Stellenanzeigen: Firmen werben selten mit familienfreundlichen Jobs
Nur ein kleiner Teil der Jobanzeigen verspricht Familienfreundlichkeit – obwohl fast alle Unternehmen sie wichtig finden. Die Autoren einer Analyse kritisieren: Chance vertan im Wettbewerb um gute Mitarbeiter.
Analyse der Bertelsmann Stiftung
Im Kampf um Fachkräfte werben Unternehmen in Deutschland nach einer Auswertung der Bertelsmann Stiftung in Stellenanzeigen zu selten mit Familienfreundlichkeit. Zwar erklärten 86 Prozent der Firmen, dass sie Wert legen auf familienfreundliche Maßnahmen. Im Jahr 2024 aber versprachen in acht Millionen veröffentlichten Anzeigen nur 16,4 Prozent familienfreundliche Jobangebote, wie die Stiftung in Gütersloh mitteilte.
Ein Hinweis auf die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben findet sich nur in 12 Prozent der Stellenanzeigen, lediglich 2,7 Prozent kündigen Unterstützung bei der Kinderbetreuung an. Das ergab eine Stichprobe von zehn Millionen Anzeigen, die seit 2018 in Deutschland veröffentlicht wurden.
Verschenkte Chance im Wettbewerb
Damit vergeben Unternehmen nach Einschätzung der Autoren die Möglichkeit, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für sich zu gewinnen. Auch der Hinweis auf flexible Arbeitszeiten bleibe häufig schwach. Nur bei 14 Prozent der Stellenanzeigen könnten Bewerber den Umfang der Arbeitszeit selbst wählen. 25 Prozent der Unternehmen böten an, die Wochenarbeitszeit flexibel und nach Bedarf zu verteilen.
Praxis 2025: Was Unternehmen jetzt konkret tun sollten
Für Arbeitgeber rechnet sich Familienfreundlichkeit 2025 auch handfest: Seit dem 1. April 2025 gelten neue Einkommensgrenzen beim Elterngeld; Unternehmen sollten Beratungsprozesse und Bescheinigungen darauf anpassen und Anträge digital unterstützen. Parallel drängt die EU-Umsetzung des Familienstartzeitgesetzes auf zwei bezahlte Wochen Freistellung für Partner nach der Geburt; Personalabteilungen sollten Prozesse, Vertretungen und Budget einplanen. Zudem kündigt der Koalitionsvertrag 2025 mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit an – weg von starren Tagesgrenzen hin zu einer Wochenlogik mit 48 Stunden; wer Schicht- oder Projektarbeit organisiert, sollte Betriebsvereinbarungen früh vorbereiten. Auch Verbände erhöhen den Druck: Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger fordert Tempo bei einer Reform des Arbeitszeitgesetzes; flexible Modelle gelten als Hebel gegen Fachkräftemangel. Wer diese Punkte offensiv in Anzeigen benennt und intern sauber umsetzt, steigert Reichweite, Conversion und Bindung. Der aktuelle Jobmonitor liefert Benchmarks zu Begriffen, die Responsequoten in Anzeigen erhöhen; wer Begriffe wie "Elternzeit", "mobile Arbeit" und "Teilzeitoption" sichtbar platziert, performt nachweislich besser. Planen Sie KPIs, testen Sie Varianten und dokumentieren Sie Effekte für Betriebsrat, Budgetrunden und künftige Auditfragen sauber und Reporting.
Worten müssen Taten folgen
"Das Ja zur Familienfreundlichkeit fehlt in der Mehrheit der Stellenanzeigen. Wer in Zeiten des Fachkräftemangels bestehen will, muss klar machen, dass ihm flexible Arbeitsgestaltung zum Nutzen der Beschäftigten und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf am Herzen liegt – und den Worten auch Taten folgen lassen", sagt Eric Thode, Arbeitsmarktexperte der Bertelsmann Stiftung.
Unterschiede nach Qualifikation
Bei Jobs mit höherer Qualifikation wie einem Masterabschluss müssen Bewerber bei der Mobilität flexibler sein. Dafür zeigen sich Arbeitgeber hier bei 21,4 Prozent der Stellenanzeigen familienfreundlicher. Auf dem Niveau von Helferjobs sind es nur 11,2 Prozent.
Auch bei der Gestaltung der eigenen Arbeitszeit haben die besser Qualifizierten laut Analyse mehr Spielraum. 33 Prozent der Stellenanzeigen bieten flexiblere Arbeitszeiten an, bei Helferjobs ohne Ausbildung sind es lediglich 14 Prozent.
"Beschäftigte mit geringer und mittlerer Qualifikation werden klar benachteiligt", sagt Mitautorin Michaele Hermann. Hier anzusetzen, wäre ein wichtiger Hebel, um gute Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden.

