Politik

China überholt USA als Nummer eins der Weltwirtschaft

Lesezeit: 3 min
03.05.2014 00:04
Die USA haben ihre Spitzenposition als weltgrößte Volkswirtschaft an China verloren, so ein Bericht der Weltbank. Dieser Wechsel an der Spitze kam früher als erwartet. Die Chinesen werden die Amerikaner in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter abhängen.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Nun ist es quasi offiziell. Die USA haben ihre Spitzenposition als weltweit größte Volkswirtschaft an China verloren. Das International Comparison Program der Weltbank kommt in seiner jüngsten Veröffentlichung zu diesem Thema zu diesem für die USA wenig erfreulichen Ergebnis. Klar war seit langem, dass aufgrund der erheblichen Differenzen in der Wachstumsdynamik der USA und Chinas ein Überholen der USA durch China unausweichlich sein würde. Nun ist es auf Basis der von Kaufkraftparitäten ermittelten Vergleichszahlen anhand der ICP-Zahlen bereits in diesem Jahr dazu gekommen. Im Unterschied zu den aktuellen Wechselkursen werden dabei die Vergleiche anhand von standardisierten Warenkörben für den Ländervergleich genommen.

Damit geht eine Ära zu Ende, denn seit 1872 waren die USA immer die weltweit größte Volkswirtschaft. Nun wird China den USA immer weiter in den kommenden Jahren enteilen. Die USA müssen sich mit dem zweiten Platz zufrieden geben. Das heißt natürlich nicht, dass China im Pro-Kopf-Aufkommen mit den USA gleichziehen konnte, sondern eben nur, dass aufgrund der Größe der chinesischen Bevölkerung einfach deren Masse aufgrund des Produktivitätsfortschritts in China so stark zu den USA aufgeschlossen hat, dass man in absoluten Zahlen jetzt ein höheres Bruttosozialprodukt ausweist als die USA. Im Vergleich zu beiden Ländern liegt die EU mit ihren jetzt 28 Mitgliedsländern jedoch gemessen an der Wirtschaftskraft immer noch vor China. Alle drei Wirtschaftsräume zusammengefasst machen bereits etwas mehr als die Hälfte des Weltbruttosozialprodukts aus. Im Pro-Kopf-Durchschnitt liegt China jedoch noch weit hinter den USA und Europa zurück. Man erreicht noch nicht einmal den globalen Durchschnittswert.

Die gerade erst jetzt veröffentlichten Zahlen zum Wirtschaftswachstum im ersten Quartal in den USA dürften eine zusätzliche Ernüchterung geliefert haben. Das auf Jahresbasis hochgerechnete Wirtschaftswachstum fiel auf nur noch 0,1%. Zwar kann dem außerordentlich harten und hartnäckigen Winter in den USA die Schuld für diese Wachstumsschwäche zugerechnet werden, aber es bleibt abzuwarten, wie stark die Erholung in den kommenden Monaten ausfallen wird. Die Weltwirtschaft befindet sich ja derzeit in einem fragilen Zustand und die Exportaussichten der USA sind alles andere als rosig. Trotz intensiver Bemühungen der USA durch diverse Freihandelsabkommen wie TTIP die US-Wirtschaft stärker anzukurbeln, dürfte mit rascher Besserung kaum zu rechnen sein.

Das in diesem Jahr auslaufende Programm der quantitativen Lockerung durch die FED sowie eine Konsolidierung des US-Bundeshaushalts lassen die Zweifel wachsen, dass die USA ihren bisherigen Wirtschaftsaufschwung fortsetzen können. Pessimisten rechnen bereits mit einem Platzen der Finanzmarktblasen in den USA. Auch diesmal würde der Fallout auf die globalen Finanzmärkte heftige Schockwellen auslösen. Von daher wundert es nicht, dass nach jüngsten Meinungsumfragen in den USA die Bereitschaft weltweit weiterhin Verantwortung zu übernehmen nachlässt. Es könnte durchaus zu neoisolationistischen Tendenzen in den USA kommen, die erstmal versuchen werden, ihr eigenes Haus in Ordnung zu bringen. Ian Bremmer hat schon das dazu passende Buch geschrieben, Every Nation for Itself. Das tiefe transatlantische Zerwürfnis über eine gemeinsame Sicherheits-, Wirtschafts- und Außenpolitik ist ja kein Geheimnis mehr. In der Ukrainekrise brechen diese Unterschiede derzeit besonders deutlich auf. Die abschreckende Wirkung der USA auf andere rivalisierende Staaten - wie derzeit Russland – hat deutlich nachgelassen, so der Economist.

