Deutschland

Milchpreise stürzen ab: Bauern müssen zusperren

In Deutschland müssen zahlreiche Milchbauern aufgrund des fallenden Milchpreises ihre Höfe schließen. Verantwortlich für den Preisverfall sind die großen Handelsketten, die den Milchpreis kontinuierlich drücken. Beim internationalen Tag der Milch am kommenden Montag wollen die Bauern mit Mahnfeuern auf ihr Problem aufmerksam machen.
29.05.2015 12:41
Lesezeit: 1 min

Deutschlands Milchbauern und Molkereien werben am kommenden Montag wieder mit einem bundesweiten Tag der Milch. Die Preise sind allerdings zuletzt deutlich gefallen, das Hofsterben geht fast ungebremst weiter: Allein von Mai bis November 2014 machten laut Statistischem Bundesamt bundesweit 1200 Milchviehbetriebe zu.

Die Erlöse der Bauern sind nach zwei starken Jahren 2013 und 2014 mit an die 40 Cent pro Liter Milch geradezu abgestürzt, ohne dass schnelle Entlastung in Sicht wäre. Sie lägen schon unter 30 Cent und fielen weiter, sagt der Marktexperte Erhard Richarts vom Informations- und Forschungszentrum der Ernährungswirtschaft. „Das kehrt sich nicht so schnell um. Die Baisse verfestigt sich.“

Die Milcherzeuger stehen unter enormem Druck durch die großen Handelsketten. Bei der jüngsten Verhandlungsrunde hätten die Ketten die Frischmilchpreise um rund zehn Prozent gedrückt, klagt der Deutsche Bauernverband. Die Discounter senkten danach Anfang Mai die Preise für Milch, Butter und Sahne teils erheblich - etwa für das 250-Gramm-Paket-Markenbutter von 99 auf 89 Cent und für den Liter Vollmilch von 59 auf 55 Cent.

Das freut viele Konsumenten. Aber die Kosten der noch rund 75 000 deutschen Milchbauern seien mit diesen Erlösen kaum noch zu decken, kritisiert der Bauernverband. Schließlich erforderten die hohen Qualitätsstandards und ein moderner Tierschutz erhebliche Investitionen.

Den europaweiten Wegfall der Milchquoten seit dem 1. April sehen Experten nicht als direkte Ursache für den Preisabsturz. Anders als in Nachbarländern wie den Niederlanden oder Polen seien die deutschen Produktionsmengen nicht auffällig angestiegen, sagt der Marktanalyst Andreas Gorn von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI). Dennoch herrscht Milch-Überfluss in Deutschland: Schon 2013 produzierte die Branche fast ein Fünftel mehr als für den eigenen Bedarf nötig.

Auf einem gesättigten Markt hielten sich die Erzeuger von Milchprodukten wie Butter, Käse, Milchpulver oder Yoghurt mit ihren Bestellungen bei den Molkereien derzeit zurück, weil sie auf noch weiter fallende Preise spekulierten, sagt Gorn.

Drei Cent pro Liter bleibe den Milchbauern im bundesweiten Schnitt aktuell noch an Erlös, rechnet Hans Foldenauer vom Bundesverband deutscher Milchviehhalter vor - für Arbeitslohn, Kapitaldienst, Erhalt der Gebäude, Investitionen und den notwendigen Betriebsgewinn viel zu wenig. Die Situation ähnele langsam dem Milchpreiskampf von 2008/2009, als Bauern europaweit mit Lieferboykott-Aufrufen und Traktorsternfahrten gegen massiven Preisdruck des Handels demonstriert hatten. Zum Tag der Milch wollen die Bauern mit Mahnfeuern zum Beispiel in Ulm auf ihre Misere aufmerksam machen.

Das Sterben der Höfe dürfte sich angesichts der schlechten Erlöse wieder deutlich beschleunigen, erwarten alle Experten. Vor allem Nebenerwerbs-Landwirten im Süden droht damit in großer Zahl das Aus.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-News: Waffenstillstand im Nahen Osten drückt auf den Gold-Kurs
24.06.2025

Der Goldpreis gerät nach einer überraschenden geopolitischen Entspannung stark unter Druck. Anleger reagieren nervös, Märkte...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo Studie: Unternehmensstimmung klettert auf Jahreshoch
24.06.2025

Die wirtschaftliche Stimmung in Deutschland hellt sich weiter auf. Das Ifo-Geschäftsklima – das wichtigste Konjunkturbarometer der...

DWN
Politik
Politik Schlupflöcher für Putin: EU-Plan gegen russisches Gas unter Beschuss
24.06.2025

Die EU will russisches Gas bis 2027 verbieten. Doch geheime Schlupflöcher könnten Moskau weiter Milliarden sichern – und Europas...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft E-Auto Prämien: Sozial gestaffelte Zuschüsse für Klimaschutz und Gebäudesanierung
24.06.2025

Das Umweltbundesamt (UBA) fordert in seiner aktuellen Empfehlung eine Neuausrichtung der Klimaschutzmittel: Neben einkommensabhängigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionspaket beschlossen: Bund und Länder einigen sich auf Steuererleichterungen für Wirtschaft
24.06.2025

Bund und Länder haben eine Einigung über das geplante Investitionspaket erzielt, das der deutschen Wirtschaft neue Wachstumsimpulse geben...

DWN
Politik
Politik Waffenruhe zwischen Iran und Israel: Trump erklärt Nahost-Konflikt für beendet
24.06.2025

US-Präsident Trump verkündet Waffenruhe zwischen Iran und Israel. Nach schweren Angriffen könnte der Zwölftagekrieg beendet sein. Was...

DWN
Politik
Politik Nato-Gipfel: Den Haag wird zur Festung - Sorge vor digitaler Sabotage
24.06.2025

Die Niederlande erwarten die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten – auch US-Präsident Donald Trump. Wegen der hochkarätigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Sondervermögen Infrastruktur: Wo gehen die 500 Milliarden Euro hin?
24.06.2025

Deutschland hat Infrastrukturprobleme. Das geplante Sondervermögen Infrastruktur in Höhe von 500 Mrd. Euro soll in den nächsten zehn...