Finanzen

Frankreich will EZB entmachten: EU-Politiker sollen Euro abwerten

Die Franzosen fordern eine umfassende Entmachtung der EZB: Nicht mehr das Direktorium der EZB, sondern die EU-Regierungschefs sollen für den Euro-Kurs zuständig sein. Die EZB solle die politischen Vorgaben umsetzen. Das Ziel ist eine Abwertung des Euro, um die französischen Schulden-Probleme mit deutscher Hilfe zu lösen.
19.04.2014 00:53
Lesezeit: 2 min

Der französische Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg plädiert dafür, dass die Wechselkurs-Politik in Zukunft in die Zuständigkeit des Europäischen Rates und nicht mehr in die der Europäischen Zentralbank fallen soll. Die EZB solle dann für die Umsetzung eines politischen Mandats zuständig sein. Zugleich fordert Frankreich die Aufweichung der Maastricht-Kriterien und die Orientierung an der Geldpolitik der US-amerikanischen Fed.

Frankreich kämpft an allen Fronten: Es kann die Maastricht-Defizitkriterien nicht einhalten und der Wechselkurs des Euro im Verhältnis zum Dollar ist für seine Exporte viel zu hoch. Dies gilt freilich auch für andere Staaten im Euro-Währungsraum.

Zugleich haben die Südländer großes Interesse an einer QE-Politik im Stil der Fed, die zeitweise für bis zu 85 Milliarden US-Dollar Staatsanleihen und Hypothekenkredite in den USA ankaufte. Deshalb wagt Frankreich nun einen riskanten Vorstoß, vorerst jedoch nur auf der verbalen Ebene.

Der französische Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg sagte kürzlich der Zeitung Les Echos: „Die Wechselkurspolitik fällt in die Zuständigkeit des Europäischen Rates (der EU Staats- und Regierungschefs). Die EZB ist dann für die Umsetzung eines politischen Mandats zuständig“.

“Wir wollen rasch ein Treffen unserer europäischen Partner, um diese Frage zu erörtern“, so Montebourg weiter. „Wir müssen den Wechselkurs des Euro senken und uns in einer neuen Geldpolitik engagieren, die nicht mehr restriktiv ausgelegt ist, sondern sich vielmehr die amerikanische Fed zum Vorbild nimmt“.

Der Wechselkurs des Euro liegt aktuell bei 1,38. EZB-Präsident Draghi hat sich im vergangenen Jahr dahingehend geäußert, dass ein Eurokurs über 1,30 US-Dollar der Wettbewerbsfähigkeit südeuropäischer Exporte deutlich schade. Als Messlatte gelten 1,10 US-Dollar damit die Krisen-Länder wettbewerbsfähig auf dem Weltmarkt werden (mehr hier).

Der zweite Vorstoß Frankreichs gilt dem Defizitabbau des Landes: Der französische Finanzminister Michel Sapin hatte in einem Radio-Interview erwähnt, dass Frankreich einen „etwas langsameren Defizitabbau“ als ursprünglich mit der Europäischen Kommission vereinbart, erreicht hätte. Er fügte jedoch hinzu: „Wir respektieren selbstverständlich alle unsere Verpflichtungen“.

Frankreich hatte der EU unlängst zugesagt, sein Defizit – es lag Ende 2013 bei 4,3 Prozent –auf unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis 2015 zu drücken.

Die Frist zum Abbau von Frankreichs Defizit wurde bereits zweimal verschoben. Doch auch in den kommenden Jahren wird das französische Staatsdefizit mehr als 3 Prozent betragen, so Sapin. Dafür habe sein Land „teilweise“ die Unterstützung der EU-Kommission (mehr hier).

Sapin betonte ähnlich wie Präsident Hollande, dass es ein Sparen um des Sparens willen nicht geben solle. Denn sonst werde das wieder aufkeimende Wachstum erstickt.

