschland – ein Zuwachs von nur 0,5 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahreszeitraum. In Slowenien hingegen liegt ihr Anteil bereits bei 3,3 Prozent. Der deutsche Markt bleibt für chinesische Hersteller eine harte Nuss. Laut Autonews ist die Zurückhaltung im deutschen Handel nach wie vor groß – besonders bei markenunabhängigen Händlern. Die Gründe: eine weiterhin schwache Nachfrage nach Elektrofahrzeugen, die starke Position etablierter europäischer Marken und das fehlende Vertrauen der Kunden gegenüber den chinesischen Neulingen.
Deutsche Branchenexperten sehen aktuell keinen Handlungsbedarf für Händler, chinesische Marken ins Sortiment aufzunehmen. Europäische Hersteller hätten ihre Elektropalette bereits massiv ausgeweitet. Hinzu kommen strukturelle Probleme auf Seiten der Chinesen: Noch immer wird am Vertriebs- und Servicenetz gebaut, neue Modelle kommen verspätet, und ambitionierte Wachstumspläne werden regelmäßig kassiert.
So verschob etwa Nio den Marktstart seiner Submarke „Firefly“, Changan reduzierte seine Händlerstrategie, und BYD hinkt hinter seinen Erwartungen her. Die großen Ankündigungen für den deutschen Markt blieben 2024 weit hinter den Zielen zurück: BYD kam auf nur 2.791 Zulassungen (0,3 Prozent Marktanteil), MG Motor auf 7.245 (0,8 Prozent), Xpeng verkaufte 639 Fahrzeuge, Nio sogar nur 83.
Autonews prognostiziert: Einzelne chinesische Hersteller werden auch in den kommenden fünf Jahren kaum über ein Prozent Marktanteil hinauskommen.
BYD – der gescheiterte Angriff des chinesischen Branchenriesen
Ein Beispiel für den holprigen Weg chinesischer Marken ist BYD. Der Konzern plant zwar einen Markteintritt in Slowenien im Herbst, musste jedoch seine gesamte Europa-Strategie überarbeiten. Bis Ende 2024 scheiterte BYD an grundlegenden Aufgaben: Es gelang weder der Aufbau eines belastbaren Händlernetzes noch die Rekrutierung von Fachkräften mit Marktkenntnis – und das Modellangebot blieb für europäische Bedürfnisse schlicht unzureichend, insbesondere im Bereich Plug-in-Hybride.
Das Ergebnis war ernüchternd: Statt der geplanten 86.000 Fahrzeuge setzte BYD in Europa 2024 lediglich 57.000 ab.
Deutsche Kunden bleiben loyal – Emotion schlägt Effizienz
Ein weiterer Stolperstein für chinesische Hersteller ist die ausgeprägte Markentreue der deutschen Käufer. Premiumhersteller wie BMW, Audi, Mercedes-Benz und Porsche dominieren weiterhin die Kundengunst. Selbst modernste Technik und niedrigere Preise können diese emotionale Bindung nicht aufwiegen – zumal den chinesischen Marken die Reputation fehlt, die europäische Hersteller über Jahrzehnte aufgebaut haben.
Etwas bessere Chancen haben sie im unteren Preissegment, wo Preis-Leistungs-Verhältnis vor Markenimage rangiert. Autonews betont: „In diesen Segmenten sind Kunden offener für neue Anbieter – vorausgesetzt, das Angebot stimmt.“
Händler fürchten Pleiten und Insolvenzen chinesischer Marken
Ein nicht zu unterschätzendes Risiko für Händler: die wirtschaftliche Instabilität vieler chinesischer Hersteller. Experten erinnern daran, dass in den letzten sechs Jahren zahlreiche Marken auf dem chinesischen Markt gescheitert sind – oft abrupt und ohne Vorwarnung. Dieses Risiko schreckt europäische Händler zusätzlich ab.
Zu den prominenten Insolvenzen chinesischer Marken zwischen 2018 und 2024 zählen:
- HiPhi (Human Horizons): Produktion 2024 eingestellt wegen finanzieller Probleme.
- WM Motor: Insolvenz nach gescheiterter Kapitalbeschaffung und Vertrauensverlust.
- Byton: Einstellung des Betriebs vor Produktionsbeginn.
- Singulato Motors: Konkurs infolge von Liquiditätsengpässen.
- LeEco EV: Zusammenbruch unter einer Schuldenlast aus dem Mutterkonzern.
- Levdeo: Rückzug mangels erfolgreicher Umstellung auf größere Fahrzeugklassen.
- Bordrin Motors: 2021 bankrott nach pandemiebedingtem Nachfrageeinbruch.
- Saleen China: Scheiterte an juristischen und finanziellen Skandalen.
- Qiantu Motors: Keine Skalierung des Sportwagenmodells K50 möglich.
Fazit: Trotz Hightech und Kampfpreisen bleibt der große Durchbruch chinesischer Hersteller auf dem deutschen Markt aus. Händler zögern, Kunden bleiben skeptisch – und die Realität zeigt: Der deutsche Automarkt ist kein Experimentierfeld für Marken ohne Substanz.