All das spricht für eine neue Phase der Instabilität in der Welt. Mit der Verschiebung der wirtschaftlichen Macht gehen auch tektonische Verschiebungen bei den anderen Politikbereichen einher. Mit dem schwindenden Vertrauen in die wirtschaftliche Dominanz der USA bilden sich zentrifugale Kräfte, sei es die Versuche die Dominanz des US-Dollar als Weltreservewährung nicht mehr nur durch den Euro, sondern zunehmend auch durch den Yuan in Frage zu stellen, sind Anzeichen dafür. China als größter ausländischer Gläubiger der USA lässt seine Muskeln spielen und die USA müssen gute Miene zum bösen Spiel machen.

Hinzu kommen die rasant steigenden Rüstungsausgaben in Ländern wie China und Russland hinzu, die für sich neue Chancen im globalen Machtkampf um Einflusssphären sich entwickeln sehen. Leider ist Europa weiterhin politische betrachtet ein Zwerg, der eher zum Spielball, denn zum Gestalter dieser Veränderungen zu werden droht. Immer noch reich, aber politisch schwach und zerstritten ist keine gute Ausgangslage, um den heraufziehenden Herausforderungen des 21. Jahrhunderts begegnen zu können. Seit Ausbruch der Eurokrise haben sich ja die Tendenzen zu einem Zerfall der Wirtschafts- und Währungsunion nur unter größten Kraftanstrengungen unter Kontrolle bringen lassen. Jetzt droht erneutes Ungemach, sollte Russland als verlässlicher Energielieferant für Europa ausfallen.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Politik
Politik Flüchtlingswellen und Wirtschaftskrisen: Was ein Zerfall der Levante für Deutschland bedeuten würde
24.11.2024

Die Levante könnte sich zur Achillesferse Europas entwickeln, wenn sich der schwelende Konflikt zwischen Israel und Iran zu einem...

DWN
Panorama
Panorama Alarmierende Umfrage: Kriege und Klimakrise belasten Schüler in Deutschland
24.11.2024

Eine neue Umfrage zeigt: Viele Schülerinnen und Schüler in Deutschland sind von Sorgen geplagt. Kriege, Klimakrise und Leistungsdruck...

DWN
Politik
Politik Nato-Generalsekretär trifft sich in Florida mit Trump
24.11.2024

Die zweite Amtszeit von Donald Trump wird in der Nato von vielen Alliierten mit Sorge gesehen. Schon vor dem Machtwechsel reist der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Leerstand in Innenstädten: Decathlon setzt auf Expansion gegen die Krise
24.11.2024

Leerstand prägt deutsche Innenstädte. Doch Decathlon sieht Chancen: Bis 2027 sollen mehr als 60 neue Filialen entstehen – viele davon...

DWN
Finanzen
Finanzen DWN-Sonntagskolumne: The Rational Investor - warum Emotionen bei der Geldanlage schaden
24.11.2024

Als ich gehört habe, dass in einer Umfrage des ZDF vor der US-Präsidentschaftswahl am 5. November 2024 über 70 Prozent der Deutschen...

DWN
Politik
Politik Christian Lindners Vorwurf lautet: SPD strebt "Zerstörung" der Liberalen an
24.11.2024

Seit dem Bruch der Ampel-Koalition herrscht ein scharfer Ton zwischen SPD und FDP. Nun legt der entlassene Finanzminister nach. Die SPD...

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW hält an Werksschließungen fest - Sparansage auch bei Bosch
24.11.2024

Im Streit um Einsparungen bei VW bleibt das Unternehmen hart: Die Kapazitäten sollen schnell runter. Die IG Metall reagiert in der...

DWN
Panorama
Panorama Sammelkarten als Wertanlage: Das Geschäft mit begehrten Karten
24.11.2024

Sammelkarten sind weit mehr als nur ein Zeitvertreib. Besonders seltene Karten erzielen zum Teil Rekordpreise. Was steckt hinter diesem...