Waffen statt Widerstand: Europas riskanter Deal mit Trump
Die USA haben soeben das bisher bedeutendste Zollabkommen geschlossen – mit Japan. Die US-Zölle auf japanische Waren betragen künftig 15 statt der ursprünglich angekündigten 25 Prozent. Japan investiert zudem 550 Milliarden Dollar in den USA. Auch japanische Autos werden lediglich mit 15 Prozent besteuert – und nicht mit den üblichen 27,5 Prozent. Ein Deal mit Indien gilt bis zum 1. August als zunehmend unwahrscheinlich, so die Weltpresse. Im April hatte Trump Indien Zölle von 26 Prozent angedroht. Und was hat die EU in den vergangenen Tagen unternommen? Wie läuft es bei den Verhandlungen? Eine Woche vor dem 1. August – dem Tag, an dem die angekündigten US-Zölle auf EU-Waren in Kraft treten sollen – sind hier fünf wichtige Punkte:
1. Mit welchen Ländern Trump bereits Abkommen oder Teilabkommen geschlossen hat
- Japan: 15 Prozent Zölle, auch auf Autos.
- Großbritannien: Vorläufige Einigung, 10-Prozent-Zölle auf britische Autos bis zu einer Quote von 100.000 Fahrzeugen – so viele wurden letztes Jahr in die USA exportiert. Noch kein Stahlabkommen.
- Indonesien: 19 Prozent Zölle, Indonesien öffnet im Gegenzug den Markt vollständig für US-Waren. Im April hatte Trump mit 32 Prozent Zöllen gedroht.
- Vietnam: Vereinbarte 20 Prozent Zölle, im April drohte Trump noch mit 46 Prozent.
- Philippinen: Einigung auf 19 Prozent Zölle – mehr als die 17 Prozent aus dem April, aber weniger als die 20 Prozent Drohung Anfang Juli.
- China: Nach US-Zöllen von 145 Prozent auf chinesische Waren und Gegenzöllen von 125 Prozent seit Mai Waffenstillstand – US-Zölle nun bei 30 Prozent, chinesische bei 10 Prozent. Nächste Woche treffen sich beide Seiten in Schweden zur Gesprächsfortsetzung.
- Kanada und Mexiko schließen ein Abkommen nicht um jeden Preis.
2. Beste Nachricht für niedrige EU-Zölle: der Kauf von US-Waffen – nutzt das Brüssel?
Trump ist ein harter Verhandler. Der EU drohte er mit 30-Prozent-Zöllen. Doch es wurde ein Hebel gefunden, um den Handelsüberschuss der EU abzubauen und gleichzeitig die Ukraine zu bewaffnen. Offen ist, ob dieser Deal bei den Zollverhandlungen nützt. Worum geht es? Trump will Waffen nicht direkt in die Ukraine liefern, sondern an die NATO – de facto kaufen europäische Länder die US-Patriots. Das hat zwei Effekte: Erstens kann die Ukraine mit US-Waffen versorgt werden. Zweitens steigt der US-Export in die EU, der EU-Überschuss sinkt. Gerade der „böse“ Handelsüberschuss der EU ist Trumps größtes Ärgernis – er will vor allem Länder mit hohen Überschüssen bestrafen. So rüstet Trump die Ukraine auf, reduziert das US-Defizit und kurbelt mit Aufträgen für die US-Rüstungsindustrie Jobs und Wachstum an. 2024 betrug der EU-Überschuss im Handel mit den USA 50 Milliarden Euro. Wenn europäische Staaten für 20 Milliarden US-Waffen kaufen, sinkt er um fast die Hälfte. Das könnte das US-Narrativ von der „unfairen EU“ entkräften – und damit den Zolldruck mildern oder gar beenden. Deutschland ist derzeit führend beim Kauf der US-Patriots für die Ukraine. Unterstützt wird der Kurs von den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Polen – zurückhaltender sind Italien, Frankreich, Ungarn.
3. EU schwankt – mit dem Handelsbazooka gegen Trump?
Die EU signalisiert stets Verhandlungsbereitschaft – aber nicht um jeden Preis. Die Gespräche verlaufen hinter verschlossenen Türen. Laut europäischen Medien gehen die Töne zuletzt wieder in Richtung Konfrontation. Der „Financial Times“ zufolge hat sich vor allem Deutschland zuletzt um 180 Grad gedreht – gemeinsam mit Frankreich wird nun auf harte Gegenmaßnahmen gepocht, sollten die USA hohe Zölle verhängen. Als hoch gilt alles über 15 Prozent. Die Kernfrage: Wird die EU erstmals ihr Anti-Coercion-Instrument (seit 2023 in Kraft) einsetzen? Damit könnten US-Firmen vom Zugang zu Ausschreibungen ausgeschlossen, Patentschutz entzogen sowie Import und Export beschränkt werden. Diplomaten warnen: Das wäre eine ökonomische Atombombe. Von der Untersuchung über die Feststellung von Zwang bis zur Umsetzung wäre es jedoch ein weiter Weg.
4. Kann der US-Japan-Deal ein Signal für Einigung mit der EU sein?
US-Medien zeigen sich versöhnlich und optimistisch, was einen baldigen Deal mit der EU betrifft. Der Japan-Deal sei auch für Europa ein Hoffnungsschimmer: „Das Abkommen mit Japan erhöht deutlich die Chancen auf ein Handelsabkommen mit der EU“, so eine Einschätzung von Deutsche Bank Research bei CNBC. Auch Trump kündigte an: Nach Japan sei die EU an der Reihe.
5. Politico: Was würde die EU am stärksten mit Zöllen belegen – und wer zahlt das?
Die EU hat bereits ein erstes Gegenzollpaket beschlossen – es betrifft US-Waren im Wert von 21 Milliarden Euro und soll ab 6. August gelten. Laut Politico liegt ein zweites Paket vor – es wäre noch größer: 95 Milliarden Euro betroffen. Das Lobbying um die Zollliste ist intensiv, berichtet Politico. Branchenvertreter wollen alles streichen lassen, was sie aus den USA billig beziehen und in der Endfertigung brauchen – und alles aufnehmen, was in Europa reichlich vorhanden ist. Am Ende zahlt der europäische Verbraucher die Gegenzölle. US-Luftfahrtprodukte stehen ganz oben auf der Liste. Auch US-Autos, Medizingeräte und Autoteile würden teurer – mit erwartbaren Preiserhöhungen europäischer Firmen. Erleichterung für Konsumenten: Medizinische Geräte und Reagenzien wurden auf der neuen Liste entweder gestrichen oder geringer belastet – Gesundheitssysteme werden nicht zusätzlich belastet. Zudem wurden Gegenzölle auf US-Computer, Chipmaschinen und Gasturbinen reduziert. Damit zeichnen sich bereits Gewinner und Verlierer möglicher EU-Gegenmaßnahmen ab. Der größte Sieg aber wäre: ein kluger Kompromiss.