Der französische Premierminister Manuel Valls stellte unlängst seinen Plan vor, das öffentliche Defizit von 50 Milliarden Euro erst ab dem Zeitraum zwischen 2015 und 2017 zu verringern.

Ein weiterer Vorstoß Frankreichs berührt den Maastricht-Vertrag: Der neue Führer der Sozialistischen Partei, Jean-Christophe Cambadélis, erklärte dazu: „Wir müssen die Maastricht-Kriterien (die EU-Defizit und Schuldenstand-Regeln) ändern, die vor der Krise erarbeitet wurden“, andernfalls würden die von der französischen Regierung geplanten Budgetkürzungen „nicht ausreichen“.

Auch der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, betonte im Handelsblatt: „Die Defizitkriterien im Stabilitätspakt haben wir vor 22 Jahren festgelegt und müssen sie nun der politischen Realität anpassen“. Diese seien nicht mehr zeitgemäß.

Ebenso ließ Schulz durchblicken, er hielte einen Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB in Einzelfällen für sinnvoll. „Die EZB hat bereits mit Zustimmung der Regierungen im großen Stil Staatsanleihen gekauft und dadurch die Krise maßgeblich gedämpft. Ob sie das in Zukunft wiederholt, lässt sich nicht pauschal entscheiden. Das muss man von Land zu Land unterschiedlich bewerten“, sagte er.

Bereits Anfang April hatte Schulz mehr Zeit für Frankreich gefordert, um sein Defizit auf 3 Prozent zu senken, hier. Zudem stellt Schulz die Maastricht-Kriterien generell in Frage: Über die 3-Pozentgrenze beim Haushaltsdefizit und über die 60-Prozentgrenze bei den Gesamtschulden müsse man „in einem sozialen Rahmen“ nachdenken.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Führungswechsel bei Novo Nordisk: Hoffnungsträger unter Druck
30.07.2025

Novo Nordisk stellt die Spitze neu auf – mit Mike Doustdar übernimmt ein Mann mit Konzernkenntnis, aber vor allem mit enormer...

DWN
Technologie
Technologie Solaranlage auf dem Dach: Warum viele Betreiber kein Geld sehen
30.07.2025

Strom erzeugen und dafür kassieren – das ist die Idee hinter privaten Solaranlagen. Doch wer heute in Deutschland einspeist, muss...

DWN
Politik
Politik Waren die EU-Zusagen von Ursula von der Leyen an Trump leere Versprechen?
30.07.2025

Die EU hat den USA unter Trump Investitionen und Energieimporte in Billionenhöhe versprochen. Doch in Brüssel wächst der Zweifel: Die...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche Bahn, Solarstrom, KI: Was sich im August ändert
30.07.2025

Der August bringt spürbare Veränderungen – auf der Schiene, beim Strompreis, im Umgang mit KI. Für Millionen Menschen heißt das: neue...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Regenwetter drückt Umsätze – wie Gastronomen jetzt reagieren sollten
30.07.2025

Der Sommer 2025 hat vielen Gastronomen einen Strich durch die Rechnung gemacht: Statt voller Biergärten und spontaner Hotelbuchungen gab...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Adidas-Aktie: Keine Preiserhöhung wegen Zöllen außerhalb der USA
30.07.2025

Trotz wachsender Unsicherheit durch US-Zölle liefert Adidas starke Halbjahreszahlen – und verzichtet bewusst auf Preiserhöhungen...

DWN
Finanzen
Finanzen Verlockung Bitcoin-Kurs: Doch das Misstrauen wächst mit dem Hype
30.07.2025

Donald Trump will Bitcoin zur Staatsstrategie machen, institutionelle Anleger kaufen in Milliardenhöhe, und der Bitcoin-Kurs...

DWN
Technologie
Technologie GenAI: Wie Unternehmen generative KI sicher einführen können
30.07.2025

Generative Künstliche Intelligenz (GenAI) verspricht höhere Effizienz und geringere Kosten – doch eine unbedachte Einführung kann...