Deutschland

SPD und CDU lehnen Transparenz über Lobbyisten im Bundestag ab

SPD und Union verweigern die Herausgabe der Daten von Lobbyisten, die mit ihrer Hilfe Hausausweise für den Deutschen Bundestag erhalten. Mit diesen Ausweise können sich Lobbyisten in den Bundestagsbüros frei bewegen. Abgeordnetenwatch wollte wissen, welche Lobbyisten diesen Service von den Regierungsparteien in Anspruch nehmen. Weil die Parteien schweigen, will Abgeordnetenwatch die Herausgabe der Informationen mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht erzwingen.
15.01.2015 22:22
Lesezeit: 2 min

Ähnlich wie bei den EU-Institutionen können sich Lobbyisten und ihre Auftraggeber ins öffentliche Register des Bundestages eintragen und erhalten daraufhin einen Hausausweis. Ein Ausweis, mit dem sie schnell und ohne anzustehen den Bundestag betreten können. Sind die Lobbyisten registriert, können die Bürger und Medien sie über das Register ausfindig machen.

Abgeordentenwatch.de zufolge ist dies aber nicht der einzige Weg für die Lobbyisten, in den Bundestag zu kommen. Demnach besteht auch die Möglichkeit, dass sie mittels der Unterschrift eines Parlamentarischen Geschäftsführers einer Fraktion ebenfalls einen Ausweis zu bekommen, ohne sich öffentlich registrieren zu lassen. „Die Regelung mit der Geschäftsführer-Unterschrift ist derart vertraulich, dass darüber weder in den Rechtsgrundlagen für den Bundestag noch in der Hausordnung ein Wort verloren wird“, schreibt abgeordnetenwatch.de. In der internen „Zugang- und Verhaltensregeln für den Bereich der  Bundestagsliegenschaften findet sich ein entsprechender Abschnitt“. Öffentlich zugänglich ist dieser Abschnitt jedoch eigentlich nicht.

Um herauszufinden, welche Lobbyisten bzw. Organisationen und Verbände von dieser Art des Zugangs zum Bundestag Gebrauch machen, wandte sich abgeordnetenwatch.de an die einzelnen Fraktionen und die Verwaltung des Bundestages. Die Linke und die Grünen haben eine Auflistung zugänglich gemacht, SPD und die Union jedoch nicht. Genauso wie der Verwaltung nannte man bei den Parteien der Großen Koalition datenschutzrechtliche Gründe. „Tatsächlich ist der Verweis auf den Datenschutz eine vorgeschobene Behauptung, die nur einem Zweck dient: Die eigenen Lobbykontakte vor der Öffentlichkeit zu verbergen“, so abgeordnetenwatch.de. Denn schließlich habe man „nichts zur Identität einzelner Personen wissen“ wollen, „sondern bat ausschließlich um Auskunft zu deren Auftraggebern“.

Durch die Unterschrift des Parlamentarischen Geschäftsführers der Grünen haben 18 Organisationen und Verbände einen Hausausweis erhalten, bei den Linken waren es nach eigenen Angaben 4. Mit Blick auf diese Zahlen und angesichts der Tatsache, dass die beiden Regierungsparteien noch mehr Interesse bei den Lobbyisten wecken dürften, „schätze ich, dass es pro Fraktion Lobbyisten im mittleren, zweistelligen Bereich“ sind, sagte Martin Reyher von abgeordnetenwatch.de den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

Der Grund, warum ausgerechnet die beiden Regierungsparteien keine Auskunft über diese Lobbyisten geben wollen, liegt für Reyher auch an der Art der Lobbyisten. So sind es bei den Grünen und Linken vorwiegend gemeinnützige Organisationen. „Ich vermute, dass es bei den beiden großen Parteien oft Lobbyisten sind, wie man sie sich vorstellt, also große Verbände und Wirtschaftsunternehmen.“ Das zeige man nicht so gern.  Reyher selbst hält diese Art der Beschaffung von Hausausweisen für falsch. Schließlich sei es hier - anders als über das öffentliche Register - „vollkommen intransparent“, wer einen Ausweis erhalte. Außerdem sei es ungerecht, denn „man ist hier auf das Wohlwollen des Parlamentarischen Geschäftsführers“ angewiesen. „Besser wäre es, wenn alles über die Verwaltung ginge, die das nach objektiven Kriterien entscheidet“, so Reyher zu den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

Auch ein Pochen auf das so genannte Informationsfreiheitsgesetz brachte keinen Erfolg. Der Verwaltung des Bundestags zufolge seien diese speziellen Ausweise nicht Sache der Verwaltung. Und das Gesetz greife nur hinsichtlich einer „öffentlich-rechtlichen Verwaltungsaufgabe“. Genau „dieser Punkt ist nun Gegenstand unserer Klage“. Denn es handele sich bei der Herausgabe von Bundestagshausausweisen sehr wohl um eine Verwaltungsaufgabe, was sich schon daraus ergebe, dass das Hausrecht des Deutschen Bundestages beim Parlamentspräsidenten liege, so abgeordnetenwatch.de. „Wir sind sehr optimistisch, da es ja eindeutig ein Verwaltungsakt ist“, sagte Reyher. „Wir gehen davon aus, dass wir schon in der ersten Instanz Recht bekommen werden.“

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